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Ratgeber: Alles Wissenswerte zum Radweg

Lesezeit etwa 6 Minuten

Autos gehören auf die Straße, Radfahrer auf den Radweg. Soweit die allgemeine Meinung. Doch diese stimmt nur bedingt. Radfahrer dürfen in der Regel auch die Fahrbahn benutzen.

Der pressedienst-fahrrad gibt einen Überblick, wie die aktuelle rechtliche Situation ist und warum immer mehr Kommunen die sogenannte Radwegebenutzungspflicht aufheben.

Wo dürfen Radfahrer fahren?

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Diese Frage sorgt immer wieder für Konfliktpotenzial zwischen Auto- und Fahrradfahrern. Was auf den ersten Blick eigentlich einfach erscheint, erweist sich auf den zweiten als ein rechtlich spannendes Feld.

Das beginnt bereits bei der Definition: Unter den Begriff Straße fallen nämlich sowohl Radweg als auch die Fahrbahn für Autos. Deshalb gilt es eigentlich zwischen Radweg und Fahrbahn zu unterscheiden, denn auf der Straße fahren beide.

Hinzu kommt, dass in deutschen Kommunen die sogenannte Radwegebenutzungspflicht immer weiter abgeschafft wird. Laut einer neuen Studie der Unfallforschung der Versicherer (UDV) zum Thema „Aufhebung der Benutzungspflicht von Radwegen“ haben von 365 befragten Stadtverwaltungen etwa zwei Drittel ihre Radwege bereits auf die Notwendigkeit einer Benutzungspflicht überprüfen lassen – oder zumindest damit begonnen. In mehr als der Hälfte dieser Kommunen wurde die Benutzungspflicht nach der Überprüfung bereits aufgehoben. Die Frage ist also allgegenwärtig: Wo dürfen Radfahrer fahren?

„Was viele nicht wissen: Eine generelle Radwegebenutzungspflicht gibt es in Deutschland nicht. Diese wurde durch die StVO-Novelle von 1998 abgeschafft“, erklärt Franziska Klöpf, Rechtsanwältin für Fahrradrecht bei der Hamburger Rechtsberatung Bikeright.

Radfahrer dürfen selbst entscheiden, ob sie auf der Fahrbahn fahren oder einen baulich getrennten Radweg neben der Fahrbahn benutzen wollen.

„Die Ausnahme ist, wenn durch ein Schild die Benutzung des Radweges vorgeschrieben wird“, so Klöpf weiter. Ausschlaggebend hierfür sind die blauen Verkehrszeichen 237 (Radweg), 240 (gemeinsamer Fuß- und Radweg) sowie 241 (getrennter Fuß- und Radweg). „Ist der Beginn des Radweges durch ein derartiges Schild gekennzeichnet, muss der Radfahrer den Radweg auch benutzen und hat auf der Fahrbahn nichts mehr verloren. Ansonsten drohen Bußgelder bis 30 Euro“, unterstreicht Klöpf.

Normalerweise wird der Radweg in Fahrtrichtung rechts benutzt.

Linke Radwege dürfen nur befahren werden, wenn sie entsprechend durch ein blaues Schild als benutzungspflichtig gekennzeichnet sind. Bei einem Zusatzschild „Radfahrer frei“, das oft im Verbund mit einem blauen Fußwegschild zu finden ist, darf der Fuß- auch als Radweg benutzt werden, eine Verpflichtung besteht aber nicht.

Benutzungspflicht nur bei Gefahrenlage

Während gerade in den 1970er-Jahren Radwegschilder in deutschen Städten überall aufgestellt wurden, wurde in den letzten Jahren hingegen daran gearbeitet, die Schilder vermehrt wieder abzubauen.

„Die Erkenntnis ist gewachsen, dass das Radfahren auf baulich abgegrenzten Radwegen nicht so sicher ist, wie es scheint. Gerade beim Abbiegen entstehen immer wieder Gefahrensituationen, weil Autofahrer Radfahrer übersehen. Wenn es die Situation erlaubt, sollten Radfahrer deshalb auf der Fahrbahn fahren dürfen“, findet Andreas Hombach von Stadtmöblierer WSM, der sich mit dem Thema Verkehrsplanung in deutschen Städten intensiv beschäftigt. Dabei sollten allerdings Autofahrer auch auf Radfahrer achten und vor allem mit dem gebührenden Abstand überholen.

Damit ein Radweg überhaupt als benutzungspflichtig gekennzeichnet werden darf, muss eine bestimmte Gefahrenlage nachgewiesen sein. Das kann z. B. eine innerstädtische Straße mit 50 km/h Geschwindigkeit und einem hohem Verkehrsaufkommen sein.

„In Tempo-30-Zonen oder in Wohngebieten ist die Gefahrenlage für Radfahrer hingegen geringer. Hier kann auf eine Benutzungspflicht verzichtet werden“, so Hombach weiter. Er befürwortet deshalb, dass die Kommunen ihre Radwege jetzt nochmals überprüfen.

Studie: Nach der Aufhebung der Benutzungspflicht keine wesentliche Veränderung des Unfallrisikos

Die oben genannte Studie der UDV zeigt, dass nach der Aufhebung der Benutzungspflicht keine wesentliche Veränderung des Unfallrisikos auftritt. Die Studienmacher führen das darauf zurück, dass die nicht benutzungspflichtigen Radwege immer noch von einer großen Mehrheit der Radfahrer genutzt werden. Gerade bei breiten Radwegen sowie bei Fahrbahnen mit viel Kfz-Verkehr würden Radfahrer aus Sicherheitsgründen den Radweg bevorzugen.

Flächendeckend Tempo 30 einzuführen wäre eine Möglichkeit, die Sicherheit für Radfahrer zu erhöhen. Dieser Vorschlag genießt gerade bei Radfahrerverbänden eine hohe Popularität. Auch sollten die Mittel für die Investitionen in Radanlagen nicht gekürzt werden, nur weil die Benutzungspflicht aufgehoben ist.

Vorhandene und neue Radverkehrswege müssen unabhängig der Benutzungspflicht regelkonform gestaltet werden.

Dazu zählt auch, dass die Radwege die zusätzliche Mindestbreite von 1,50 Meter aufweisen, bei gemeinsamen Rad- und Fußwegen innerorts sogar 2,50 Meter.

Trotz Beschilderung muss jedoch nicht auf jedem Radweg gefahren werden:

Geschlossene Radfahrgruppen von mindestens 16 Teilnehmern müssen auf der Fahrbahn fahren.

Und auch der Zustand des Radweges entscheidet, ob ein Ausweichen auf die Fahrbahn erlaubt ist: Bei Schnee und Eis darf z. B. auf die Fahrbahn gewechselt werden. Gleiches gilt bei Wurzeln, stark beschädigtem Untergrund oder parkenden Autos.

Auch die Breite des Radweges spielt eine Rolle: Erfüllt er nicht die Mindestbreite oder ist er versperrt bzw. nicht erreichbar, dürfen Radfahrer auf die Fahrbahn ausweichen.

„Gerade mit einem Anhänger kann es öfters vorkommen, dass man den Radweg nicht nutzen kann, weil er z. B. durch eine Umlaufsperre nicht erreichbar ist. Dann ist ein Ausweichen vorgeschrieben“, weiß Hanna Gehlen vom Anhängerspezialisten Croozer.

Die Ausnahme gelte im übrigen auch für Liegedreiräder, wie Alexander Kraft von HP Velotechnik bestätigt.

Besondere Regelungen für Kinder

Anders als lange Zeit gültig, dürfen seit Dezember 2016 auch Kinder unter acht Jahren einen baulich abgetrennten Radweg benutzen.

„Auf die Fahrbahn gemalte Radwege sind aber weiterhin tabu. Wenn kein Radweg vorhanden ist, müssen Kinder bis acht und dürfen Kinder bis zehn Jahren auf dem Gehweg fahren“, sagt Guido Meitler vom Kinderfahrzeughersteller Puky.

Eine Ausnahme gibt es dabei für Eltern: Eine Aufsichtsperson ab 16 Jahren darf das Kind auf dem Gehweg begleiten. „Auf Fußgänger muss dabei natürlich erhöhte Rücksicht genommen werden“, so Meitler.

S-Pedelec-Fahrer dürfen seit 2017  generell gar nicht auf dem Radweg fahren.

Ein S-Pedelec vor einem Radweg
Mit dem S-Pedelec auf den Radweg? 

Die Elektroräder mit einer Unterstützung von maximal 45 km/h haben ein Versicherungskennzeichen und fallen deshalb unter die Gruppe der Kleinkrafträder. Auf ohnehin unzureichender Infrastruktur wie sehr schmalen Radwegen innerorts kann das durchaus sinnvoll erscheinen – auf gut ausgebauten Fahrradstraßen, baulich getrennten Radstreifen oder Überland-Radwegen neben Bundesstraßen erscheint der Bann widersinnig.

Vielmehr könne man auch von S-Pedelec-Fahrern eine an örtliche Begebenheiten angepasste Fahrweise erwarten, sind sich einige Branchenvertreter einig.

Radfahrer keine diffuse, homogene Gruppe

Es wird immer deutlicher: Radfahrer sind keine diffuse, homogene Gruppe. Sie haben aufgrund ihrer unterschiedlichen Fähigkeiten andere Geschwindigkeiten und darum unterschiedliche Anforderungen an den Straßenraum. Kommunen haben durchaus die Möglichkeit, ortsbezogene Infrastrukturmaßnahmen durchzuführen und den Bedürfnissen der Gesellschaft anzupassen. Teilweise tun sie das auch schon – wir stehen aber noch ziemlich am Anfang.

[Text: PDF, Fotos: PD-F ]

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Alexander Theis
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