Cédric Tassan, professioneller Mountainbiker, Schriftsteller, Fotograf und Filmer war in Savoyen unterwegs. Hier ist sein Bericht.
Es ist lange her, dass ich in Savoie gefahren bin. Und als die Idee aufkam, in Beaufortain und Val d´Arly zu fahren, zögerte ich keine Sekunde. Der Berg dort ist so schön!
Die Wettervorhersage für dieses Wochenende verspricht tolles Wetter und so nehme ich meine 2 Freunde aus Saint-Cyr, JP und Thierry mit. Sie kennen Savoyen nicht, dies wird also eine Premiere für sie. Während der 2 Tage werden wir 2 benachbarte Gebiete mit unterschiedlichen Profilen entdecken.
Am Beaufortain, der unser erster Tag sein wird, dreht sich seit einigen Jahren alles um Downhill und Enduro. Ich war schon vor 10 Jahren dort, um das berühmte Devalbertville zu fahren. Seitdem wurden viele Tracks gelistet, das Enduro-Angebot ist deutlich gewachsen. Ich kann es kaum erwarten wieder da zu sein. Im Val d´Arly wird es etwas ruhiger zugehen. Aber das ist vollkommen in Ordnung, denn ich suche auch immer nach einfacheren Routen, besonders für meine Kinder.
Anreise
So oft ich mir die Wetterdaten ansehe ist weder ein Gewitter noch eine Wolke am Horizont, strahlender Sonnenschein. An der Küste werden die Temperaturen leicht 30 Grad überschreiten, in den Bergen wird es zweifellos kühler sein. Es ist wahr, dass Savoy für uns, die wir aus dem Süden kommen, nicht das erste Ziel ist, an das wir denken. Tatsächlich strömen die Biker eher in die Gebiete der Südalpen, die näher liegen. Bis zu unserm Ziel hingegen brauchen wir etwas weniger als 5 Stunden, dann haben wir unser Hotel auf der Seite Arêches-Beaufort erreicht. Wir kommen am Ende des Tages dort an. Das kleine Dorf ist friedlich, die Temperatur sehr angenehm. Wir beziehen unsere Zimmer im „Christiania“, einem schönen Hotel mit einem sehr freundlichen Empfang. Der Abend wird angenehm, aber nicht zu lang. Denn wir stellen für morgen auf 4:45! Ja, wir möchten für den Sonnenaufgang bereits an der Spitze von Roche Parstire sein.
Video
Der nächste Morgen
Obwohl wir nicht trödeln ist es ist schon hell, bevor wir unser Ziel erreichen. Wir müssen uns beeilen, um den Kamm zu erreichen, bevor die Sonne sich hinter dem Mont-Blanc zeigt. Als wir auf dem Kamm von Roche Parstire ankommen, ist es kühl, es gibt bereits Frost auf dem Weg. Wir sind auf einer Höhe von 2100 m, der Blick über das Dach Europas ist beeindruckend! Der Roselend-See am Talgrund zeigt einen bleiernen Farbton. Wie ein Spiegel reflektiert er die ersten Sonnenstrahlen. Die Atmosphäre ist unbeschreiblich, in der stillen Luft hört man nur leichtes Kuhglocken-Geläut – sonst stört kein Laut diesen fast mythischen Augenblick. Es war die Mühe und das frühe Aufstehen wert!
Im goldenen Licht der aufgehenden Sonne wird es schnell warm und wir ziehen schnell unsere Jacken aus. Und dann geht es an die Abfahrt. Der Trail ist einfach prächtig und wir lassen es laufen. Weiter unten tauchen wir in den Wald ein, der Weg wird holpriger, Wurzeln und Steine wecken uns auf. Aber je mehr es werden, je mehr Spaß macht es, je schneller sind wir unterwegs. Ein kleines Juwel! Die Haarnadeln folgen einander und schneller als gedacht sind wird in Arêches. Dort warten wir geduldig auf die Eröffnung des Grand Mont Sessellifts, um den Cuvy-Gipfel zu erreichen. Von dort, raten uns die Einheimischen, die „L’Ami“-Route zu nehmen. Und das war eine schöne Überraschung! Nach einem Start auf den Bergwiesen, stürzt sich der Single-Trail in den Wald, ist es ein Fest! Auf Unten, nach mehr als 500m Höhenunterschied, überrascht uns eine Passage mit Fußgängerbrücken über eine Feuchtwiese.
Wir fahren wieder mit dem Sessellift in Richtung Col de la Grande Combe. Nach einem guten Aufstieg und einer Portage ist der Pass erreicht. Der Blick hinter uns auf den Mont Blanc ist fantastisch! Vor uns liegen die Bergwiesen soweit das Auge reicht!
Diesmal folgen wir den Schildern „Alle Richtungen“.
Nach langen Überfahrten über große Flächen, gefolgt von einem sehr sportlichen Aufstieg begeben wir uns auf einen langen Balkonweg und sehen aus der Vogelperspektive auf das Tal von Albertville. Die Abfahrt wird bald beginnen, es warten noch 1.600m Höhenunterschied, bis zum Ziel! Aber Vorsicht, dieser Downhill hat es in sich! Nach einer Reihe von engen Kurven geht der Weg schnell, es gibt keine technischen Schwierigkeiten, ein echter flowiger Trail! Doch es wird schnell, man muss konzentriert und präzise bleiben. Dies ist ehrlich gesagt einer der besten Trails, die ich in den Alpen gefahren bin!
Unten angekommen sind wir schon etwas müde. Wir fahren zum Mittagessen zum Queige See. Für unsere letzte Abfahrt bringt uns das Shuttle nach Les Saisies, dann steigen wir zum Mont Bisanne auf. Das Licht beginnt zu verblassen. Ein frischer Wind weht über den Kamm, wir steigen ein paar Minuten ab, um Schutz zu suchen und ein kleines improvisiertes Nickerchen zu machen. Soviel Zeit muss sein, denn wir haben noch einen langen Weg vor uns.: „UTB“, so heißt der Trail, bietet mehr als 1300 m Höhenunterschied! Nach dieser kurzen Pause rüttelt uns der erste Teil mit Wurzeln und Aufbrüchen wieder wach. Je weiter es nach unten geht, je wacher werden wir. Das Licht im Wald ist großartig, der Trail wirklich außergewöhnlich.
Es ist schon spät, als wir zum Val d´Arly fahren.
Am Abend erreichen wir das Ende des Gebiets in dem kleinen Dorf La Giettaz. Die Atmosphäre am Fuße dieser Kalksteinmauern ist beeindruckend. Wir essen schnell zu Abend und gehen dann ins Bett. Am nächsten Tag steigen wir auf die Höhen des Col des Aravis. Die Strecke unter dem Gipfel von Etale bietet ein unglaubliches Panorama auf das Mont-Blanc-Massiv. Was für eine Aussicht!
Wir verlassen den Weg, um einen Pfad zu nehmen, der sich unter den Klippen kreuzt. Weiter geht es zum Mont-Blanc auf einem perfekten Höhenweg. Diese kleine Variante ist wirklich außergewöhnlich. Nach dem Croix des Frêtes erreichen wir den gleichnamigen Schafstall. Dort machen wir zum Klang der Kuhglocken eine Pause. Wie am Tag zuvor besteht das Mittagessen aus Käse, Salami und frischem Brot, alles von ansässigen Anbietern. Nach der Pause geht es behutsam weiter: Der Hang ist ziemlich steil, wir schieben unsere Fahrräder zum Stata-Kreuz. Uns erwarte eine unglaubliche, atemberaubende Aussicht auf das Val d´Arly und das Mont-Blanc-Massiv! Undimmer noch keine Wolke am Horizont! Wir gehen auf den Kämmen nach links, der Weg ist großartig und verläuft im dichten Gras.
Nach einem leicht steilen Aufstieg erreichen wir einen Pass und damit den Beginn unseres Tracks.
Der Weg ist einfach, gut zu fahren, ideal auch für weniger geübte Biker. Dies ist die Besonderheit dieses Gebiets, denn es spricht Mountainbiker aller Skill-Levels an. Im Val d´Arly legt man auch viel Wert auf E-MTB‘s. Mehrere Routen sind markiert und an diese Bikes angepasst. Gelegentlich gibt es Schilder mit Blitzsymbolen. Tatsächlich kreuzen wir diese Wege mehrmals mit „Ebikern“. Weiter unten verbreitert sich der Abstieg, der Weg ist leicht, endet auf einem Waldweg und dann auf einer kleinen Straße, die uns zum Weiler Chaucisse führt. Was für ein idyllischer Ort mit seiner typischen savoyischen Kirche! Das ganze Jahr über leben hier nur etwa 30 Einwohner. Wir nutzen die Gelegenheit, um uns am Dorfbrunnen zu erfrischen und die Wasserreserven aufzufüllen. Dann geht es hinunter nach Flumet. Im Tal ist es deutlich wärmer als auf den Kämmen, an einer schönen Stelle beschließen wir, im Fluss zu baden, das Wasser ist nicht sehr kalt. Wir rasten noch ein wenig im Schatten, genießen fast eine halbe Stunde die Natur um uns!
Um diesen Tag zu beenden, beschließen wir, in Richtung Crest-Voland zu „klettern“. Wir möchten die außergewöhnlichen Panoramen und die schönen Farben des Abends auf dem Mont-Blanc-Massiv genießen. Dort oben in einer frischen Atmosphäre fahren wir gemütlich auf dem Track und treten schließlich leise, fast andächtig vor diese unglaublichen Landschaften und das sagenhafte Licht. Das ist das faszinierende am Radfahren: Man bewegt sich in der freien Natur, erlebt atemberaubende Landschaften, lässt sich mitreißen von flowigen Trail, genießt es einfach, draußen zu sein.
Wir erreichen die Kämme des Mont de Vorès, nehmen uns Zeit und bewundern die höchsten Gipfel der Alpen. Die Sonne steht tief, ein wenig Luft trocknet unsere Kleidung. Savoy hat uns 2 unglaubliche und sehr unterschiedliche Tage geschenkt.“
ANREISE: Val d´Arly und Beaufortain haben Ugine und Albertville als Einstiegspunkte. Sie können mit dem Zug zum Bahnhof Albertville fahren.
Infos:
https://www.valdarly-montblanc.com
https://areches-beaufort.com
https://www.lessaisies.com
beaufortain-vtt.com
lebeaufortain.com
[Text & Fotos: Cédric Tassan, Übersetzung: Alexander Theis]
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