Velomobil, VeloCar oder E-Bike? Das Hopper Mobility passt in jede dieser Kategorien.
Auf der Eurobike 2022 nutze ich die Gelegenheit, eines der spannendsten Mobilitätskonzepte endlich einmal live zu erfahren.
Velomobil
Velomobile haben aus meiner Sicht großes Potential, den urbanen Verkehr nachhaltiger zu gestalten. Doch dazu müssen sie aus der Nische der Sportgeräte heraus.
Die meisten Velomobile und deren Fahrerinnen und Fahrer nutzen diese vollverkleideten Fahrräder für den Ganzjahres und Allwettereinsatz als Alternative zum Rennrad. Velomobile sind deshalb aerodynamisch optimiert und auf Leichtbau und Leichtlauf getrimmt. Es gibt auch Ausnahmen, wie beispielsweise mein eOrca, jedoch bleibt auch hier der Einstieg vergleichsweise mühsam.
Um dem Velomobil mehr Akzeptanz zu verschaffen, müssen aus meiner Sicht hauptsächlich diese Dinge geändert werden:
- Der Einstieg und auch das Fahren muss komfortabler werden.
- Zusätzlich benötigt man gut zugänglichen Stauraum um kleinere Einkäufe oder auch die Arbeitstasche ohne Verrenkungen und großen Aufwand unterbringen zu können.
- Außerdem muss das Velomobil wendiger werden um im Alltag das bei vielen Velomobilen gebräuchliche „Aussteigen- herumheben-einsteigen-weiterfahren“ bei Hindernissen oder engen Kurven zu umgehen.
Hopper Mobility
Hopper Mobility aus Augsburg denkt das Thema “Velomobil” deshalb neu. Entstanden aus einer Masterthesis an der Uni Bremen entwickelt das Unternehmen ein Velomobil für den täglichen Einsatz im urbanen Raum. Das Team besteht aus Ingenieuren mit umfangreichen Erfahrungen aus der Automobilbranche, sowie Fachleuten im Bereich Wirtschaft und IT.
Der Hopper ist ein Pedelec, und darf überall dort gefahren werden, wo auch eBikes zulässig sind: auf Radwegen wie auch auf Straßen. Der Unterschied zu klassischen Velomobilen liegt vor allem im Komfort: Der Hopper ist relativ hoch, woraus ein komfortabler Einstieg resultiert. Dadurch sitzen die Passagiere auf auf Augenhöhe zu Autos, ein wichtiges Sicherheitsmerkmal! Statt mit Panzer- oder Tiller-Lenkung wird mit einem Lenkrad gesteuert, was den Umstieg ebenfalls erleichtern dürfte.
Dank zweier Vorderräder ist das Fahrverhalten stabil, die Karosserie ist geräumig: Neben dem/der Fahrenden können auf der Rückbank eine weitere Person (oder zwei Kinder) sitzen. Zudem bietet ein Kofferraum Platz für Gepäck (70 Liter, bei verschobener Rückbank sogar 220 Liter).
Für eine außergewöhnliche Wendigkeit sorgt die besondere Hinterradkonstruktion. Ähnlich wie ein Gabelstabler verfügt das Hopper über eine Hinterradlenkung! Auf diese Weise soll ein rekordverdächtig kleiner Wendekreis von nur 2 Metern realisiert werden. Im Hinterrad sitzt auch der E-Antrieb, der das Velomobil zum E-Bike macht.
Soweit zur Theorie. Auf der Eurobike 2022 nutzte ich die Gelegenheit zu einer Probefahrt.
Einsteigen!
Beim Exemplar, das auf der Eurobike zur Verfügung stand, handelt es sich noch nicht um ein Serienfahrzeug. „Wir planen den Serien-Start für den Hopper für das Frühjahr 2023“, sagt Georg Schieren von Hopper Mobility. Die Vorbereitungen dafür laufen auf vollen Touren – die Produktion wird in Deutschland erfolgen.“
Der Einstieg in das Velomobil gelingt in der Tat sehr einfach und ist sehr bequem, zumal man keine Türen öffnen. Wie praktikabel das bei Regenwetter ist muss man sehen, doch das hat auch das Entwicklerteam auf dem Schirm.
Vom Sitz bietet sich eine für ein E-Bike oder Velomobil ungewohnte Aussicht: Lenkrad, dem die Vorserie deutlich anzusehen ist, eine große Ablagefläche davor und eine große Windschutzscheibe ergeben zusammen mit der aufrechten Sitzposition eher das Gefühl, in einem Kleinwagen zu sitzen. Manche VeloStrom-Leser meinten deshalb schon als Reaktion auf vorherige Berichte zum Hopper, man sollte besser von einem VeloCar sprechen.
Die Pedale befinden sich in einer gut erreichbaren Position, ähnlich dem Citkar Loadster. Genau wie dieser verfügt das Hopper nicht über eine Kette. Man treibt mit den Pedalen eine Generator an, der, passend zu Trittkraft und -frequenz, den E-Antrieb im Hinterrad ansteuert. Es handelt sich also um einen seriellen Hybrid-Antrieb, E-Bikes mit diesem Antrieb sind seit kurzem „normalen“ E-Bikes gleichgestellt.
Vorteil dieses Konzepts ist vor allem die Wartungsarmut, denn es gibt ja keine Kette, die gepegt werden müsste. Die Herausforderung beim seriellen Hybridantrieb ist die Abstimmung auf ein möglichst natürliches Tretgefühl. Das Hopper soll sich genauso anfühlen wie ein normales Fahrrad.
Die Bremsbetätigung ist beim Hopper ebenfalls ungewöhnlich: Hinter dem Lenkrad befindet sich ein zweiter Kranz, hier noch im Charme der Vorserie, der beim Ziehen über Bowdenzüge die Bremsen betätigt Auf diese Weise ist sichergestellt, dass man jederzeit, unabhängig von der Stellung des Lenkrads bremsen kann.
Probefahrt mit dem Hopper
Ich werfe meinen Rucksack in das geräumige Gepäckfach, nehme auf dem Sitz Platz und bekomme noch eine kurze Einweisung. Hände ans Lenkrad, Füße auf die Pedale, Schulterblick und los.
Ich trete kräfig in die Pedale und nach einer kleinen Verzögerung legt der Hopper zügig los. Das ist mir etwas zu zügig, ich lange in die Bremsen und der Hopper steht. Beim nächsten Versuch trete ich etwas wenig sanfter und dieses mal geling das Einfädeln in den Verkehr auf dem Probefahrtparcours der Eurobike besser.
Die Lenkung beimHopper ist sehr direkt, ich brauche einige Momente um so geradaus zu fahren, wie ich das vor hatte. Den rückwärtigen Verkehr kann ich über den Spiegel auf der linken Seite gut im Blick halten. Die Fahrgeräusche sind erstaunlich leise, vermutlich, weil der Motor im Hinterrad vom Rest der Fahrgastzelle entkoppelt ist und diese so wenig Resonanzraum bietet. Das Podbike Frikar erschien mir lauter, jedoch ist das auch ein anderes Konzept.
Wie ich es bisher von seriell-hybriden E-Bike Abtrieben gewohnt bin, passt die Kadenz, also die Umdrehungen der Pedale, nicht zur gefahrenen Geschwindkeit; für mein Gefühl trete ich viel zu langsam und damit auch schwer. Vermutlich habe ich die falsche Unterstützung gewählt. Sicher wird das im Serienmodell anders sein. Denn immerhin muss die Gangschaltung ja per Software simuliert werden.
Die erste Biegung der Teststrecke naht und ich biege viel zu zackig ab. Der Hopper ist wirklich enorm wendig! Lässt sich aber einfach und sicher dirigieren. Bei der nächsten Kurve klappt das schon wesentlich besser. Bei der folgenden Geraden ist viel los, andere Testfahrer sind unterwegs, FußgängerInnen kreuzen die Fahrbahn. Ich muss vielfach bremsen, was erstaunlich gut dosierbar und sicher möglich ist. Dank der drei Räder am Hopper ist auch langsam fahren kein Problem. Der Fahrkomfort geht angesichts der hohen Karosse und der damit wohl notwenigen, straffen Abstimmung der Federung in Ordnung.
Die nächstbeste Gelegenheit nutze ich und biege auf einen kleinen Platz ab. Ich will den Wendekreis des Hopper testen. Das Erlebnis ist beeindruckend, denn ich scheine tatsächlich fast auf der Stelle zu drehen! Wohl selten traf die Redewendung vom „wenden auf der Briefmarke“ besser zu! Ich habe keine Zweifel daran, dass der Hopper sich im Alltag um nahezu jedes Hinternis fahren lässt.
Wieder zurück auf der Teststrecke bringe ich auf einer langen Geraden den Hopper auf 25 km/h, das klappt, aber schon nach wenigen Sekunden blinkt eine rote LED: Der Akku ist nahezu leer! Zu viele Fahrer vor mir waren wohl schon mit dem Hopper unterwegs.
Gut, dass es bis zum Stand von Hopper Mobility nicht mehr weit ist, denn es macht sicher keinen Spaß, den Hopper zu schieben. Doch zum Einparken, was dank der enormen Wendigkeit leicht fält, reicht der Strom im Akku noch.
Fazit Hopper
Der Hopper bietet aus meiner Sicht einen sehr alltagstauglichen, neuen Ansatz des Themas „Velomobil“. Bequemer Einstieg, komfortable Sitzposition, Platz für Gepäck oder einen (kleinen) Passagier und eine enorme Wendigkeit! Mit diesen Attributen hat er das Potential, Menschen für diese Art der Mobilität zu begeistern, die bisher dem Velomobil nicht zugänglich waren.
Hopper bei „Höhle der Löwen“
Heute, Montag 05.09.2022, stellt sich das Augsburger Tech-Startup den kritischen Investoren in der VOX-Show „Die Höhle der Löwen“. Die erste Vorserie an Fahrzeugen war bereits binnen kürzester Zeit restlos ausverkauft. Das Engagement „Löwen“ soll nun Kapital für einen Ausbau der Produktion bringen.
„Wir müssen Mobilität in der Stadt neu denken. Die letzten Wochen mit Wassermangel und Dauerhitze sind nur ein Vorgeschmack auf das, was uns durch den Klimawandel droht. Der Auftritt bei der Fernsehshow „Die Höhle der Löwen“ gibt uns die Möglichkeit, auf unsere nachhaltige Innovation aufmerksam zu machen“, erklärt Martin Halama, ehemaliger Auto-Ingenieur, Mitgründer und Entwicklungsleiter der Hopper Mobility GmbH.
„Es ist höchste Zeit, nachhaltige Mobilitätskonzepte zu entwickeln. Der Hopper produziert keine Abgase, umfährt den Stau auf dem Radweg und verbraucht nur einen Bruchteil des Platzes eines PKW. Zudem ist er dank seiner ausgefeilten Technik sehr wendig und agil“, ergänzt Torben Müller-Hansen, ein weiterer Gründer der Hopper Mobility GmbH.
Über die Hopper Mobility GmbH
Das 2019 gegründete Start-up Hopper Mobility aus Augsburg entwickelt mit dem „Hopper“ eine
innovative Mobilitätslösung für zukunftsfähigen, urbanen Individualverkehr. Positioniert zwischen E-Bike
und Auto, überzeugt das Konzept mit minimalen Betriebskosten und CO2 Emissionen. Hopper hat
inzwischen 10 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Mehr Infos gibt es unter hopper-mobility.com.
Teile der Serie „Erstaunliche Eurobike E-Bikes“
In dieser kleinen Serie erschienen bisher folgende Artikel:
1. Urtopia E-Bike mit Carbon-Rahmen
3. Velomobil Hopper aus Augsburg
[Text: [at], Fotos: VeloStrom]
- TRIP290: Dein neues Light E-MTB von CrossWorx! - 12. September 2024
- Sicherer unterwegs auf dem eBike im Straßenverkehr - 10. September 2024
- E-MTB: Energie tankenin Osttirol - 8. September 2024