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Interview Lasten E-Bike Lastenrad

Keine Kette, keine Schaltung am Seriell-Hybrid-Antrieb von Pendix. Ist das noch ein E-Bike?

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Die EU-Kommision sagt: Ja! Pendix-Technikchef Christian Hennig erläutert im Interview Funktion und Vorzüge des Antriebs.

Nach jahrelangen Debatten hat die Europäische Kommission im Februar Klarheit geschaffen: E-Bikes mit einem Seriell-Hybrid-Antrieb werden rechtlich als Fahrräder angesehen, und nicht als Autos. Auf der IAA mobility 2021 hatte auch Pendix erstmals einen solchen Antrieb vorgestellt. [VeloStrom berichtete]

Neben seinen Nachrüstmotoren möchte das Zwickauer Unternehmen mit dem Pendix eDrive IN vor allem den B2B-Bereich der Lastenräder ansprechen. Doch es gibt oft noch zahlreiche Fragen rund um dieses neue Antriebskonzept. 

Einige davon beantwortet uns Christian Hennig im Interview. Er ist Technikchef bei Pendix und war federführend an der Entwicklung des neuen Antriebs beteiligt. 

Geschäftsführer_ Christian Hennig © Pendix
Christian Hennig, Technikchef bei Pendix

Den Pendix eDrive IN gibt es als innovative Seriell-Hybrid-Variante und in Kombination mit einem Kettenantrieb, also einem mechanischen Antriebsstrang. Wie entstand die Idee?

Christian Hennig: Der Markt für Lastenräder wächst und wächst, die Bikes werden auch im professionellen Bereich immer gefragter. Daher haben wir uns Gedanken gemacht, wie wir den Anforderungen an einen elektrischen Antrieb speziell für diesen Einsatz gerecht werden können. Sowohl bei privat als auch bei gewerblich genutzten Rädern sollte die nötige Performance im Vordergrund stehen, um auch hohe Lasten sicher und komfortabel bewegen zu können. Natürlich spielt auch die Zuverlässigkeit eine wichtige Rolle, gerade, wenn ein Lastenrad als Autoersatz dienen soll.

Das neue Antriebssystem hat auf der IAA in München großes Aufsehen erregt. Warum?

Christian Hennig: Speziell das Seriell-Hybrid System ist um eine entscheidende Eigenschaft insbesondere für Lastenräder besser geeignet. Durch den Einsatz eines Tretgenerators entfallen alle mechanischen Verschleißteile des konventionellen Antriebsstranges wie Kette, Kettenblätter oder Ritzel. Das steigert die Zuverlässigkeit und verringert den Wartungsaufwand signifikant. Zudem kann der komplette Raum zwischen den Rädern genutzt werden.

Wie funktioniert die Seriell-Hybrid-Variante von Pendix?

Christian Hennig: Das System besteht grundsätzlich aus einem Tretgenerator, einem oder mehreren Antriebsmotoren und einem Akku. Am Tretlager sitzt der Tretgenerator, der die mechanische Tretbewegung des Fahrers in elektrische Energie umwandelt und diese dann direkt an die Antriebsmotoren in den Hinterrädern abgibt.

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Der Generator kann dabei ein Drehmoment erzeugen, um dem Fahrer so ein natürliches Tretgefühl zu vermitteln, sehr ähnlich dem eines konventionellen Rades. Zusätzlich zur eingebrachten Leistung des Fahrers wird aus einem Akku zusätzliche Energie an die Antriebsmotoren gegeben, um die nötige Performance zum sicheren und komfortablen Fortbewegen eines Lastenrads zu gewährleisten.

Wo sehen Sie die Einsatzmöglichkeiten für den neuen Antrieb?

Christian Hennig: Am ehesten sehe ich Einsatzmöglichkeiten in Lastenrädern, bei denen es darauf ankommt, den verfügbaren Bauraum bestmöglich zu nutzen. Gerade in neueren Fahrzeugkonzepten sieht man häufiger einen sehr aufwändig gestalteten Antriebsstrang mit teilweise bis zu vier hintereinander geschalteten Ketten, um die Kraft vom Fahrer mechanisch an die Hinterräder zu übertragen. Genau hier liegt ein großer Vorteil, da der Bauraum genutzt werden kann. Zudem entfallen auch viele Verschleißteile der mechanischen Kraftübertragung, die gerade bei intensiv genutzten Lastenrädern oft für ungewollte Standzeiten des Fahrrades sorgen.

Es gibt bereits andere Hersteller, die ebenfalls einen Seriell-Hybrid-Antrieb anbieten. Gibt es da wesentliche Unterschiede bei den Funktionen? Was sind die Vorteile Ihres Produktes?

Christian Hennig: Prinzipiell sind die Funktionsweise und der Funktionsumfang der verschiedenen Systeme recht ähnlich. Unser bisheriges Pendix eDrive-System wurde immer nach dem Prinzip „keep it simple“ entwickelt, dies setzen wir auch bei diesem Produkt fort. Generator und Antriebsmotoren basieren auf demselben Motorenkonzept und wurden der Funktion entsprechend optimiert. Wir bieten auch hier ein System an, bei dem die Komponenten aus einer Hand kommen und perfekt aufeinander abgestimmt sind. Funktionen wie Gangschaltung oder Rückwärtsfahren können künftig per Software gelöst werden. Natürlich wird auch bei diesem Produkt unsere bewährte Pendix.bike PRO App zur Anwendung kommen, um dem Fahrer nützliche Informationen, Individualisierungen beim Fahrprofil und Firmware-Updates-over-the-air liefern zu können und gleichzeitig die Service-Partner bei der Diagnose zu unterstützen.

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Der Zwischenring beim Pendix eDrive IN trägt die Speichen und verbindet den Motor mit dem Laufrad.

Ist das Fahrzeug am Ende eigentlich immer noch ein Pedelec?

Christian Hennig: Diese Frage lässt sich mit einem klaren „Ja“ beantworten. Nach einem jahrelangen Hin und Her hat die Europäische Kommission Anfang 2022 entschieden, dass Fahrräder mit seriell-hybridem Antriebssystem dem Fahrrad genauso gleichgestellt sind wie herkömmliche Pedelecs mit einem mechanischen Antriebsstrang. Zur Wahrung der Technologieneutralität spielt es dabei keine Rolle, ob das Fahrrad mit einer mechanischen Kette ausgestattet ist oder nicht – solange der Antrieb nur unterstützt und der Fahrer auch in die Pedale tritt. Für uns war unser neuer Antrieb schon bei der Entwicklung der nächste Schritt in der Fahrrad-Evolution. Wir sind deshalb froh, jetzt auch Rückendeckung aus Brüssel zu haben.

Vielen Dank für das Interview. Mehr Informationen zum antrieb sind online auf https://heckmotor.bike/ zu finden.

[Text & Fotos: Pendix]

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Alexander Theis

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