Endlich ist das 24er Ritzel für den Gates-Riemenantrieb da! Wie wirken sich die zwei Zähne mehr auf die Fahrbarkeit der Kindernay-Nabe aus?
Das Charger3 GT ist seit April 2022 mit der Kindernay-Nabenschaltung aus Norwegen ausgerüstet. Die 7-Gang-Nabe wurde speziell für E-Bikes abgestimmt. Allerdings ist die Übersetzung am Charger3 GT deutlich zu lang.
Jetzt ist endlich das 24er Ritzel eingetroffen. Wie wird sich das auf die Übersetzung auswirken?
Kindernay
Die Kindernay-Nabe wird hydraulisch mit Schalthebeln statt einem Drehgriff betätigt. Außerdem ist sie für die Montage mit Steckachsen vorgesehen und kann dank „Swap Cage“ innerhalb kürzester Zeit getauscht werden. Bis auf einen regelmäßigen Ölwechsel ist sie wartungsfrei, und damit erste Wahl für Viel- und/oder Allwetter-Radfahrende.
Am Charger3 GT von Riese und Müller passt die Kindernay-Nabe besonders gut, denn das E-Bike aus Hessen ist mit dem wartungsarmen Gates-Riemenantrieb ausgestattet. [->Kindernay-Nabe & Gates-Riemen: Ideale Kombi?]
Den Umbau selbst habe ich von der Werkstatt meines Vertrauens ausführen lassen. Das war auch gut so, denn dafür musste fast das gesamte E-Bike zerlegt werden. [-> Update E-Bike Charger3 GT: Ab jetzt mit Kindernay-Nabe!]
7-Gänge, reicht das?
Die 7-Gang-Version der Kindernay-Nabe ist speziell für E-Bikes vorgesehen: Die Erfahrung zeige, so Kindernay, dass E-Biker ebenso wie E-Bikerinnen oftmals Gänge beim Schalten überspringen. Das kann ich von mir bestätigen: Bei 1×11 Schaltungen, wie sie an E-MTB’s oft verbaut sind, überspringe ich Gänge, weil ich sie, durch die E-Unterstützung, schlicht nicht brauche.
Deshalb hat Kindernay die VII-Gang Version speziell abgestimmt: Die Kindernay VII hat eine Übersetzungsbandbreite von 428% bei gleichmäßigen Gangsprüngen von 28%.
Die Gänge 1 bis 3 sind untersetzt (also leichte „Berggänge“), Gang 4 ist der „Direktgang“ reicht also die Übersetzung, die durch Kettenrad und Ritzel vorgegeben ist, direkt durch. Die Gänge 5,6 & 7 schliesslich sind übersetzt und damit die „Speedgänge“.
Kindernay empfiehlt, die Übersetzung für die meisten E-Bikes so zu wählen, dass bei einer angenehmen Kadenz im 6. Gang 25 km/h erreicht werden.
Die sieben Gänge reichen grundsätzlich aus. Jedoch ist, im Zusammenspiel mit dem Kettenrad mit 55 Zähnen und dem 22er Ritzel am Charger 3 GT die Übersetzung viel zu lang. [-> E-Bike Charger3 GT mit der Kindernay VII-Nabe: Geräusche und Übersetzung]
In der Praxis brauche ich den ersten Gang im Solo-Betrieb bei meinem Terrain an keiner Steigung, die Gänge fünf und sechs kommen allenfalls an Gefällestrecken zum Einsatz, der 7. Gang wird von mir eigentlich nie genutzt. Somit sind 2,3 und 4 die meist genutzten.
Der erste Gang ist übrigens kurz genug, dass er auch an rund 16%-Steigungen gemeinsam mit dem Bosch Performance-Line CX ausreicht [-> Steil ist geil?]. Selbst mit beladenem Anhänger ist eine Steigung kein Problem [-> Erfahrungen mit Kindernay, Charger3 GT & Croozer].
Übersetzungsänderung, wo?
Da die Übersetzung der Nabe intern festgelegt ist und praktisch nicht geändert werden kann, muss die Anpassung am Kettenrad oder am Ritzel erfolgen.
Da der Aus- und Einbau des Hinterrades dank der Kindernay-Nabe wirklich spielend leicht ist [-> Vom Vergnügen beim Hinterradausbau] , habe ich mich dazu entschieden, die Übersetzung am Hinterrad zu ändern.
Das passende Ritzel, in dem Fall eines mit 24 statt 22 Zähnen, war lange Zeit von Gates nicht lieferbar. Mit zwei Zähnen hinten mehr sollte die Übersetzung insgesamt kürzer, also leichter werden. Die oberen Gänge 6 und 7 sollten dann auch besser nutzbar sein.
Vor ein paar Tagen war es endlich soweit: Das Ritzel traf ein!
Tausch des Ritzels
Der Ritzeltausch war wirklich schnell erledigt:
- Hinterrad ausbauen
- Sicherungsmutter mit dem passenden Werkzeug lösen (Achtung: Dabei an der Drehmomentstütze auf der anderen Seite gegenhalten!)
- altes Ritzel abnehmen
- wenn man schonmal dabei ist: alles mal reinigen
- neues Ritzel auflegen
- Sicherungsmutter mit dem passenden Werkzeug festziehen (Achtung: Dabei an der Drehmomentstütze auf der anderen Seite gegenhalten!)
- Hinterrad einbauen
- Fertig!
Alles in allem deutlich weniger als 30 Minuten – bei mir dauerte es wegen der Fotos etwas länger.
Auffällig ist: Beim 22er Ritzel war das Hinterrad in der letzten Position des Spannmechanismus für den Riemen montiert. Trotzdem war der Riemen eigentlich nicht genug gespannt. Da ich wusste, dass das Ritzel getauscht werden wird, habe ich keinen kürzeren Riemen gekauft. Denn im dümmsten Fall wäre der dann zu kurz.
Gates Riemenspannung
Jetzt mit dem 24er Ritzel befindet sich das Rad nicht mehr in der letzten Position des Spannmechanismus. Um den Riemen korrekt zu spannen gibt es eine spezielle App von Gates für Android und iOS. Diese App bedient sich auf clevere Weise allgemeiner Physik:
Man „zupft“ den Riemen an, das Mikrofon am Smartphone registriert den dabei entstehenden Ton, die App wertet ihn aus und stellt ihn als Wert in Hertz dar. Jetzt dreht man die Kurbel um mindestens 1/4 Umdrehung und wiederholt die Messung nochmal.
Gates empfiehlt mindestens 2 Messungen durchzuführen. Ich habe 4 Messungen vorgenommen, also eine komplette Umdrehung der Kurbel.
Ebenso sollte die Messung, aus naheliegenden Gründen, in einer ruhigen Umgebung stattfinden. Das ist einfacher als gedacht: Einmal ging die Garagentür auf, ein andermal fuhr ein Nachbar geräuschvoll mit dem Auto vorbei.
Die App errechnet aus den registrierten Hertz-Angaben einen Mittelwert, der innerhalb einer vorgegebenen Range, möglichst am idealen Punkt, liegen sollte. Liegt der errechnete Mittelwert nicht in der Range muss man den Riemen entweder spannen oder entspannen und wiederholt die Messung nochmal.
Ich habe versucht, möglichst den idealen Punkt zu treffen. Deshalb hat die Ermittlung der Riemenspannung mindestens doppelt so lange gedauert, wie das Wechseln des Ritzels. Dabei erwies sich die Konstruktion der Ausfallenden von Riese und Müller als besonders praktisch. Denn sie erlaubt, die Riemenspannung zu verändern, ohne die Achse des Hinterrades zu lösen.
Probefahrt
Nach der Montage musste ich natürlich sofort eine Probefahrt machen. Ganz bewußt habe ich dabei beim Anfahren den ersten Gang genutzt. Dabei fiel mir sofort auf, dass der erste Gang kürzer geworden ist. Somit sind Steigungen noch weniger ein Problem als vorher. Vor allem ist das aber beim Betrieb mit beladenem Lastenhänger [-> Erfahrungen mit Kindernay, Charger3 GT & Croozer] deutlich von Vorteil.
Auch die anderen Gänge sind subjektiv kürzer geworden und damit besser nutzbar. Ob das tatsächlich stimmt, müssen intensive Testfahrten im Vergleich zu den vorherigen Zahlen mit dem 22er Ritzel zeigen. Für diese Testfahrten fehlte bisher noch die Zeit. Das werde ich aber baldmöglichst nachholen.
Insbesondere interessiert mich:
- Welchen Gang kann ich auf der Geraden noch mit meiner Wohlfühlkadenz [-> Was ist „Kadenz“?] von um 79 treten?
- Wie schnell bin ich in diesem Gang?
- Wie ist die Kadenz in den einzelnen Gängen bei 20 km/h auf der Geraden?
- Wie lange kann ich bergab im höchsten Gang wirksam mittreten?
Fazit
Auch wenn ich bis jetzt noch keine belastbaren Zahlen habe: Die einzelnen Gänge der Kindernay VII fühlen sich jetzt durch das 24er Ritzel kürzer an, sind also leichter zu treten. Dadurch ist das Gangspektrum besser nutzbar.
Der siebte Gang ist immer noch nur für lange und steile Gefälle nutzbar. Das aber trifft auch bei einer 1×11 oder 1×12 Kettenschaltung für die letzten Gänge zu.
Mehr Infos zur Kindernay-Nabe gibt es online beim deutschen Distributor trail.camp. Zum Gates-Riemen gibt es mehr unter gatescarbondrive.com.
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[Text:[at], Fotos: VeloStrom]
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