[at] Aus der traditionsreichen Auto-Stadt Zwickau kommt mit dem Pendix-Antrieb eine weitere Möglichkeit, ein vorhandenes Rad zum Pedelec umzurüsten. Ein Interview mit Thomas Herzog, einem der Gründer von Pendix.
Alexander Theis: Herr Herzog, vielen Dank dass Sie sich kurz vor dem Jahreswechsel die Zeit für ein Interview nehmen. Wie kam es zur Entwicklung von Pendix?
Thomas Herzog: Im Grunde war das reiner Zufall. Wir sind ein Gründerteam von sechs Leuten und kommen alle aus der Autobranche. Unser erstes gemeinsames Startup war Herms Technologies, mit dem wir überwiegend Prototypen für die Automobilbranche entwickelt haben – wie beispielsweise Steuergeräte für das 24-Stunden-Rennen von Le Mans oder die Rallye Paris-Dakar. Die Initialzündung für den Wechsel kam dann 2012: Ein Fahrradhersteller beauftragte uns, einen Motor für ein E-Bike zu entwickeln. Dieser hatte konzeptionell nichts mit Pendix zu tun, hat uns aber für das Thema Elektrofahrrad begeistert. Uns war klar: Das Thema hat extrem viel Potenzial, und so einen Antrieb können wir relativ schnell zur Marktreife bringen. So haben wir 2013 dann Pendix gegründet.
Alexander Theis: Was sind die spezifischen Vorteile des Pendix-Antriebs?
Thomas Herzog: Anders als bei herkömmlichen E-Bikes gibt es bei einem Rad mit Pendix die Möglichkeit, zwei Fahrzeuge in einem zu verbinden. Den Spaß und die Challenge, beim Radfahren nicht aufgeben zu müssen, weil man ein Pedelec fährt. Das schafft unser Antrieb durch den konsequenten Verzicht auf ein Getriebe. Im Resultat ist der Pendix nicht nur geräuschlos, sondern tritt sich genau wie ein herkömmliches Fahrrad, wenn er ausgeschaltet ist. Zudem haben wir uns der Nachhaltigkeit verschrieben. Wir sorgen zum Beispiel dafür, dass nicht jeder 2-3 Räder im Keller hat, sondern wir rüsten Räder einfach nach. Das ist nicht nur günstiger, sondern vermeidet auch Müll.
Alexander Theis:Gibt es „den“ Pendix-Kunden?
Thomas Herzog: Im Namen von Pendix steckt ja schon der Pendler. Dessen Bedürfnisse hatten wir von Anfang an im Visier. Ansonsten reicht die Bandbreite vom Senioren bis zum Mountainbiker. Aber auch Unternehmen mit Fahrradflotten rüsten mittlerweile mit unseren Antrieben nach. Besonders für Kurierdienste oder Unternehmen mit großen Werksgeländen lohnt sich die Nachrüstung.
Alexander Theis: Gibt es Räder, die nicht für den Pendix-Antrieb geeignet sind?
Thomas Herzog: Der Pendix Antrieb lässt sich an fast alle Fahrräder installieren, einzige Voraussetzung ist ein Standard BSA Lager. Bei einem vollgefederten Fahrrad muss vorher geprüft werden, ob der Akku eine gute Position findet. Prinzipiell ist der Pendix für alle handelsüblichen Fahrradtypen geeignet, trotzdem gibt es einige Voraussetzungen (Bauraum, Befestigungspunkte, Kompatibilität, usw.), welche für den Anbau erfüllt sein müssen. Unsere Fachhändler haben eine Checkliste mit den zu erfüllenden Punkten um zu prüfen, ob der Pendix mit dem jeweiligen Fahrrad kompatibel ist.
Alexander Theis: Christiana Bikes, ein Markführer für Lastenräder in Skandinavien, ist ihr Distributionspartner für Dänemark. Gibt es beim Pendix-Antrieb verschiedene Kennlinien, beispielsweise für Lastenräder?
Thomas Herzog: Der Pendix Antrieb wurde für eine möglichst große Anzahl verschiedener Radtypen und Nutzergruppen entwickelt. Eine gesonderte Kennlinie für Lastenräder ist nicht notwendig, da die Steuerung alle Anwendungsfälle analysiert und mit gezieltem elektrischen Rückendwind unterstützt.
Alexander Theis: Wie erfolgt die Bedienung des Antriebs, ist eine App geplant?
Thomas Herzog: Pendix hat den Anspruch in allen Medien eine höchstmögliche Funktionalität mit einfachster Bedienung zu verbinden. Der Antrieb an sich wird deshalb über ein Drehrad am Akku bedient, über den der Nutzer drei verschiedene Unterstützungsstufen auswählen kann. Natürlich ist auch für uns das Thema Digitalisierung auf der Agenda, allerdings wollen wir dabei mit der gewohnten Intuitivität eine Umsetzung wählen, die sich deutlich von den marktüblichen Lösungen abhebt. Was dies im Detail sein wird, werden wir noch 2018 vorstellen, dabei soll die Lösung für bestehende und auch zukünftige Systeme nutzbar sein.
Alexander Theis: In einem Plädoyer forderten Sie kürzlich auch Prämie für Pedelecs und Nachrüstantriebe statt ausschließlich für E-Autos. Wie waren die Reaktionen auf diesen Aufruf?
Thomas Herzog: Innerhalb der Fahrradbranche war das Feedback sehr positiv. Wir ziehen hier alle an einem Strang und kämpfen dafür, dass die Verkehrspolitik in Zukunft fahrradfreundlicher gestaltet wird. Auch aus der Politik gab es erste positive Signale. Die ganze Branche muss weiter daran arbeiten, die Politiker von neuen verkehrspolitischen Konzepten zu überzeugen und sie an Ihre guten Vorsätze in puncto Klimaschutz und Entlastung der Innenstädte zu erinnern.
Alexander Theis: In welchem Preisrahmen bewegt sich ein Pendix-System inkl. Einbau?
Thomas Herzog: Der Pendix eDrive ist ab 1.490€ zzgl. Einbau über den Fachhändler erhältlich. Für den Einbau muss ca. 1 Stunde Arbeitszeit vorgesehen werden. Damit liegen wir mit einem Qualitätsprodukt Made in Germany deutlich unter dem letztjährigen Durchschnittspreis von hochwertigen Pedelecs von rund 3.000€. Da Pendix bei einem späteren Wechsel auf ein neues Rad mitgenommen werden kann, mehrt sich der finanzielle Vorteil zusätzlich.
Alexander Theis: Wo sehen Sie die größten Herausforderungen für Pendix auf dem deutschen Markt?
Thomas Herzog: Das Thema Nachrüstung wird in Deutschland zu sehr mit Bastellösungen für den Heimwerker in Verbindung gebracht. Pendix hat einen Antrieb auf den Markt gebracht, der auf dem Niveau von neuen Pedelecs mit integriertem Antrieb liegt und damit die Modellkategorie des hochwertigen Nachrüstantriebes etabliert. Über 600 deutsche Fachhändler haben sich davon bereits überzeugt und rüsten erfolgreich und sicher Bestandsfahrräder nach. Diese Botschaft an die Vielzahl weiterer Fachhändler zu tragen, ist die größte Herausforderung im deutschen Markt.
Alexander Theis: Wo unterscheiden sich die Herausforderungen des deutschen Marktes vom internationalen?
Thomas Herzog: Deutschland ist neben den Niederlanden, der Schweiz und Österreich seit 2008 am stärksten im Bereich Pedelec gewachsen. Dabei wurden viele Marktbereiche besetzt, die neue Produkte zunächst nachhaltig erschließen müssen. Dem gegenüber stehen in Europa und darüber hinaus noch viele Länder am Anfang des Pedelec-Booms. Hier ist die Bereitschaft für neue Produkte viel höher und die Marktdurchdringung deutlich einfacher zu erreichen.
Alexander Theis: Ist es geplant, fertige Pedelecs mit Pendix-Antrieb anzubieten?
Thomas Herzog: Wir planen nicht, selbst Fahrräder zu bauen. Die Flexibilität Pendix an eine Vielzahl von vorhandenen und neuen Fahrrädern zu montieren macht uns für Hersteller attraktiv, welche uns in Ihrem Angebot führen. So wird Pendix zum Beispiel bei Christiania Bikes, Böttcher, Muli-Cycles, Opus oder Herkelmann eingesetzt, wodurch jeder Interessent von Neurädern sein individuelles Rad mit Pendix finden kann.
Alexander Theis: In einem früheren Interview sprachen sie einmal davon „…in der Zukunft ein innovatives Fahrzeugkonzept in Produktion zu haben, so dass uns das Wetter auch auf einem Zweirad nichts mehr ausmachen wird.“ Gibt es da konkrete Idee, beispielsweise für ein Velomobil?
Thomas Herzog: Wir sehen unseren Fokus im Bereich elektrischer Antriebe und der Elektrifizierung von Fahrzeugen im Bereich der Mikromobilität, dabei sind wir mit unseren Kunden und Partnern ständig auf der Suche nach bestmöglichen Umsetzungen. Pendix wird langfristig eine nachhaltige Rolle in der zukünftigen Fortbewegung von Menschen spielen, somit können Sie noch auf einige Überraschungen gespannt sein!
Alexander Theis: Vielen Dank für das Gespräch. Ich wünsche Ihnen und Pendix weiter viel Erfolg!
[Foto: Pendix]
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