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Alltag Fahrradinfrastruktur

Zum heutigen Tag der Verkehrssicherheit: ADFC fordert Abbiegeassistenten für LKW und Busse

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Heute, am 16. Juni ist Tag der Verkehrssicherheit. Der ADFC prangert an, dass die Zahl der durch abbiegende Lastwagen getöteten Radfahrerinnen und Radfahrer drastisch steigt, obwohl erhältliche Fahrzeugtechnik das verhindern kann.

Besonders häufig sterben durch LKW Frauen, Kinder und Senioren. Zuletzt kam am Mittwoch ein 8-jähriger Junge in Berlin durch einen abbiegenden LKW ums Leben. Der ADFC fordert die Nachrüstung aller Lastwagen ab 3,5 Tonnen mit elektronischen Abbiegehilfen („LKW-Abbiegeassistent“) und die Verbannung  von LKW mit schlechter Sicht aus den Innenstädten.  

Elektronische Abbiegeassistenten für LKW und Busse

Elektronische Abbiegeassistenten für LKW und Busse sollen zukünftig europaweit für mehr Sicherheit für Fußgänger und Radfahrer sorgen. Das steht in der neuen „General Safety Regulation“, die von der EU-Kommission vorgestellt wurde und die Zahl von Verkehrstoten und Verletzten im Straßenverkehr senken soll.

Auch eine bessere Sicht aus Fahrerkabinen und Notbremssysteme für neue PKW stehen auf der Verkehrssicherheitsagenda der EU. Der ADFC fordert nun die schnelle verpflichtende Einführung von elektronischen LKW-Abbiegeassistenzsystemen.

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Durch den „toten Winkel“ eines Lkw sind Fussgänger und Radfahrer oft nicht zu sehen.

ADFC-Bundesgeschäftsführer Burkhard Stork sagt: „Allein in Deutschland sterben pro Jahr 30 bis 40 Menschen durch abbiegende Laster, über 600 Radunfälle mit abbiegenden LKW gibt es pro Jahr. Wir schätzen, dass sich durch elektronische LKW-Abbiegeassistenten 60 Prozent der schweren Unfälle verhindern lassen. Damit kommen wir der Vision Zero ein gutes Stück näher. “ 

Zahl der durch abbiegende LKW getötete Radfahrer steigt

Die Zahl der durch abbiegende LKW getöteten Radfahrer steigt seit einigen Jahren stetig an. Allein in den ersten Monaten dieses Jahres wurden 15 Radfahrende durch LKW getötet. Laut Unfallforschung der Versicherer (UDV) könnten durch LKW-Abbiegeassistenten 60 Prozent der schweren Unfälle durch abbiegende LKW verhindert werden.

Erster Erfolg für mehr Radverkehrssicherheit

Anfang Mai schlug der ADFC Alarm und forderte Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer auf, Verantwortung zu übernehmen und sich bei der EU-Kommission für die verpflichtende Einführung von LKW-Abbiegeassistenten einzusetzen. In früheren Entwürfen der „General Safety Regulation“ waren sie noch nicht vorgesehen.

ADFC-Bundesgeschäftsführer Burkhard Stork sagt: „Bundesverkehrsminister Scheuer macht es sich zu einfach, bei der Einführung von LKW-Abbiegeassistenten allein auf EU und UNECE zu verweisen. Bis diese lebensrettenden Systeme verpflichtend kommen, brauchen wir ad hoc-Maßnahmen! Die Städte müssen ihre Müll- und Reinigungsfahrzeuge schnellstens umrüsten, die Speditionen müssen bei öffentlichen Bauaufträgen entsprechende Auflagen bekommen. Rewe, Lidl, Aldi – die großen Lebensmittelketten müssen Verantwortung für die Verkehrssicherheit übernehmen und ihre Trucks umrüsten! LKW mit schlechter Sicht sind Todesfallen für Radfahrende und gehören verbannt!“

35% mehr Tote seit 2013

Die Zahl der durch abbiegende LKW getöteten Radfahrenden steigt seit einigen Jahren an – von 28 in 2013 auf 38 in 2017. Schuld in allen Fällen 2017 war der Lastwagen-Fahrer. 21 Todesfälle dieser Art gab es bereits in diesem Jahr, darunter 5 Kinder. Der ADFC rechnet 2018 mit bis zu 45 Todesfällen dieser Art. Denn sowohl der Radverkehr als auch der Straßengüterverkehr in den Städten nehmen zu.

60 % könnten durch Abbiegeassistenten verhindert werden

Laut Unfallforschung der Versicherer könnten LKW-Abbiegeassistenten 60 Prozent dieser schweren Unfälle verhindern. Entsprechende Produkte sind sowohl für Neufahrzeuge als auch als Nachrüstsystem auf dem Markt, werden aber aus Kostengründen äußerst selten eingebaut. Stork: „Wir haben 2011 den runden Tisch Abbiegeassistent beim Bundesverkehrsministerium initiiert, wir haben wegen der jüngsten Zuspitzung der Unfallzahlen eine Task Force zur Entwicklung eines Maßnahmenplans gefordert – und der Verkehrsminister zeigt auf die EU und ein offenbar wirkungsloses Förderprogramm. Das ist verantwortungslos!“

Bessere Ampelschaltungen, Sichtbeziehungen, Schrittgeschwindigkeit

Weitere Maßnahmen müssen nach Auffassung des ADFC die Sicherheit von Radfahrenden erhöhen. Dazu gehören getrennte Ampelschaltungen für Geradeaus- und Abbiegeverkehr, bessere Sichtbeziehungen an Kreuzungen und eine Pflicht zum Abbiegen mit Schrittgeschwindigkeit für LKW. „Wenn LKW-Fahrer mit dem sicheren Abbiegen überfordert sind, muss Technik und Regelwerk helfen!“

Radfahrende müssen sich auf Gefahr durch Abbieger einstellen

Radfahrenden selbst rät der ADFC an Kreuzungen und Einmündungen zu großer Vorsicht, da Kraftfahrer häufig den Schulterblick unterlassen, mit der Rundumsicht überfordert oder abgelenkt sind – und Radfahrenden die Vorfahrt nehmen. Hier fordert der ADFC verstärkte polizeiliche Kontrollen und Fahrer-Schulungen. An Auto- und LKW-Fahrer appelliert ADFC-Bundesgeschäftsführer Stork: „Maximale Vorsicht beim Abbiegen! Ein Kraftfahrzeug kann Menschen töten, das muss bei allem Stress auf der Straße immer im Bewusstsein bleiben.“

In Deutschland stirbt alle 23 Stunden ein Radfahrer

79.704 Radfahrerinnen und Radfahrer verunglückten 2017 auf deutschen Straßen, 383 von ihnen kamen zu Tode. An drei Vierteln der Unfälle mit Personenschaden waren ein Auto oder ein Lastwagen beteiligt. An nur einem Viertel dieser Unfälle waren Radfahrende schuld. Weitere Unfalldaten gibt es auf den Seiten des Deutschen Verkehrssicherheitsrats.

Über den ADFC

Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club e.V. (ADFC) ist mit mehr als 165.000 Mitgliedern die größte Interessenvertretung der Radfahrerinnen und Radfahrer in Deutschland und weltweit. Er berät in allen Fragen rund ums Fahrrad: Recht, Technik und Tourismus. Politisch engagiert sich der ADFC auf regionaler, nationaler und internationaler Ebene für die konsequente Förderung des Radverkehrs.

[Text: ADFC, Foto: Claudia Thaler]

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Alexander Theis