Die Ingenieure von Pendix haben ein lernendes System entwickelt, das auf den Fahrer reagiert. Pendix eDrive stellt sich immer neu auf das Tretverhalten ein, erkennt, in welchem Winkel, mit welcher Kraft und Geschwindigkeit getreten wird.
Im Jahr 2018 wurden mehr als 900.000 E-Bikes verkauft, doppelt so viele wie 2014 und etwa dreimal so viele wie 2011. Und auch Nachrüstsysteme sind nach wie vor gefragt. Pendix verfeinert jetzt die Sensorik des Systems um ein besonders natürliches und sicheres Fahrgefühl zu schaffen.
Pendix eDrive ist seit 2015 auf dem Markt, ein Interview mit Christian Hennig, der dieses System mit entwickelt hat.
Hätten Sie vor 15 Jahren gedacht, dass Sie heute Elektroantriebe für Fahrräder entwickeln?

Christian Hennig: Nein, auf keinen Fall. Keiner aus dem Gründerteam von Pendix hätte das erwartet, würde ich sagen. Wir haben uns während des Studiums an der WHZ, der Westsächsischen Hochschule Zwickau, kennengelernt. Zwickau ist eine Autostadt, da denkt man an die Werke von Horch bzw. Audi, VEB Sachsenring mit seinem Trabi und nicht zuletzt ist VW jetzt der größte Arbeitgeber hier in der Gegend. Die WHZ ist spezialisiert auf Automobilisten. Aber warum sollte man nicht Wissen aus der Automobilbranche für Fahrräder nutzen? Wir haben ziemlich schnell „Out-Of-The-Box-Thinking“ praktiziert, weil wir bei Elektroantrieben für Fahrräder ein riesiges Potenzial sehen.
Welche Ziele wollten Sie mit Ihrem Antrieb erreichen?
Christian Hennig: Wir haben uns von einem Grundgedanken leiten lassen, die die Entwicklung des Pendix eDrive in allen Details bestimmt hat: Einfachheit und Flexibilität. Wir wollten ihnen Möglichkeit bieten, ihr geliebtes Fahrrad – egal ob Faltrad, Lastenrad oder Mountainbike mit Pendix auch weiterhin ohne E-Unterstützung zu nutzen, so dass die Kunden quasi zwei Räder in einem haben. Dann wollten wir noch möglichst wenig Teile, die kaputt gehen können. Daher kommt unser Pendix auch ohne Getriebe aus. Es gibt nicht mehr Kabel als wirklich notwendig, kein Display, die Bedienung ist total intuitiv. Weniger Komplexität bedeutet immer auch größere Zuverlässigkeit.
Was war für Sie die größte Herausforderung bei der Entwicklung des Pendix eDrive?
Christian Hennig: Eine besondere Schwierigkeit war es, das natürliche Fahrgefühl zu erhalten, sowohl beim Fahren mit als auch ohne E-Unterstützung. Da der Motor kein Getriebe hat, gibt es schon mal kaum Tretwiderstand, wenn der Akku ausgeschaltet ist. Das unterscheidet ihn von vielen E-Bikes. Außerdem ist er so sehr leise und mit 6,5 Kilogramm für das Gesamtsystem inklusive Akku auch verhältnismäßig leicht. So kann man fast vergessen, dass zusätzliche Komponenten am Fahrrad angebracht sind. Die wirkliche Herausforderung bestand darin, die zusätzliche Kraftentfaltung des E-Motors möglichst sensibel und natürlich an das Tretgefühl anzupassen. Das war uns sehr wichtig, und das ist uns gelungen.
Stichwort natürliches Tretgefühl. Was haben Sie getan, um das natürliche Rad-Feeling erhalten?
Christian Hennig: Wollen Sie es genau wissen? Jetzt wird es aber ein wenig technisch. Beim Nachrüsten wird das Tretlager ersetzt. In dem neuen Tretlager misst ein Sensor die Kraft und die Drehbewegung, die der Fahrer auf die Pedale bringt. Die Fahrsteuerung verarbeitet die Signale und errechnet die proportionale Kraftabgabe des Motors. Die Spulen des Elektromotors werden entsprechend mit Strom versorgt und erzeugen damit ein Magnetfeld, so dass sich der Rotor dreht und beim Treten unterstützt. Kette oder Zahnriemen übertragen dann die Kraft des Motors zusätzlich zu der eingebrachten Kraft des Fahrers auf das Hinterrad.
Und wie individuell kann das System dann auf den Fahrer reagieren?
Christian Hennig: Der Antrieb lernt seinen Fahrer allmählich kennen und passt sich mit der Zeit immer differenzierter an. Innerhalb der ersten 500 Meter nach Anbau kalibriert sich die Motorregelung. Erst wenn das abgeschlossen ist, wird der Motor aktiv und unterstützt beim Treten. Und danach stellt sich der Pendix eDrive immer neu auf das Tretverhalten des Fahrers ein, und zwar durch die kontinuierliche Auswertung des Tretsignals und der Reaktion darauf. So erkennt das System, in welchem Winkel, mit welcher Kraft und Geschwindigkeit getreten wird. Das ist wichtig, um den Zeitpunkt der Kraftabgabe durch den Motor zu steuern. Davon merkt der Fahrer natürlich nichts.
Ist das das Pendix-Alleinstellungsmerkmal? Und warum macht es das Fahren sicherer?
Christian Hennig:: Im Moment ja. Die genau abgestufte Reaktion auf die Tagesform und persönliche Leistungsfähigkeit des Radfahrers wird auf jeden Fall immer wichtiger werden und trägt wesentlich zur Sicherheit bei. Wenn ein 80-jähriger Nutzer nur über die reine Drehzahlregelung 25 km/h erreicht, obwohl er das nicht sicher fahrerisch handhaben kann, machen wir die Pedelecs unnötig unsicher. So passieren dann die Unfälle, von denen man immer wieder hört und liest.
Hatten Sie bei der Entwicklung des Pendix eDrive eine bestimmte Zielgruppe vor Augen?
Christian Hennig: Unser Antrieb sollte wie gesagt so flexibel wie möglich sein und einen Mountainbiker genauso unterstützen wie einen Fahrradkurier oder einen Wochenendradler. Im Namen klingt aber eine unserer wichtigsten Zielgruppen schon an, die Pendler. Der Pendix eDrive ist geradezu ideal für sie. Morgens auf dem Weg zur Arbeit kann man sich ein wenig unterstützen lassen, um nicht verschwitzt im Büro anzukommen. Und auf dem Rückweg kann jeder sich so sehr fordern, wie er will und ohne E-Unterstützung ein abendliches Workout einlegen.
Soweit die Theorie. Und wie ist die Realität?
Christian Hennig:: (lacht) Naja, das Klischee besagt, dass die Ü50-Generation die meisten E-Bikes kauft, das trifft im Moment auch auf unseren Antrieb zu. Gerade durch das lernende System ist unser System besonders sicher, und das ergibt dann ja auch einen Sinn. Immer wieder lesen wir über ältere Menschen, die mit dem E-Bike zu schnell unterwegs sind und dadurch Unfälle bauen. Unser System stellt sich individuell auf das Tretverhalten ein, unterstützt proportional zur eingebrachten Kraft des Nutzers und verhindert so bestenfalls Unglücke, da die Nutzer nur Geschwindigkeiten erreichen, welche sie mit ihrer eigenen Kraft und etwas Unterstützung gut und sicher fahren können.
Und dann gibt es ja noch eine App….
Christian Hennig:: … na klar, heute geht ja gar nichts ohne dazugehörige App. Wir wollten unseren Endkunden weitere Funktionen bieten, allerdings ohne extra Hardware. Das wären ja nur wieder zusätzliche, fehleranfällige Komponenten gewesen. Warum also nicht auf das Smartphone zurückgreifen, das ja eh so gut wie jeder nutzt? Neben der Navigationsfunktion und diversen Streckeninfos liefert die App auch Daten zur Trittfrequenz im Verhältnis zur Unterstützungsstufe. Die hat im Fall unseres Direktantriebs einen großen Einfluss auf die Reichweite.
Wie sieht denn die Zukunft des Pendix eDrive aus?
Christian Hennig: In Zukunft möchten wir gern erreichen, dass die Nutzer die einzelnen Unterstützungsstufen über die App noch feiner einstellen und an ihre jeweiligen Bedürfnisse anpassen oder auch verschiedene Fahrprofile anlegen können. Dafür ist die Motorsteuerung gefragt. Dabei muss man auch die sich derzeit im stetigen Wandel befindlichen normativen Vorgaben im Blick haben, um mit allen neuen Funktionen auch die Richtlinien und gesetzlichen Bestimmungen einzuhalten.
[Text & Foto: Pendix]
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