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E-MTB Fantic Test & Technik

E-Bike Dauertest Fatbike fantic FatSport GS 888: So weit die dicken Reifen tragen

Lesezeit etwa 7 Minuten

[at] Das Fantic FatSport GS 888 sieht nicht nur cool aus, es fährt sich auch so und macht mächtig Spaß. Das beweist das Dauertestexemplar  jedes Mal aufs Neue.

Seit ein paar Monaten ist das Fantic FatSport GS 888 zu Gast bei VeloStrom. Es handelt sich um ein gebrauchtes Exemplar von Greenstorm , doch das ist, außer am günstigen Preis (für die Version SE, Stand 28.03.18: -60%!), an keiner Stelle zu spüren.

fantic_steigungNach dem es im letzten Winter, wie fast erwartet, hier im Rhein-Main-Gebiet so gut wie keinen Schnee gab, habe ich das Fatbike pendlertauglich umgerüstet. Die Optik ist so zwar nicht mehr ganz so rustikal und viele Puristen werden sich mit Grausen abwenden. Jedoch ist das Pedelec jetzt viel besser als Pendlerbike nutzbar – finde ich zumindest.

Auch wenn die Schutzbleche jetzt keine Fahrten im groben Gelände mehr zulassen, bleiben die besonderen Eigenschaften der namensgebenden dicken Sohlen des Fantic FatSport 888 vollends erhalten: Durch das dicke Luftpolster sorgen sie für einen sänftegleichen Fahrkomfort, den man durchaus auch auf Fahrrad- und vor allem auf Wirtschaftswegen goutiert: Schlaglöcher, Wurzelaufbrüche und sonstige Unebenheiten werden von den Reifen gedämpft – vorausgesetzt die wegebaulichen Unbilden nehmen nicht die Ausmaße von Kratern an. Gleichzeitig ist die Traktion durch die breite Aufstandsfläche der grobstolligen Pneus enorm.

Voraussetzung dafür ist aber die richtige Balance beim Luftdruck: Hoher Luftdruck ist gut fürs Handling, verwässert aber Traktion und Komfort. Niedriger Luftdruck verbessert Komfort und Traktion, macht aber das Einlenkverhalten etwas träge und erhöht den Rollwiderstand der Reifen – was aber dank des Pedelec-Antriebs von Brose nicht wirklich ins Gewicht fällt. 

Riesig der Spaß, groß der Gewinn: Fantic steht drauf und Brose ist drin

fantic_detail_antriebÜberhaupt, der Brose-Antrieb: Auch wenn der bekannt leise Lauf durch das Abrollgeräusch der grobstolligen Bereifung am Fantic FatSport nicht so sehr auffällt wie sonst gewohnt, liefert der verbaute Brose “Drive T” ein glänzendes Bild ab.

Die Sensorik reagiert spontan und präzise auf Druck auf dem Pedal, ohne jedoch dabei nervös zu wirken. Beim Ampelstopp kann der Fuß auf dem Pedal stehen bleiben, ohne dass man das Gefühl hat, ein Stier würde mit den Hufen scharren – obwohl der Vergleich in Anbetracht von maximal 90 Nm Drehmoment durchaus passt.

Die Unterstützungsstufen sind gut abgestimmt. In Stellung “Eco” merkt man, dass man ein Pedelec fährt. Sie eignet sich besonders bei Fahrten mit anderen RadlerInnen, die ohne E-Unterstützung unterwegs sind.

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Brose-Antrieb: Leise und vibrationsarm durch die, eigens von Brose patentierte, Verwendung des Zahnriemens von Gates (Klicken zum Vergrößern).

In der Stufe “Tour” fühlen sich Rad und Reiter am wohlsten, wenn es ums entspannte Vorankommen und Kilometerfressen geht: Der E-Motor agiert kräftig, zur Unterstützungsgrenze hin regelt er sanft ab, ebenso sanft setzt er wieder ein, wenn man die Unterstützungsgrenze wieder erreicht. Das führt zu einer harmonischen, ruhigen Fahrt, in der man es stundenlang aushalten könnte. Zumal der Motor auch bei höheren Kadenzen gut fühlbar unterstützt.

Die Bezeichnung für den Unterstützungsmodus “Sport” ist genau richtig gewählt: Hier stürmt der Brose voran, als gäbe es kein Morgen! Vor lauter Tatendrang lässt er allerdings seine Manieren etwas schleifen. Zwar regelt er sanft zur Unterstützungsgrenze hin ab, unterschreitet man diese aber, schubst einen der Antrieb direkt wieder drüber. Auf einer geraden, ebenen Strecke bringt das etwas Unruhe beim Biken. Ideal ist die Kennlinie aber an Steigungen!

Auch ideal: Der Brose-eigene Freilauf sorgt dafür, dass man bei Überschreiten der Unterstützungsgrenze oder bei ausgeschaltetem Motor keinen durch den Antrieb bedingten Tretwiderstand überwinden muss.

Insgesamt ist Gefühl auf dem Fantic FatBike GS 888 sehr nah am “normalen” Radfahren dran. Das gilt übrigens für alle Brose-getriebenen Pedelecs, die ich bisher fuhr. Doch das Fantic FatSport vermittelt eine souveräne Ruhe und Gelassenheit, die den Genuß am Biken für mich enorm steigert. Man könnte ja, wenn man wollte…

E-Antrieb und Endantrieb hervorragend aufeinander abgestimmt

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Auf dem Foto fällt es nicht so auf, aber hier ist’s ganz schön steil! (Klicken zum Vergrößern).

Auf einer meiner Pendelstrecken muss ich einen sehr steilen Wirtschaftsweg hinauf. Hier zeigt sich, dass den Entwicklern von Brose und Fantic eine hervorragende Abstimmung von E-Antrieb und Endübersetzung gelungen ist.

Im Programm “Sport” kann ich die Strecke im zweiten von 10 Gängen ganz locker im Sattel sitzend erklimmen. Wo andere Pedelecs in den Wiegetrittmodus zwingen, komme ich auf dem Fantic FatSport GS 888 noch nicht mal außer Atem! Und kann mich umso mehr auf das Highlight diese Streckenabschnitts freuen:

Ganz oben, kurz vor Ende der Steigung, wartet ein kleines, unbefestigtes, trailartiges Stück. Hier zeigen die fetten Reifen warum Fatbikes so viel Spaß machen: Man spürt fast, wie sich jede einzelne der Stollen auf der breiten Reifenaufstandsfläche mit dem Untergrund verzahnt. Gemeinsam im Zusammenspiel mit dem bärigen Drehmoment des Brose-Motors und der gelungenen Endübersetzung überwindet man diese Schlüsselstelle mit einem breiten Grinsen.

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Leistungsprofil des Brose Drive T (Klicken zum Vergrößern).

Aber auch bei den anderen Modi und auf anderen Strecken passt die Abstimmung der Shimano Deore 1×10 perfekt. Gewohnt an 27 MTB-Gänge hatte ich zunächst Zweifel daran, ob 10 Gänge wirklich reichen würden. Doch diese Zweifel haben sich bisher nicht bestätigt.

Auf langen Touren erwarte ich noch einen weiteren Vorteil: Erfahrungsgemäß lässt mit sinkender Konzentration bei mir die Fähigkeit nach, aus drei Kettenblättern und neun Ritzeln die jeweils passende und gerade sinnvolle Übersetzungspaarung zusammenzustellen. Das ist mit dem 1×10-Antrieb naturgemäß kein Thema mehr.

 

fantic_detail_motoraufnahme

Sorgen, den Motor bei Off-Road-Fahrten durch das unfreiwillige Aufsetzen auf einer harte Kante zu beschädigen muss man sich beim Fantic FatSport GS 888 nicht machen:

Der Brose-Antrieb kann flexibel in einem Bereich von 360 Grad eingebaut werden, das hält beim MTB die Geometrie kompakt. Die Fantic-Konstrukteure haben das genutzt, um den Motor in einer stabile Rahmenschleife zu platzieren. Motorschutzplatten wie bei anderen Herstellern sind daher überflüssig.

Wie hälst du’s mit der Reichweite?

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Momentaufnahme nach neun gefahrenen Kilometern (Klicken zum Vergrößern).

Für (fast) jeden Pedelecfahrer ist die Frage nach der Reichweite gleichbedeutend mit der Frage, die Goethe in seinem „Faust“ von Gretchen stellen lässt.

Der Brose-Antrieb ist beim Fantic FatSport GS 888 mit einem 630 Wh-Akku ausgestattet. Das führt, trotz des großen Rollwiederstands der breiten reifen und fahrrradgemäßen Einsatz der 10 Gänge vorausgesetzt, zu einer ordentlichen Reichweite.

Die 174 km auf dem Foto sind freilich eine sehr optimistische Momentaufnahme, nach 9 Kilometern Fahrtstrecke, davon ca. 4 weitgehend sanft bergab. Tatsächlich startete ich an diesem Tag mit 65 km Reichweite und kam nach den 30 km Pendelstrecke (15 km einfacher Weg) mit einer Restreichweite von 55 km wieder zu Hause an.

Ich denke, 75 km Reichweite im Tour-Modus sollten bei entsprechendem Terrain durchaus durchaus realistisch sein.

Das zu Überprüfen wird Gegenstand eines der nächsten Artikel sein, ich habe da schon eine Idee…

Mehr zum Fantic Fatbike findet ihr unter diesem Link.

[Fotos: VeloStrom, Rendering Antrieb, Leistungsprofil: Brose Antriebstechnik]

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Alexander Theis
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