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Test E-Bike Curt von Ampler: Schwarzer Muntermacher 

Lesezeit etwa 11 Minuten

Das Ampler Bike Curt war bei VeloStrom zu Gast. Wie fährt sich das coole Urban-Bike und für wen ist es am besten geeignet?

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Das Ampler Curt war bei VeloStrom zum Test (Klicken zum Vergrößern).

Seit 2016 bereichern die Bikes von Ampler aus Estland die Pedelec-Szene. Die Bikes sollen Pendler ansprechen und bestechen durch ein cleanes Design: Das fehlende Bedienteil und der integrierte Akku sorgen dafür, dass die Pedelecs nicht auf den ersten Blick als solche zu erkennen sind, das geringe Gewicht erleichtert das Handling. 

Die Räder werden im Direktvertrieb vermarket und bieten deshalb ein sehr gutes Preis-Leistungsverhältnis. 

Nach dem Stout im letzten Jahr war jetzt das Ampler Curt mit 10fach-Schaltung bei VeloStrom zum Test.

Auspacken

Ampler hat sich viele Gedanken um das Thema „Direktvertrieb“ gemacht, das merkt man schon beim Öffnen des Kartons: Auf der Innenseite des schmalen Deckels ist die Doku aufgedruckt, wie das Bike fahrbereit zu machen ist. Das ist in wenigen Augenblicken erledigt: Lenker gerade stellen, Reflektoren montieren, Pedale anschrauben und eventuell Sattelhöhe anpassen ist alles, was der Kunde erledigen muss um das E-Bike fahrbereit zu machen. 

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Ladegerät, Pedale, Reflektoren, wertiges Werkzeug: Umfangreicher Lieferumfang bei Ampler (Klicken zum Vergrößern).

Selbst das Werkzeug wird von Ampler mitgeliefert. Statt, wie bei manch anderem Hersteller, in einem schmucklosen Plastiktütchen ist das für Ampler typische, umfangreiche Werkzeug in durchaus guter Qualität in einer kleinen, schmucken Werkzeugkiste aus Holz untergebracht, die durchaus auch im heimischen Bücherregal einen guten Eindruck machen würde.

Der Akku ist geladen und für eine erste schnelle Runde um den Block müsste noch nicht einmal das Smartphone per Bluetooth mit dem Bike gekoppelt werden: Über den Taster an der linken Seite des Sattelrohrs kann das Rad ebenfalls bedient werden. Ein Tipp schaltet das Rad ein, ein weiterer wechselt die Unterstützungsstufe, wovon es zwei gibt: „Normal“ (25 km/h, 250 W, 100% Unterstützung) und „Boost“ (25 km/h, 250 W, 150% Unterstützung). Mit einem etwas längeren Druck wird das Licht ein bzw. ausgeschaltete und mit einem deutlich längeren Druck das System wieder ausgeschaltet. Die beim Ausschalten aktive Unterstützungsstufe wird praktischer weise beibehalten.

Nach kurzer Zeit geht das Bedienen dann auch ohne App zügig von der Hand.

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Bedientaster und Ladebuchse am Ampler Curt (Klicken zum Vergrößern).

Die LED zeigt beim Einschalten des Amplers übrigens auch den Ladezustand des im Rahmen verbauten Akkus an:

0-10% Rot, blinkend 
10-50% Übergang von Rot zu Gelb
50-75% Übergang von Gelb zu Grün
75-100% Grün

Apropos Ladezustand: Direkt unterhalb des Tasters befindet sich die Ladebuchse mit magnetisierter Rosenberger-Buchse, für mich immer noch die bequemste und komfortabelste Art, ein Pedelec zu laden. Denn durch die Magnetisierung finden Buchse und Stecker des Ladegerätes ohne Fummelei spielend fast selbsttätig zueinander, Verpolen ausgeschlossen.

Das Curt ist in mattem schwarz gehalten, das sorgt für einen dezenten, unprätentiösen Auftritt. Die sehr schlanke Silhouette, die Hochkammerfelgen mit den 32mm schmalen Conti Grand Prix 4season und die Sattelüberhöhung deuten an: Hier steht ein urbaner Sportler.

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Die schmalen Schutzbleche reichen tief hinunter (Klicken zum Vergrößern).

Die schmalen Conti-Reifen werden von kaum breiteren Schutzblechen (und das ist hier wörtlich zu nehmen) überspannt, die vergleichsweise weit nach unten gezogen sind um Hosenbeine vor Spritzwasser zu schützen. Prima mitgedacht! Das Rücklicht versteckt sich in der Sattelstütze und stört die schlanke Linie nicht.

Gepäckträger und Seitenständer fehlen allerdings, die Produktverantwortlichen haben vieles dem sportlichen Gedanken untergeordnet. 

Mit nur 14,41 kg ist das Ampler Curt beeindruckend leicht für ein Pedelec!

Aufsitzen

ampler_curt_griffeSchon beim ersten Probesitzen fällt auf: Die Optik täuscht keineswegs. Die Sattelüberhöhung sorgt für eine eher gebeugte Sitzposition. Die Hände fallen buchstäblich auf die geraden Schraubgriffe deren dünner Schaumstoffbezug eine erstaunliche angenehmer Dämpfung bietet, der gerade Lenker ist nicht zu breit. Man meint das Bike flüstern zu hören: „Geht’s los?“.  

Auf den ersten Metern wird klar: Ja, hier ist man auf einem sportlichen Pedelec unterwegs. Jedoch kann man nicht von übertriebener Härte sprechen, trotz fehlender Federelemente. Natürlich ist das Ampler Curt keine Sänfte, aber das will es auch gar nicht sein. Es bietet aber noch einen ausreichenden Restkomfort, so dass auch längere Fahrten möglich sind.

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Rücklicht in der Sattelstütze (Klicken zum Vergrößern).

Vorausgesetzt man erinnert sich wieder daran, wie man vor dem Einzug von breiten Reifen und Federgabeln beim Fahrrad unterwegs war: Vor Bordsteinkanten aus dem Sattel gehen, das Vorderrad leicht anheben und so weiter.  

Ist der Straßenbelag eben und in gutem Zustand zieht das Rad wie an der Schur gezogen seine Bahn. Der gerade Lenker ermöglicht auch schnelle, zackige Richtungswechsel für den Fall, dass doch etwa ein Schlagloch auftauchen sollte oder ein Autofahrer vielleicht die Tür aufreißt.

Die Steckachse an der Carbongabel bietet viel vertrauenerweckende Stabilität, gerade auch beim Bremsen.

Antreiben

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Hecknabenmotor beim Ampler Curt (Klicken zum Vergrößern).

Wie alle Ampler verfügt das Curt über einen Hecknabenmotor mit Getriebe. Das hält die Baugröße gering, der Motor könnte auch für eine Getriebenabe gehalten werden. Im direkten Vergleich mit einem Brose-Mittelmotor gefahren muss man jedoch auf dem Ampler gerade im oberen Geschwindigkeitsbereich fühlbar mehr Arbeiten um mithalten zu können. Das ist der geringen Baugröße des Antriebs beim Curt geschuldet, Physik lässt sich schwer überlisten. Die Ausführung als Getriebemotor sorgt jedoch für unvermeidliche Geräusche, die sich aber in unauffälligem Rahmen halten und bei geringer Last kaum ans Ohr dringen. 

Die Sensorik des Antriebs ist reaktionsschnell und sensibel. Selbst beim Start im Eco-Modus reagiert der Antrieb sofort und kraftvoll auf den Pedaldruck, bleibt trotzdem stets gut kontrollierbar. Das Curt überfordert auch Pedelec-Neulinge nicht.

Apropos Pedale: Die breiten Plattformpedale bieten den Sohlen dank stählerner Pins guten Halt, dürften auf Dauer jedoch an den ledernen Sohlen von Businessschuhen bleibende Spuren hinterlassen. 

Wie gesagt verfügt das Ampler über zwei Unterstützungsmodi. Wer die bis zu fünf Modi anderer Antriebshersteller kennt, dem mag das vielleicht zu wenige vorkommen. In der Praxis habe ich bei mir festgestellt, das ich auch bei anderen Antrieben meist nur zwei Unterstützungsstufen nutze: Üblicherweise die beiden oberen. Den meisten anderen Pedelecfahrern, die ich kenne, geht es ebenso. Insofern ist die Beschränkung von Ampler auf zwei Stufen eigentlich eher eine Erweiterung: Denn dadurch wird selbst die Bedienung mit nur einem Sensortaster einfach und unkompliziert. Tatsächlich habe ich keine Unterstützungsstufe vermisst. 

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Das Ampler Curt verfügt über eine leichte Carbongabel und fixiert das Laufrad mit einer Steckachse (Klicken zum Vergrößen).

Was ich jedoch vermisst habe waren ein Gepäckträger und vor allem ein Seitenständer. Klar, optisch stören beide Teile die sportliche Linie und sind deshalb bei vielen Radsportlern verpönt. Doch für mich ist beides bei einem Commuterbike unverzichtbar. Denn ich bin ungern längere Strecken mit Rucksack unterwegs und finde es einfach nervig beispielsweise beim kurzen Halt beim Bäcker eine Möglichkeit suchen zu müssen, das Rad irgendwo anzulehnen. 

Zum niedrigen Gewicht trägt, neben der steifen und leichten Carbongabel, sicherlich auch der mit 336 Wh vergleichsweise „kleine“ im Unterrohr fest verbaute Akku bei. Denn weniger Kapazität bedeutet weniger Zellen und damit auch weniger Gewicht. Trotzdem sollte die Reichweite mit auch in größter Unterstützungsstufe dem Anwendungszweck mehr als angemessen sein. Das gilt für die verbaute Shimano-Deore M6000-Kettenschaltung und auch die hydraulischen Scheibenbremsen der gleichen Shimano-Gruppe waren den gestellten Anforderungen immer gewachsen. 

Appen

ampler-curt-screenshot-appDie Ampler-App überrascht mich einmal mehr positiv. Wie schon beim Ampler Stout klappt das Pairing mit dem Rad problemlos, die App-Funktionen erschließen sich intuitiv. Man kann die beiden Unterstützungsstufen an die persönlichen Vorlieben anpassen, erfährt wie schnell oder weit man gerade unterwegs ist, wie es dem Akku gerade geht und kann sich auch routen lassen.

Ampler versicherte auf Nachfrage dass die App nicht „nach Hause“ telefoniert und keinerlei Daten des Nutzers auf den Server des Herstellers landen.

Ganz unabhängig davon finde ich es besonders praktisch, dass man das Curt auch ohne die App bedienen und nutzen kann (s. oben). Denn erstens stört ein an den Lenker gepinntes Smartphone meiner Meinung nach die Designlinie und zweitens ist die Befestigung meist mit Fummelei verbunden.

Fazit 

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Mit nur 14,41 kg ist das Ampler Curt beeindruckend leicht für ein Pedelec! (Klicken zum Vergrößern)

Das Ampler Curt ist ein elegantes, ehrliches, leichtes Pedelec für den urbanen Raum. Und der kann, dank der Wahlmöglichkeit einer 10fach-Schaltung, auch gerne etwas hügeliger sein.

Im Vergleich zum Stout ist das Curt deutlich mehr in Richtung „sportlich“ getrimmt, und das bezieht sich nicht nur auf den fehlenden Ständer oder den ebenfalls abwesenden Gepäckträger. Auch vom Fahrverhalten ist es flinker als sein Kumpel aus dem gleichen Stall, wobei dieser auch nicht gerade schwerfällig war.

Curt glänzt mit einer sinnvollen Ausstattung, fast schon luxuriösem Lieferumfang und einer wirklich tollen Verarbeitung. Das ganze dann durch den Direktvertrieb für den Knallerpreis von 2.890€ (Stand: 29.08.2019) . Tolle Leistung, Ampler!

Meiner Meinung nach ist das Curt vor allem für den stilbewussten, urbanen Pendler geeignet, der ein sportliches Rad mit cleanem Look sucht und auf Understatement Wert legt. Denn das Ampler Curt hat es faustdick unter dem schwarzen Lack.

Mehr Infos: https://amplerbikes.com.

Über Ampler:

Mit tausenden verkauften und gelieferten E-Bikes seit Amplers Markteinführung in 2016, verfolgt die Direktvertriebsfirma stetig ihre Mission, mit ihren leichten und agilen E-Bikes eine bessere Pendlererfahrung zu schaffen. Zurzeit arbeiten für Ampler 36 Menschen in  zwei Büros in Berlin und Tallinn. Der Ampler Bikes Showroom und Flagshipstore befindet sich im lebendigen Berliner Bezirk Prenzlauer Berg in der Kollwitzstraße 47. Dieser ist Dreh- und Angelpunkt für alle deutschen und zentraleuropäischen Abwicklungen, außerdem Ort für Ladenverkäufe, Testfahrtencenter und Servicewerkstatt.

Mit 6,5 Millionen Umsatz seit Juli 2017 ist das Unternehmen nach knapp 24 Monaten bereits profitabel. Das Team ist in dieser Zeit von acht auf 36 Mitarbeiter angewachsen, mehr als 3.500 Ampler E-Bikes sind auf den Straßen unterwegs. Demnächst wird Ampler ein neues Montagewerk in Jüri in Estland beziehen. Allein in den ersten sieben Monaten 2019 verzeichnete das Unternehmen einen Umsatz von 3,9 Millionen und damit ein 120-prozentiges Wachstum seit 2018.

Um dieses Firmenwachstum zu unterstützen und die Wachstumsrate von 100% jährlich bei gleichzeitiger Profitabilitätssteigerung beizubehalten sowie die Produktionskapazitäten innerhalb von drei Jahren auf 25.000 Fahrräder jährlich zu steigern läuft derzeit eine überaus erfolgreiche Crowdfunding-Kampagne. Mit dem ersten Teil der Kampagne, die zunächst sieben Tage lang nur ausgewählten Partnern zugänglich war, konnte sich Ampler Bikes auf Funderbeam bereits 913.000 Euro frisches Kapital sichern. Die Mindestsumme von 500.000 Euro wurde dabei in nur knapp 26 Stunden erreicht. Angestrebt wird ein Zielbetrag von 2,5 Millionen Euro bis zum 12. September 2019.

Weitere Informationen zur Kampagne gibt es unter https://www.funderbeam.com/syndicate/ampler-bikes3

[Text [at], Fotos: VeloStrom]

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Mein Dank geht an Ampler für das für den Test kostenfrei zur Verfügung gestellte Rad.

Alexander Theis
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