[at] Nach einem furiosen Saisonstart kann Matthias Schindler, amtierender deutscher Paracycle-Meister im Straßenrennen, heute in Köln seinen Titel verteidigen.
Nach einem Schicksalsschlag, den andere hätte verzweifeln lassen, kämpfe sich der Nürnberger nicht nur ins Leben zurück sondern auch in die deutsche Spitze der Paracycler.
Hier sein Bericht über seinen äußerst erfolgreichen Start in die neue Saison:
„Am 30. März bin ich gemeinsam mit meiner Frau Siw nach Mallorca ins Straßentrainingslager geflogen. Wir waren eine Woche gemeinsam an der Playa de Palma, bevor ich noch für eine Woche mit dem BVS Bayern an der Playa de Muro trainieren konnte.
Die Zeit auf Mallorca war richtig gut, ich konnte es zu Beginn mit Siw etwas ruhiger angehen lassen, mich gut von der Bahnsaison und dem Reisestress der Vergangenheit (u.a. nach Brasilien zur Bahnrad-WM, Anm. der Redaktion) erholen und mich auf das Straßentraining vorbereiten. Die zweite Woche habe ich dann richtig intensiv Trainieren können und mich speziell auf die flachen Zeitfahren in dieser Saison vorbereitet.
Umbau Cervélo P5 Zeitfahrrad
Zurück in Deutschland wurde mein Cervélo P5 Zeitfahrrad bei messingschlager in Baunach umgebaut. Die Komponenten von ceramicspeed wurden mit einer eTap 1×11 Gruppe und KMC Kette verbaut und
ich bin nach Rückprache mit meinem Reifenausrüster Continental auf Clincher Laufräder mit Grandprix TT Faltreifen umgestiegen. Von Rotor kam die UNO Kassette und eine umgebaute Inpower Kurbel mit speziellem Spider und QX1 Kettenblatt.
Vielen Dank an dieser Stelle nochmal an messingschlager für den super Umbau. Das Zeitfahrrad wog im Anschluss 700 Gramm weniger, war aerodynamischer und sparte Dank ceramicspeed und Continental noch ein paar Watt Leistung ein. Ich wollte das schnellste und bestmögliche Material für den ersten World Cup in diesem Jahr haben.
Europacup Verolanuova
Am 19. April bin ich nach Italien gefahren um am Europacup in Verolanuova teilzunehmen. Hier wollte ich nochmal einen Reiz unter Rennbedingungen setzen und mein neues Material vor dem ersten World Cup testen. Im Zeitfahren am 21. April konnte ich eine gute Leistung zeigen.
Das Material lief super und meine Form war für den frühen Zeitpunkt schon gar nicht so schlecht. Ich wurde 3. hinter Steffen Warias und nur 10 Sekunden hinter dem Gewinner Fabio Anobile aus Italien. Es gab mir Selbstvertrauen zu sehen, wie nah ich schon an den top Fahrern in meiner Klasse dran war.
Im Straßenrennen am 22. April konnte ich auf dem anspruchsvollen Kurs wie erwartet nicht mit den Spitzenfahrern mithalten. Ich war in einer Verfolgergruppe und konnte mir im Zielsprint erneut den 3. Platz sichern. Damit war ich auch im Gesamtergebnis dieses Europacups 3. und stand erstmals in Verolanuova nach dem Zeitfahren und dem Straßenrennen auf dem Podium. Es war für mich ein gelungener Start in die Straßensaison.
Landshuter Straßenpreis Ergolding
Am 28. April startete ich noch beim Landshuter Straßenpreis in Ergolding. Es war ein Jedermannrennen, bei welchem wir Paracycler eine eigene Wertung bekamen.
Für mich war es ein Ansporn zu sehen, wie lange ich an der Spitzengruppe der nicht behinderten Sportler dranbleiben konnte. Bis zur Hälfte des Rennens konnte ich ganz vorn mithalten, dann musste ich abreißen lassen.
Dennoch war es ein super Rennen und ich belegte hinter dem Straßenweltmeister der Klasse C4 Tobias Vetter den 2. Platz in unserer Wertung. Toll, dass wir bei diesem Rennen dabei sein durften.
World Cup Ostende/Belgien: Erste World Cup Medaille!
Am 1. Mai war dann die Anreise zum World Cup nach Ostende / Belgien. Dort wollte ich unbedingt eine Top 5 Platzierung erreichen, um meinen Kaderstatus zu verlängern und gute Chancen für eine Nominierung zur Straßenweltmeisterschaft zu haben.
Ich habe extra auf die Bayerische Meisterschaft im Zeitfahren am 1. Mai verzichtet, um möglichst früh, mit viel Ruhe nach Ostende anzureisen und so erholt wie möglich in das Rennen am 4. Mai zu gehen. Vielen Dank an die Verantwortlichen des BVS Bayern, die das zwar nicht so gerne gesehen haben, mir aber dennoch diese Freiheit ließen.
Am 4. Mai um 15:17 Uhr war dann mein Start im Zeitfahren beim ersten World Cup in diesem Jahr. Mit 18 Sportlern aus der ganzen Welt war meine Klasse sehr gut besetzt und ich wusste, dass es auch eine extrem gute Tagesform brauchte um unter die Top 5 zu fahren.
Vormittags bin ich noch gemütlich eine Stunde auf dem Rennrad gefahren um die Beine frei zu bekommen und die Wartezeit zum Start etwas zu verkürzen. Die direkte Rennvorbereitung verlief dann wie immer planmäßig gut. Ich bin gut in das Rennen, welches über drei Runden mit je knapp über 9 km ging, gestartet. Ich startete etwas zügiger als im Vorjahr wohl wissend, auch etwas besser in Form zu sein. In der zweiten Runde konnte ich gefühlt noch etwas zulegen.
Bei Start/Ziel rief mir dann Co-Trainer Jan Ratzke vor meiner letzten Runde zu, dass ich gerade auf Gesamtplatz 3 liegen würde. Das spornte mich natürlich zusätzlich an in der letzten Runde nicht langsamer zu werden. Diese wurde zu einem langen Kampf die Ziellinie wollte am Ende einfach nicht näher kommen. Mit Platz 5 wäre ich mehr als zufrieden gewesen. Dass ich an diesem Tag wirklich 3. geworden bin und meine erste World Cup Medaille geholt habe war ein unbeschreibliches Gefühl!
Es hat eine Zeit gedauert, die Schmerzen des Rennens aus dem Körper zu bekommen, allerdings überwog die Freude schnell allem Schmerz. Ich bin so froh, dass sich das harte Training und die spezialisierte Vorbereitung auf flache Zeitfahren gelohnt hat.
Vielen Dank an dieser Stelle an meine Frau Siw, welcher der größte Teil dieser Medaille gehört. Vielen Dank auch an meine Sponsoren Paessler, Thuermer Docs, Neuropuls und Speed Company, ohne welche der Umbau meines Zeitfahrrades finanziell nicht möglich gewesen wäre. Vielen Dank auch an das ganze Paracycling Team Germany für die super Betreuung vor Ort in Ostende!
Mit diesem Ergebnis habe ich meinen ungeförderten B-Kaderstatus um ein Jahr verlängert und ich denke ich kann mir berechtigte Hoffnungen auf eine WM-Nominierung durch den Bundestrainer machen. Dieser gibt seine Nominierungsvorschläge Ende Mai nach der Deutschen Meisterschaft bekannt.
Straßenrennen des Wold Cups Ostende
Am Sonntag den 6. Mai fand noch das Straßenrennen des Wold Cups in Ostende statt. Noch nie bin ich so befreit und ohne Druck in ein Straßenrennen gegangen. Mein Ziel war es, gesund und sturzfrei ins Ziel zu kommen, meine bestmögliche Leistung zu zeigen und endlich mal am Hauptfeld dran zu bleiben. Letzteres gelang mir in Ostende noch nie.
Ich kam gut in das Rennen, allerdings wurden die ersten 2 von insgesamt 8 Runden extrem schnell gefahren. In der 5. Runde riss ich dann von der Spitze ab, glücklicherweise gemeinsam mit dem Sieger des Zeitfahrens vom Freitag. Gemeinsam fuhren wir in Runde 6 auf einer flachen langen Gerade wieder an die Spitzengruppe heran. Danach war ich schon relativ platt. Ich konnte mich im Feld halten und ging erstmals in Ostende mit in den Zielsprint.
Meine Position war eigentlich gut, doch es zeigte sich, warum ich mich lieber weiter auf die Zeitfahren konzentriere: Platz 11 im Sprint. Dennoch habe ich mein Ziel erreicht, bin heil geblieben, habe eine gute Leistung gezeigt und bin mit der Spitzengruppe angekommen.
Der World Cup in Ostende war für mich mehr als nur ein guter Start in die World Cup Saison, es war ein großer Erfolg, das Zeitfahren sogar der größte Erfolg meiner bisherigen Radsportkarriere.
Heute: Titelverteidigung
Beim Straßenrennen am Pfingstmontag gehe ich als amtierender Deutscher Meister an den Start, allerdings wissen wir alle, dass ich im Vorjahr aus dem Straßenrennen ein Einzelzeitfahren gemacht habe und ich mir sicher bin, dass man mich in diesem Jahr nicht mehr einfach so fahren lassen wird.
Daher mache ich mir hier keinen Druck, der Titel aus 2017 war für mich ein tolles Geschenk, ich werde in diesem Jahr wieder alles geben und bin gespannt, für was es am Ende reichen wird. Einen Zielsprint möchte ich natürlich irgendwie vermeiden…
Im Anschluss an die Deutsche Meisterschaft in Köln plane ich eine kurze Saisonpause. Danach beginnt die Vorbereitung auf die zweite Saisonhälfte mit dem World Cup in Emmen und hoffentlich einer Nominierung zur WM sowie zum World Cup in Kanada.“
Soweit Matthias mit seinem Rückblick. Es ist für mich immer wieder beeindruckend welche Leistungen Matthias erbringt und wie zielstrebig und konsequent er sein großes Ziel, die Teilnahme an den Paralympics, verfolgt. Ich drücke dem sympathischen Nürnberger alle Daumen, dass es mit der Titelverteidigung klappt!
Aktuelle Infos gibt`s wie immer auf Facebook (www.facebook.com/schindlerparacycling/), Instagram (www.instagram.com/matthias_schindler_official/) sowie Twitter (www.twitter.com/schindlermatze).
[Text & Fotos: Matthias Schindler]
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