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Alltag

Aggression auf der Straße: Schuld zuweisen hilft nicht – Platzproblem lösen!

Lesezeit etwa 3 Minuten

Immer wieder berichten Medien über ein zunehmend aggressives Klima auf deutschen Straßen. Der ADFC teilt diese Wahrnehmung mit Sorge, hält aber Schuldzuweisungen an individuelle Verkehrsteilnehmer für unzureichend.

Ursache der steigenden Aggression ist laut ADFC das wachsende Platzproblem in den Städten. Dieses entsteht durch den immer weiter wachsenden Kraftfahrzeugbestand, immer mehr Autokilometer – und immer größere Autos.

Straßenverkehrsordnung gilt für alle

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Fahrradfahren in der Stadt. Hier: Rosenthaler Straße, Berlin-Mitte. (klicken zum Vergrößern)

ADFC-Bundesgeschäftsführer Burkhard Stork sagt: „Natürlich ist gegenseitige Rücksichtnahme das oberste Gebot im Verkehr – und das gilt für alle Verkehrsteilnehmer. Man braucht aber kein Psychologiestudium, um zu wissen: Wenn das Gedränge steigt, steigt auch der Stresspegel und die Reizbarkeit der Verkehrsteilnehmer. Straßenkampfähnliche Szenen werden besonders in den Großstädten weiter zunehmen, wenn man nicht an die Ursache des Problems geht: die Dominanz und den absurd wachsenden Platzbedarf der Autos. Intelligente Verkehrspolitik von heute muss auf Alternativen zum Auto setzen, sonst fahren wir gegen die Wand.“

Immer mehr, immer größere Pkw…

Deutschland hat heute einen Bestand von 45,8 Millionen Pkw – das bedeutet eine Verzehnfachung seit dem Jahr 1960 (4,5 Millionen). Zusätzlich wurden Pkw allein zwischen 2000 und 2010 im Durchschnitt 19 Zentimeter länger, 15 Zentimeter breiter und 25 Zentimeter höher.

Das bedeutet: es wird immer enger in den Städten. Und da Autos im Durchschnitt 23 Stunden am Tag ungenutzt herumstehen, wird der wertvolle Platz noch dazu hoch ineffizient genutzt.

…obwohl Radverkehrsanteil wächst

Während das Fahrrad vor dem zweiten Weltkrieg ein Massenverkehrsmittel war, wurde es in den 60er-Jahren weitgehend vom Auto verdrängt. Seit den 80er-Jahren nimmt der Radverkehr aber wieder zu, in einigen Großstädten sogar exponentiell.

Gleichzeitig geht die Kraftfahrzeugdichte jedoch nicht zurück. Die Folge sind zunehmende Konflikte um den Raum in der Stadt. Veraltete und unterdimensionierte Fahrradinfrastruktur verschlimmert die Situation.

Gedränge ist für Radfahrer viel gefährlicher

Die Folge sind Stress und Unfallgefahr. Für Radfahrende ist das Gedränge in der Stadt dabei deutlich gefährlicher als für Autoinsassen, denn sie riskieren bei einer Kollision ihr Leben, während man im Auto meist mit Schreck und Blechschaden davonkommt. Hauptschuldiger bei Kollisionen von Rad und Auto ist in 75 Prozent der Fälle übrigens der Mensch im Auto.

Verkehrswende muss Top-Thema des Koalitionsvertrags werden

Zu Beginn der Koalitionsverhandlungen appelliert der ADFC daher eindringlich an CDU/CSU, FDP und Grüne, die Verkehrswende mit Priorität zu behandeln.

Stork: „Die Förderung des Radverkehrs kann ein Gewinnerthema für die neue Bundesregierung werden, denn es löst ein ganzes Bündel gesellschaftlicher Probleme auf einen Streich: Gesundheit, Klima, Lebensqualität, Mobilität für alle. Und ein Beitrag zu mehr Entspannung im Straßenverkehr ist es noch dazu.“

Hintergründe

Die Foderungen des ADFC an die Bundesregierung gibt es auf www.radlandjetzt.de. Quelle zum Fahrzeugbestand ist das Kraftfahrtbundesamt. Quelle zur Pkw-Größe ist die FH Zwickau.

Über den ADFC

Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club e.V. (ADFC) ist mit mehr als 165.000 Mitgliedern die größte Interessenvertretung der Radfahrerinnen und Radfahrer in Deutschland und weltweit. Er berät in allen Fragen rund ums Fahrrad: Recht, Technik und Tourismus. Politisch engagiert sich der ADFC auf regionaler, nationaler und internationaler Ebene für die konsequente Förderung des Radverkehrs.

[Text: ADFC, Foto: ADFC/Gerhard Westrich]

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Alexander Theis

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