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Eurobike 2017: (M)Ein Rückblick

Lesezeit etwa 11 Minuten

[at] Vom 29.08. bis zum 01.09.2017 fand die Eurobike in Friedrichshafen statt. Die Trends aus meiner Sicht: Integration, Pedelec und Bikepacking.

 

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20 Jahre nachdem das Pedelec europaweit als Fahrrad eingestuft wurde, hat es die Fahrradwelt in einer Modellvielfalt durchdrungen, die auch Fachleute in dieser Art nicht voraussehen konnten. Damit ist es nicht nur aus der früheren Nische der „Reha-Räder“ hinaus getreten, sondern ist auch für die gesamte Radbranche mittlerweile zum Umsatzmotor Nummer eins geworden.

Stimmen aus der Branche

Das wurde insbesondere auch beim Branchengespräch deutlich, das am Tag vor Beginn der Eurobike stattfand. Siegfried Neuberger (Präsident des ZIV), Claus Fleischer (Geschäftsführer Bosch eBike Systems), Stephan Geiger (Geschäftsführer Bike & Outdoor Company (B.O.C)), Claudio Marra (Managing Director Full Speed Ahead (F.S.A.)) und Stefan Reisinger (Eurobike) stellten sich den Fragen von ARD-Sportreporter Bernd-Uwe Gutknecht sowie den anwesenden Jornalisten.

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Branchengespräch auf der Eurobike (Klicken zum Vergrößern)

Trotz der laut Sigfried Neuberger insgesamt rückläufigen Gesamtverkäufe von Fahrrädern im Vorjahr (-2,2%), sind die Verkäufe von Pedelecs  erneut gestiegen und sichern damit den Umsatz der Branche. Der Z.I.V. prognostiziert 680.000 verkaufte Pedelecs für das Jahr 2017, was einem Anstieg von 12,4% gegenüber dem schon starken Vorjahr entspricht.

Den Rückgang der Gesamtzahlen führt der Z.I.V. zum einen auf den hohen Gesamtbestand von Fahrrädern in Deutschland (ca. 73 Millionen Stück) sowie die verbesserte Haltbarkeit durch eine höhere Qualität, aber auch auf die jetzt in Erscheinung tretenden geburtenschwachen Jahrgänge zurück.

Auf meine Frage an Sigfried Neuberger zum Standpunkt des Z.I.V. zur Nachrüstung vorhandener Räder zu Pedelecs, antwortete Herr Neuberger, dass der Z.I.V. dies kritisch sehe, da bei vielen Bestandsrädern die mechanische Belastbarkeit in Bezug auf die höheren Anforderungen als Pedelec ungeklärt seien.

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Auf der EuroBike waren erstmals Probefahrten mit dem Bosch-Ebike-ABS möglich.

Claus Fleischer führte unter anderem aus, dass das von Bosch entwickelte Pedelec-ABS besonders unter Berücksichtigung des Marktgeschehens entwickelt worden sei. Demnach seien vor allem Widereinsteiger und unerfahrene Radfahrer mit den kräftigen Bremssystemen heutiger Pedelecs oftmals überfordert. Dieser Kundschaft würde man deshalb mit dem ABS für Trekking und City-Pedelecs besonders unter Sicherheitsaspekten nun eine technisch ausgereifte Lösung anbieten.

Aus dem Publikum zu der Möglichkeit befragt, das ABS auch in weiteren Pedelec-Gattungen anzubieten, meinte Fleischer, dass dies grundsätzlich eine Option für die Zukunft sei.

Für den Geschäftsführer der B.O.C. Stephan Geiger, war es wichtig zu verdeutlichen, dass zwar viele Pedelecs verkauft würden, diese jedoch gegenüber dem Gesamtbestand der Räder in Deutschland immer noch in der Minderheit seien. Die Zahlen von 2,1 Millionen verkauften Fahrrädern gegenüber rd. 540.000 im ersten Halbjahr 2017 verkauften Pedelecs sprechen da eine deutliche Sprache.

Für Geiger sei insbesondere wichtig, dass sich die Fahrradhändler noch mehr als bisher auf den Service am Kunden konzentrierten, um gegenüber dem Online-Handel punkten zu können.

Stephan Geiger antwortete auf meine Frage, ob sich der Pedelec-Boom auch auf das Zubehörgeschäft auswirken würde, dass dazu belastbare Zahlen nicht vorlägen. Zudem sei dies insbesondere ein sehr preisaggressiv durch den Online-Handel bestimmter Bereich.

Claudio Marra als Vertreter des Teile-Herstellers F.S.A. zeigt sich erfreut über den weltweiten Boom des Fahrrades. Da F.S.A. sowohl Teile für das konventionelle Rad als auch für Pedelecs herstellt, begrüße man diesen Trend. Er bedauerte jedoch insbesondere die uneinheitliche Regelungslage des US-amerikanischen Marktes in Bezug auf das Pedelec und sieht in Connectivity-Lösungen ein sehr großes Potential.

Großes Potential sieht auch Stefan Reisinger für den viel diskutierten neuen Termin der Eurobike im Jahr 2018. Zum einen böte der frühere Termin Anfang Juli den Herstellen die Möglichkeit, Neuigkeiten früher im Jahr zu präsentieren. Wovon zum anderen die Fachbesucher profitieren würden.

Pedelec im Zentrum

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Die Eurobike-Social-Media-Wall in der (Klicken zum Vergrößern)

Beim Gang durch die Hallen fand sich kaum ein Hersteller, der nicht auf das Thema „Pedelec“ setzt. Jedoch zeigt auch der ein oder andere Produzent neue Ideen.

Einer dieser Hersteller ist das polnische Startup „Rondo“, das sich als Spezialist für Gravel-Bikes positioniert und als Alleinstellungsmerkmal auf ein variable Aufnahme der Vorderradachse in der Gabel setzt: Durch das Versetzen kann der Nachlauf des Vorderrads und damit die Fahreigenschaften des Bikes verändert werden.

Rondo Ruut CF1
Rondo Ruut CF1 (Klicken zum Vergrößern)

Der Jury der Eurobike zeichnete das Rondo Ruut CF1 dafür mit einem Gold Award aus: „Rondo hat mit seinen optisch und technisch gelungenen Fahrradmodellen die junge Gravel-Szene im Sturm erobert.

Für ein Start-up bietet Rondo bei diesem Gravel Bike erstaunlich hohe Verarbeitungsqualität. Und auch die Award-Jury konnte der Anziehungskraft des Start-ups aus Polen nicht widerstehen:

Der Clou beim Ruut CF1 ist seine Vielseitigkeit aufgrund der Möglichkeit, die Gabel so zu verstellen, dass der Fahrer entweder eine sportliche oder eine aufrechtere Sitzposition einnimmt.“

Freilich ist es mit einem einfachen Umstecken nicht getan, auch die Aufnahme des Bremssattels muss umgeschraubt werden.

Trotzdem stellt Rondo meiner Meinung nach sehr schöne Gravelbikes auf die schmalbereiften Räder, sicher ein Traum für Biker, die zum Beispiel an der Grenzsteintrophy oder dem CandyBGraveller teilnehmen. Oder auch einfach nur ein etwas robusteres Rennrad für den täglichen Weg ins Büro suchen.

CyFly

Eine weiteres Beispiel für Innovationskraft außerhalb des elektrifziertern Rades ist Möve-Bikes mit dem einzigartigen CyFly-Tretlager.

Bei diesem Tretlager ist die Kurbel nicht mehr direkt mit der Achse verbunden. Durch die spezielle Befestigung wird vielmehr der Hebel in der Druck- und Hubphase des Pedals vergrößert und die Trittbahn verkürzt. Das Ergebnis soll eine bessere Kraftausnutzung insbesondere in den Fahrsituationen sein, in denen viel Kraft benötigt wird.

 

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Bei der Probefahrt mit dem Antrieb fühlt sich die Tretbewegung zunächst etwas ungewohnt an; anstatt einer kreisförmigen gleicht sie eher der Bewegung auf einem Stepper. Spürbar scheint es beim Anfahren und am Berg aber tatsächlich „leichter“ zu gehen. Marcus Rochlitzer, Gründer von CyFly: “ Geübte Radfahrer brauchen in der Regel bis zu 100 km Fahrtstrecke, um den neuen Bewegungsablauf zu verinnerlichen.“

E-Bike-Rucksack

Evoc-E-Bike-Rucksack
Evoc-E-Bike-Rucksack „FR Trail E-Ride“

Eine Weltpremiere gab es am Stand von EVOC zu bestaunen: Die Münchner, bekannt insbesondere für Schutzausrüstung für Gravity-Biker, stellten ihren brandneuen Rucksack für E-MTB-Fahrer vor. Dem Vernehmen nach wurden die Ausstellungsstücke erst kurz vor Beginn der Eurobike geliefert.

Der FR Trail E-Ride bietet ein spezielles Fach für einen Reserveakku sowie eine durchdachte Befestigung 

XLV-E-Bike-Rucksack
XLV-E-Bike-Rucksack (Klicken zum Vergrößern)

für das Ladegerät. Zusätzlich kann noch eine Trinkblase untergebracht werden. Der TransAlp steht damit auch für E-MTB’ler nichts mehr im Weg.

Wer auf die Trinkblase verzichten kann findet beim Zubehörhersteller XLC einen passenden Rucksack. Die Besonderheit dort: Die Akkuaufnahme verfügt über eine spezielle Befestigung, die das Gewicht des Akkus über die Träger des Rucksacks verteilt.

Da XLC zur Winora-Group gehört, passen die Akkus zum Beispiel der Haibikes ganz besonders gut in den Rucksack.

Recycling

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Schwalbe-Green-Compound (Klicken zum Vergrößern)

Schwalbe stellte am Stand die erste Serie Radreifen vor, die aus Recycling-Materialien hergestellt werden. Nachdem schon seit Jahren Recyclingmaterial in den Schläuchen der Marke genutzt wird, war dies der logisch folgende Schritt.

Dass die Umsetzung des „Green Compound“ nicht ganz so einfach war, zeigt der lange Zeitraum bis zur Verwirklichung der ersten Produkte. Und bis das Premium-Produkt, der Marathon Plus, aus Recyclingmaterial bestehen wird, sei noch ein langer Weg, wie mir eine Firmenrepräsentantin im Gespräch verriet.

Trotzdem hat sich Schwalbe damit den Eurobike Green Award verdient gesichert: „Mit dem Green Compound setzt Schwalbe einen neuen Standard bei der Verwendung recycelter Materialien.“

Faltrad

Das Pedelec besetzt jede Nische, auch die des Faltrades. Während es das „Volt“ von BH-Bikes ebenso wie das „Vektron“ von Tern schon länger auf dem Markt sind mussten sich Brompton-Fahrer bisher immer nach einer Nachrüstlösung umsehen.

Doch jetzt kann mit Vorstellung des Brompton Electric auch der Brompton-Fahrer ein Faltpedelec ab Werk ordern. Selbstverständlich sind die Komponenten des Antriebs beim Falten nicht im Weg.

Revolution und…

Am Stand der Cycle Union stand der „48-Revolution“ genannte Conti-Antrieb im Fokus des Interesses. Bei diesem

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48-Revolution-Antrieb im Bike der E-Bike-Manufaktur (klicken zum Vergrößern)

sind E-Antrieb und NuVinci-Nabe in einem Gehäuse vereint. Das verspricht ein besonders komfortables Fahrerlebnis.

Eine erste Probefahrt, die ich schon zur Hausmesse der Cycle Union in Oldenburg unternehmen konnte, bestätigt diesen Eindruck.

Auch der Akku des Rades der e-Bike-Manufaktur ist im Rahmen integriert und zeigt damit den Trend zur Integration auf.

Integration

Eines der Haupthemen der Branche ist das Thema „Integration“. Dabei sollen Akku und Antrieb des Pedelec möglichst elegant im Rahmen vereint werden um ein cleaneres Erscheinungsbild zu schaffen.

Fazua

Fazua
Fazua: Integration at it’s best (Klicken zum Vergrößern)

Eines der besten Beispiele hierfür ist der Antrieb von Fazua: Akku und Motor sind (beide!) herausnehmbar im Unterrohr verbaut, die Kraft wird über ein im Tretlager verbautes Modul übertragen. Der Akku selbst hat eine relativ kleine Kapazität von 250 Wh bei 7 Ah und ist folglich auch mit etwa 1,4 kg leicht.

Das ist jedoch für das angepeilte Nutzerszenario kein Problem: Denn im Gegensatz zu anderen Pedelec-Systemen soll der Fazua-Antrieb nur dann zugeschaltet werden, wenn er wirklich benötigt wird. Ist er ausgeschaltet bietet er keinen merkbaren Tretwiderstand, was dem Einsatz beispielsweisen in Rennrädern interessant macht. So sollen bis zu 40 km und 1.000 Hm möglich sein. Wer mehr benötigt nimmt einfach einen zweiten Akku mit. Zum Beispiel im Rucksack von Evoc oder XLC.

Auf einer etwas ausgedehnteren Probefahrt (bei der Hausmesse von Derby-Cycle war die Teststrecke doch etwas kurz) mit einem Rennrad-Prototypen konnte ich mir einen sehr guten Eindruck vom Antrieb verschaffen. Und das in diesem Konzept Potential steckt beweist nicht zuletzt gleich die doppelte Auszeichnung mit dem „Gold Award“.

„Integration heißt derzeit die Zauberformel für Innovationen im E-Bike-Segment. Ein Unternehmen, das dafür beste Voraussetzungen bietet, ist der junge Antriebshersteller Fazua: „Mit dem evation-Antrieb schafft Fazua ein neues Segment. Motor und Akku lassen sich einfach entfernen, so dass dann ein normales Fahrrad bleibt“, sagt die Jury zu Fazua-Antrieb.

Das mit dem Fazua-Antrieb ausgestattete „Focus Project Y“ wurde ebenfalls mit einem Gold-Award bedacht. Die Jury: „Mit dem Project Y zeigt der sportive Fahrradhersteller Focus eine neue Perspektive für den Rennradmarkt, an deren Potenzial auch die Award-Jury glaubt: „Am Rennrad war die Elektrifizierung des Fahrrads bislang weitgehend vorbeigegangen. Wir sind davon überzeugt, dass sich dies mit dem Project Y ändern wird.“

Dieser Antrieb in einem E-MTB, versehen mit einem Bikepacking-Set, und damit den CandyBGraveller fahren, das wär’s…

Bikepacking

Ein weiterer Trend ist das Backpacking. Damit ist das Reisen mit reduziertem Gepäck gemeint, das mit speziellen Taschen möglichst nach am Rad untergebracht ist um der dynamischen Fortbewegung möglichst nicht im Wege zu sein. Neben den etablierten Taschen-Herstellern wie Vaude oder Ortlieb waren auch Lösung von Acepac, Apidura oder Birzman zu sehen.

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Alexander Theis
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