[at] „Die würden auch gut an mein Bike passen!“ der Guzzi-Fahrer an der Ampel neben mir deutet mit breitem Grinsen auf die dicken Reifen meines Rades und fährt mit erhobenem Daumen von dannen. Meine Ampel zeigt noch rot und so lasse ich die Gedanken etwas schweifen:
Fix trotz fetter Reifen…
Ich bin mit dem Felt Lebowsk-e unterwegs, vor etwa zwei Stunden habe ich es auf dem Felt Media-Day auf dem Jagdschloss Platte in Wiesbaden zum Test abgeholt und bin nun auf Achse unterwegs nach Hause. Soweit es ging habe ich den Weg bisher auf unbefestigten Wegen zurückgelegt und dabei sehr schnell gemerkt, das ein Fatbike auch ohne Schnee und bei trockener Witterung mächtig viel Spaß macht. Denn es ist schlicht egal, wie der Untergrund beschaffen
ist, das Lebowsk-e bügelt alles glatt. Es erscheint fast, als würden die dicken Reifen alle Unwägbarkeiten auf dem Weg geradezu aufsaugen. Allerdings ist die Wahl der Linie etwas schwieriger als mit einem herkömmlichen Mountainbike:
Die breiten, großen und damit schweren Räder erzeugen Kreiselkräfte, die sich manchmal nur mit entsprechendem Nachdruck davon überzeugen lassen, die gerade anliegende Linie aufzugeben. Doch das ist einen Eigenschaft an die man sich schnell gewöhnt und es macht auch Spaß, sich solchermaßen mit dem Rad auseinanderzusetzen.
Doch schließlich musste ich dann doch auf Asphalt weiterfahren, und dem singenden Geräusch der sehr grob profilierten „Jumbo Jim“ von Schwalbe nach zu urteilen, schien dem Lebowsk-e das auch zu gefallen. Ab etwa 55 km/h bergab hatte ich dann doch Bedenken, dass die Stollen schmelzen würden wie Butter in der Sonne und habe es etwas ruhiger angehen lassen. Dank der gut dosierbaren und kräftigen hydraulischen SRAM Guide RSC-Bremsen mit 180 mm Durchmesser stellte das auch gar kein Problem dar.
Auf dem Weg durch Wiesbaden in Richtung Mainz war ich dann tatsächlich nicht langsamer als der bereits erwähnte Guzzi-Fahrer. Dank der Ampelschaltungen konnte ich auf dem Radweg an jeder roten Ampel wieder zu ihm aufschließen, dabei nutzte ich nur die zweite von fünf Unterstützungsstufen des montierten Bosch Performance Drive. Diese Stufe reicht in der Ebene locker aus, das Lebowsk-e auf 25 km/h zu beschleunigen und die Geschwindigkeit auch zu halten.
…auch dank Pedelec-Antrieb
Grün! Es geht weiter. Vor mir zischt ein gut trainierter Mountainbiker die lange, asphaltierte Straße bergauf. Dank des Pedelec-Antrieb des
Lebowsk-e kann ich ihn in Stufe zwei einholen und auch dranbleiben. Gerade hier zeigt sich, das ein Fat-Bike mit Pedelec-Antrieb noch mehr Sinn macht, wenn man bei dieser Radgattung von Sinnhaftigkeit sprechen will. Denn mit einem Gewicht von 22,3 kg und bei den breiten Reifen gilt es einiges an Rollwiderstand zu überwinden. Den Radler vor mir überhole ich dann, indem ich kurz auf Stufe 3 gehe, dank der singenden Geräusche der Reifen ist für ihn vom Motor möglicherweise wenig zu hören. Schon etwas unfair, ich gebe es zu…
Die nächste Ampel zeigt rot und er holt mich wieder ein. „Cooles Teil! Wieviele Gänge hast du?“ fragt er. Am Felt Lebowsk-e ist die SRAM XO1 mit 11 Gängen verbaut, die auf Asphalt in Verbindung mit dem Bosch-Antrieb genügend Übersetzungs-Bandbreite zur Verfügung stellt. Als es wieder grün wird, radeln wir gemeinsam bergab. „Die breiten Reifen haben sicher ordentlich Traktion“ meint er und ich gebe ihm völlig recht. Denn gerade jetzt kommt eine weitere Eigenschaft der breiten Pneus noch mehr zu tragen: Es geht mit ordentlich Speed in eine Linkskurve und bedingt durch den geringen Lufdruck und die breite Aufstandsfläche der „Jumbo Jim“ liegt das Lebowsk-e wie hinzementiert. „Na dann noch viel Spaß!“ verabschiedet sich der Mountainbikerbreit grinsend an der nächsten Ampel.
Der weitere Weg führt mich entlang des Rhein-Radwegs und es begegnen mir ausschließlich begeistert lächelnden Menschen. Am Rad ist kein Spiegel montiert, aber ich bin mir sicher, dass mir sehr viele Passanten nachschauen. Ein Fat-Bike ist also definitiv nichts für jemanden, der sich unauffällig von A nach B bewegen will.
Namen und Geschichte
Ich cruise entlang des Radwegs, genieße die Landschaft und sinniere über den Namen. Felt hat das erste Pedelec-Fat-Bike nach der Hauptfigur der amerikanischen Filmkömodie „The Big Lebowski“ benannt. Im Film führt Alt-Hippi Jeffrey Lebowski, gespielt von Jeff Bridges, ein beschauliches Leben, bevor er in eine haarsträubende Verwechslungsgeschichte gerät. Und ebenso wie die namensgebende Filmfigur hat es das Felt Lebowsk-e (gesprochen „Lebauski“) faustdick hinter den
Ohren. Denn auf den ersten Blick ein harmloses, gemütliches Bike mit dicken Reifen zeigt es sein wahres Talent dann, wenn andere Räder, auch potente Mountainbikes, längs aufgeben müssen.
Die Geschichte der Fat-Bikes begann, wie könnte es anders sein, in den USA. Um beim legendären Radrennen „Winter Bicycle Classic“ im hohen Schnee besser voran zu kommen, montierten ambitionierte Bastler zunächst zwei Mountainbike-Reifen nebeneinander. Daraus entstand schließlich das Fat-Bike wie wir es heute kennen. Und was für Schnee gut ist, taugt auch auf Sand, entsprechend profilierte Reifen vorausgesetzt.
Vorteil breiter Reifen
Zum Testzeitpunkt hatte ich (zum Glück!) weder Schnee noch tiefen Sand zur Verfügung. Aber steile Anstiege mit nassem Gras zeigten auch sehr deutlich,was das Lebowsk-e in Zusammenarbeit mit dem Bosch-Antrieb und Schwalbes Jumbo Jim zu leisten im Stande ist: Selbst im Wiegetritt, also bei entlastetem Hinterrad, und in Unterstützungsstufe „Turbo“ des Bosch-Motors kletterte das Pedelec noch unaufhaltsam den nassen Wiesenpfad hinauf. Mit „normal-breiten“ Mountainbike-Reifen wäre wegen mangelnder Traktion mit durchdrehendem Hinterrad schon viel früher Schluss gewesen. Jedoch zeigte sich hier auch der Grenzbereich der verfügbaren 11 Gänge: Ein zweites Kettenblatt vorne würde den Wiegetritt erst deutlich später nötig machen und demnach länger mehr Traktion fürs Hinterrad bieten. Und wer jetzt denkt „klar, mit E-Antrieb kann das jeder spielend“ sollte das erst einmal probieren.
Apropos probieren: Zum Antrieb viele Worte zu verlieren wäre, wie Eulen nach Athen zu tragen, denn der Bosch Performance Drive agiert bekannt kräftig und zuverlässig. Nur die Schalterkennung, die beim Schalten für einen kurze Drehmomentreduzierung sorgt um einen sanften Schaltvorgang zu ermöglichen, ist etwas gewöhnungsbedürftig. Denn gerade bei steilen Anstiegen sorgt diese kurze Unterbrechung für etwas Verlust beim Tritt, so dass man im Zweifel besser in einem niedrigeren Gang bleibt um keinen Schwung zu verlieren.
Wie weit der Akku trägt
Natürlich wollte ich auch wissen, wie lange der am Rahmen montierte Akku mit 400 Wh das Felt Lebwosk-e in Schwung hält. Mangels kilometerlanger, steiler Antiege habe ich mir eine größtenteils asphaltierte Teststrecke ausgesucht, die auf einer Runde von gut 1,6 km 52 Höhenmeter Anstieg bereithält. Mit voll geladenem Akku und in höchster Unterstützungsstufe konnte ich die Runde achtmal, also knapp 13 km, fahren, bis der Akku nicht mehr genug Saft hatte um den Motor zu versorgen. Damit zeigte der Anttrieb bis zuletzt, warum Bosch Marktführer im Pedelec-Bereich ist.
Fazit:
Der Preis für das Felt Lebowsk-e in der 2015er Version liegt bei 4.099€. Für das Geld bekommt man ein Pedelec Fat-Bike, das überall für Aufsehen sorgt und prima ausgestattet und verarbeitet ist. Das Lebowsk-e macht enorm viel Spaß, nicht nur in Tiefschnee oder -sand! Auch als Trainingsgerät ist das Lebowsk-e prima geeignet: Denn betreibt man den Motor in den unteren Unterstützungsstufen oder lässt ihn gar ganz ausgeschaltet (ja, das geht! 🙂 )kann man sich prima auspowern und hat trotzdem noch die Gewähr, gut nach Hause zu kommen.
Dank entsprechender Anlötösen kann man dem Lebowsk-e auch ordentlich Gepäck aufbürden. Es taugt damit auch sehr gut zum Reiserad für unwegsamere Gebiete oder außergewöhnliche Vorhaben. Wenngleich das Rad dann vielleicht nicht so martialisch aussehen muss wie beim „Outfitter“. Mit einem Hänger versehen, kann man zum Beispiel auch einiges an Ausstattung mitnehmen, so dass sich das Lebowsk-e zum Beispiel auch für den ein oder anderen Winzer eignen würde, der mal eben in den Weinberg zu Arbeiten fährt für die man nicht unbedingt den Traktor braucht.
Aber, mal ganz unter uns: Man(n) muss ja nicht immer die Vernunft vorschieben oder? Ich selbst hatte mit dem Felt Lebowsk-e soviel Spaß wie mit kaum einem anderen Rad vorher. Und alleine das ist reicht doch schon, oder? Man sollte aber vorher mal grob überschlagen, ob das Rad mit den „zierlichen Reifchen“ den Kellerabgang hinunterpasst…
Ausführliche technische Daten zum Lebwosk-e sind online auf der Produktseite zum Rad unter www.feltbicycles.com zu finden.
[Das Felt Lebowsk-e wurde freundlicherweise von Felt (www.feltbicycles.com) in Zusammenarbeit mit dem Pressedienst Fahrrad (www.pd-f.de) kostenfrei zum Test zur Verfügung gestellt.]
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Obwohl das Boar noch einmal deutlich schwerer ist? Spannend!
Die 160er Scheiben beim Big Ed waren schon mit dem leichteren Gewichtig dezent überfordert. Die Dosierung war schlicht nich filigran genug. Aktuell testen wir größere Modelle und dies weiß zu gefallen. Muss den Test endlich vervollständigen, dann weiß ich genaueres.
Hallo René,
danke für deinen Kommentar! Das kommt sicher auch auf die Ansprüche an. Ich bin jetzt nicht der Hardcore-Downhiller, für mich war die Bremsleistung völlig ok.
Gruß
Alex
Mit wie viel Luftdruck bist du den gefahren? Gebe dir vollkommen Recht, je weniger Druck, desto mehr Feeling. Bei 1,2 Bar hat es mit dem Big Ed am meisten Freude bereitet – Guggst du: https://www.fahrradblog.de/fahrraeder/scott-big-ed-fatbike-testbericht/
Wie machen sich die 22 kg ohne Motor bemerkbar? Hast du das Szenario länger getestet?
Die 15kg des Scott empfand ich als okay, merkt man gar nicht so sehr, da man sich auf die Fahrt konzentriert 😉
Hallo René,
ich bin das Lebwosk-e mit ca. 0.8 bar gefahren. Das empfand ich als guten Kompromiss. Ohne Motor bin ich das Rad ca. 25 km gefahren, mit einigen knackigen Anstiegen dazwischen. Allerdings fand ich, dass sich das Boar250 (Bericht hier) ohne Motor auf identischer Strecke sogar noch etwas angenehmer fuhr.
Gruß
Alex