Harley-Davidson baut E-Bikes?! Irgendwie schon. Lest hier, wie sich das Serial 1 im Alltagstest geschlagen hat.
Harley-Davidson und E-Bikes – zuerst war ich auch skeptisch, als die ersten Informationen im Herbst 2020 zum E-Bike auftauchten. Sollte das ein ähnlicher, halbherziger Versuch sein, wie ihn einige Autohersteller schon unternommen hatten? Das wollte ich mit dem Test des Serial 1 Rush/Cty herausfinden – mit überraschendem Ergebnis.
Harley-Davidson beschreitet mit dem Serial 1 jedoch einen anderen Weg als beispielsweise BMW oder Ford mit den E-Bikes. Denn statt einfach nur ein Pedelec ins Portfolio aufzunehmen wird die Marke Serial 1 gegründet, die, ähnliche wie Buell seinerzeit bei den Motorrädern, eigenständig auftreten wird.
Beim Vertrieb vertraut man auf die gewachsenen Strukturen der Harley-Davidson Händlerschaft. Doch ob alle Harley-Owner sich von E-Bikes begeistern lassen oder umgekehrt alle Interessenten für ein Serial 1 E-Bike sich in die Harley-Davidson-Stores begeben werden? Das wird die Zeit zeigen.
Clevere Markeneinführung
Harley-Davidson hat sehr viel Erfahrung mit der Einführung und der Präsentation neuer Modelle. Das merkte man auch an der Art und Weise, wie Serial 1 vorgestellt wurde. Denn anstatt das Bike direkt zu zeigen wurde eine Art seriennahes Custom-Bike präsentiert, das später als Modell Mosh/Tribute sogar tatsächlich fast genau so zu kaufen war.
Das führte bei mir naturgemäß zu vielen Spekulationen, von denen sich einige bestätigten.
Mit Hilfe einiger am E-Bike verbauter markentypischer Stilmittel sollte die Brücke vom ersten Motorrad zum ersten e-Bike der Marke geschlagen werden und damit eine Art historische Aufladung des Markennamens erfolgen: Der Name “Serial 1 Cycle Company” entstammt dem „Serial Number One“, dem Spitznamen des ältesten, noch bekannten Harley-Davidson-Motorrads.
E-Bikes von Harley-Davidson: Verspekuliert?
Aaron Frank, Markendirektor der Serial 1 Cycle Company sagte dazu: „Als Harley-Davidson 1903 zum ersten Mal einen Zweiradantrieb entwarf, änderte dies dauerhaft die Art, wie sich die Welt fortbewegte. Inspiriert von der unternehmerischen Vision der Gründer von Harley-Davidson hoffen wir, mit einem E-Bike von Serial 1 erneut zu verändern, wie sich Radfahrer und solche, die Neugier am Radfahren zeigen, in ihrer Welt fortbewegen.“ Und weiter: „Serial 1 sich ausschließlich auf den E-Bike-Kunden konzentrieren und ein unvergleichliches Radfahrerlebnis bieten kann, dessen Wurzeln in der Freiheit und im Abenteuer liegen.“
Als eines der ersten Unternehmen, setzt Serial 1 „Intelligent Product Essentials“ von Google ein. Mit der Hilfe der neuen Lösung aus der Google-Cloud soll eine Benutzer-App und entsprechende Konnektivitätsfunktionen neu entwickelt werden. Die soll es den Kunden ermöglichen, das eBike-Erlebnis zu personalisieren und das besser als andere Lösungen:
Durch die Nutzung der Expertise von Google Cloud in den Bereichen KI und Analytik ermöglicht „Intelligent Product Essentials“, sowohl integrierte als auch mobile Technologielösungen zu entwickeln, die Kunden, eBikes und Kundendienstanbieter in Echtzeit intelligent miteinander verbinden.
„Unsere Partnerschaft mit Google Cloud hilft uns bei der Verwirklichung unserer Vision, die Art und Weise, wie sich die Welt fortbewegt, zu verändern. Und gleichzeitig hilft sie uns, unsere Kunden zu begeistern“, so Jason Huntsman, Präsident von Serial 1. „Diese Partnerschaft ermöglicht es uns, unsere Vision schnell und effizient umzusetzen.“
„Wir bei Serial 1 haben uns zum Ziel gesetzt, den einfachsten und intuitivsten Weg zu schaffen, um den Spaß, die Freiheit und das Abenteuer des Fahrens mit einem Elektrofahrrad mit Tretunterstützung zu erleben“, ergänzt Aaron Frank, Brand Director bei Serial 1. „Konnektivität ist eine Schlüsselkomponente, um diese Mission zu erfüllen. Und die Integration von Intelligent Product Essentials in unsere eBike-Entwicklung wird sicherstellen, dass unsere Kunden das bestmögliche Benutzererlebnis genießen.“
Wie gewohnt treten die Amis sehr selbstbewusst auf. Auch wenn „Serial 1“ nicht, wie im Pitch-Video vollmundig beschworen, „die Art, wie sich die Welt fortbewegen wird für immer verändern wird“ (das haben andere Hersteller schon erledigt), bedient das Bike sicherlich eine ganz spezielle Kundschaft. auch vielleicht auf Grund des Namens, oder wie die US-Amerikaner sagen würden „heritage“.
Aber hat das Serial 1 Rush/Cty das Zeug mehr als nur eine Nischendasein zu führen?
Harley-Davidson DNA am E-Bike Serial 1 Rush/CTY
Die Marke Harley-Davidson verbinden die allermeisten von uns mit donnerndem Motorensound aus zwei Zylindern, die sich offenbar redlich bemühen, alle Schraub- und sonstige Fügestellen des Motorrades durch schiere Vibrationen zu zerstören. Man muss sich nur mal das Geschüttel einer an einer Ampel stehende Harley-Davidson anschauen. Doch dieses Bild trügt.
Denn es ist Harley-Davidson über die Jahre gelungen, dieses Erscheinungsbild nach draußen aufrecht zu erhalten, ohne jedoch tatsächlich materialzerstörende Vibrationen zuzulassen. Als Beweis dafür belegen die Motorräder von Harley-Davidson bei den Langzeittests der Zeitschrift „Motorrad“ bei der Zuverlässigkeit regelmäßig die vordersten Plätze. Auch stilistisch kommt viel wegweisendes aus Milwaukee. Beispielsweise die Kunst, Schläuche und Kabelverbindungen so clever zu gestalten, dass sie optisch nicht ins Auge fallen.
Das ist einer der Punkte, die das Serial 1 Rush/city in meinen Augen auszeichnet: Wenn man genauer hinschaut sieht man die Harley-Davidson-DNA an vielen Stellen. So wurde viel Wert auf Integration und cleanes Erscheinungsbild gelegt, denn es sind nur im minimalsten Umfang Züge oder Leitungen erkennbar. Die Form des Scheinwerfers wird vom Vorbau aufgenommen, den das stilisierte Harley-Davidson-Logo ziert.
Zum selbstbewussten Auftritt von Serial 1 passt auch die große Plakette am Steuerrohr, die vom LED-Tagfahrlicht umschlossen wird.
Das Thema Wartungsarmut stand ebenfalls ganz oben im Lastenheft. Konsequenterweise wurde auf eine Federgabel verzichtet. Für den Fahrkomfort sorgen Schwalbe Super Moto-X mit satten 2,4 Zoll Breite. Die Antriebskraft kommt über einen Gates-Riemenantrieb zum Hinterrad: Der Riemenantrieb gehört zu Harley-Davidson wie der Strom zum E-Bike.
Eine weitere stilistische Reminiszenz an die Motorräder: Die integrierten Rücklichter an den Achsaufnahmen. Harley-Davidson war meines Wissens der erste Motorradhersteller, der Brems- und Blinklichter gemeinsam in einem Gehäuse verbaute.
Rundgang um das Serial 1 Rush/CTY
Zum Test stand das Serial 1 Rush/CTY mit Diamant-Rahmen zur Verfügung. Außerdem ist noch ein Tiefeinsteiger namens „Step Thru“ erhältlich. Das E-Bike ist als Commuter-Bike positioniert. Dazu passen Schutzbleche, Beleuchtung, Heck- und auch der Frontgepäckträger.
Ebenfalls passend sind die wartungsarmen Komponenten, wie der schon genannte Gates-Riemen oder die Abwesenheit einer Federgabel. Dafür übernimmt eine stabile starre Gabel, die in ihrer Formgebung ein klein wenig an eine Springer-Gabel erinnert, die Vorderradführung. Die große Scheibenbremse und die Steckachse sorgen für große Fahrstabilität, auch bei härteren Bremsungen oder bei höheren Tempi.
Eine Besonderheit und überaus sinnvoll für ein Commuter-E-Bike ist das abschließbare Fach im Rahmen, dass Platz für ein Faltschloß bieten soll. Leider war beim Testbike kein Schlüssel dabei, so dass ich das nicht ausprobieren konnte.
Ganz weit unten im Rahmen ist der herausnehmbare Akku mit einer Kapazität von bis zu 706 Wh platziert. Das verschafft dem Serial 1 einen besonders tiefen Schwerpunkt, auf dem auch bei den Motorrädern von Harley-Davidson wert gelegt wird. Gemeinsam mit dem breiten Lenker ergibt sich beim Serial 1 Rush/Cty eine überraschend gute Handlichkeit und sehr gute Manövrierbarkeit.
Der Antrieb des Serial 1 kommt von Brose – und versteckt das sehr geschickt. Auf den ersten Blick sieht das Serial 1 wie ein Single-Speed-E-Bike aus. Und irgendwie ist es das auch: Denn die Enviolo Automatiq-Schaltung bietet stets die passende Übersetzung für die gewählte Kadenz bereit. Das funktioniert im Vergleich zu früheren Version, der NuVinci Harmony, sogar noch geschmeidiger.
Je nach Sichtweise als Vor- oder Nachteil kann die Festlegung der Kadenz über eine App gewertet werden. Ich persönlich würde mit wünschen, die Kadenz ab und an während der Fahrt einfach und schnell anpassen zu können. Obwohl die Verbindung von Smartphone-App und Enviolo-Nabe (das sogenannte „Pairing“) problemlos und schnell funktioniert, will man während der Fahrt lieber nicht in der App mit einem Schieberegler die gewünschte Kadenz einstellen.
Beim Rundgang um das Serial 1 Rush/Cty fällt auch auf, das der Rahmen des E-Bikes nicht teilbar ist. Durch das geschickte Rahmenlayout ist der Wechsel des Gates-Riemens trotzdem möglich. Das verbessert die Rahmensteifigkeit und spart natürlich auch Herstellungskosten.
Nicht ganz ins durchdachte Bild passt hingegen die Nähe von Steuerungskabel der Nabenschaltung und Gates-Riemen: Beginnt der Gates-Riemen zu schwingen, was durchaus passieren kann, wird das Steuerungskabel unweigerlich in Mitleidenschaft gezogen! Erste Schleifspuren sind am Gehäuse und am Kabel schon zu sehen.
E-Bike Serial 1 Rush/CTY in der Praxis
Reichweitenrätsel, Teil 1
Nach dem Rundgang ändere ich per App erstmal die Voreinstellung der Kadenz für die Enviolo Automatiq, die restlichen Einstellungen lasse ich unberührt. Morgen früh geht es mit dem E-Bike ins Büro, und ich bin sehr gespannt. Denn bei fast vollem Akku behauptet das Brose-Display, die Reichweite läge im Eco-Modus bei lediglich 32 km! Bei 16 km einfacher Strecke ins Büro könnte das für den Hin- und Rückweg knapp werden. Das kann ich mir bei der großen Akku-Kapazität von mehr als 700 Wh beim Testbike nun wirklich nicht vorstellen, es wird morgen also spannend.
Gepäckträger mit wenig Zuladung
Doch zurück zur heimatlichen Garage. Heute bin ich mit zwei Gepäcktaschen unterwegs, denn ich muss etwas mehr mitnehmen. Beim Einhängen in den stabil wirkenden Heck-Gepäckträger stutze ich, denn der Träger ist für maximal 10 kg Gewicht zugelassen, der Frontträger ebenso! Das ist erscheint mir arg wenig. Deshalb wiege ich vorsichtshalber mein Gepäck und komme in der Summe auf 12 kg – zu viel!
Also muss das Trelock Schloß BC 680 mit seinen knapp 3 kg aus der Gepäcktasche nach vorne auf den Träger wandern. Die Fixierung des Trelock auf dem vorderen Träger ist nicht ganz so einfach: Es fehlen die Ösen für einen Spanngurt, die am hinteren Träger vorhanden sind. Ich behelfe mir mit drei Klettbändern. Beide Taschen für den Heckträger wiegen nun knapp über 9 kg, es kann also losgehen.
Individuelle Konfiguration möglich
Der Antrieb ist über den gut erreichbaren Aktivierungstaster in Fahrtrichtung vorne am kompakten Display einfach zu aktivieren. Es ist noch dunkel als ich das Serial 1 Rush/Cty aus der Garage schiebe, die Beleuchtung am E-Bike schaltet sich automatisch sensorgesteuert ein, sehr praktisch! Diese Funktion kann im umfangreichen Menü des kompakten Brose-Displays auf Wunsch deaktiviert werden. Ebenso kann man für jede (!) der vier Stufen (Eco, Tour, Sport, Boost) die gewünschte Unterstützungsstufe individuell einstellen (im Video ab min. 3:38 zu sehen).
Enviolo Automatiq überrascht
Zum Losfahren wähle ich zunächst die Eco-Unterstützungsstufe. Die Enviolo Automatiq überrascht mich beim Anfahren. Vom Vorgängermodell bin ich gewohnt, dass man beim Anfahren zunächst drei oder vier Kurbelumdrehungen in der kürzesten Übersetzung treten muss, bevor die Nabe die Übersetzung an die gewünschte Kadenz angepasst hat. Die Enviolo Automatiq präsentiert die passende Übersetzung bereits nach knapp einer Kurbelumdrehung! Das macht das Fahren noch harmonischer, super!
Handlichkeit & Fahrkomfort
Eines der optischen Sahnestücke am Serial 1 Rush/Cty ist der für ein E-Bike extrem cleane Lenker. Dazu ist er noch angenehm breit. Gemeinsam mit dem, dank des weit unten eingebauten Akkus, tiefen Schwerpunkt lässt sich das Serial 1 wunderbar handlich um Poller oder Drängelgitter rangieren.
Die Sitzposition ist angenehm aufrecht, man hat eine prima Übersicht. Sind die Schwalbe Supermoto-X nicht zu prall aufgepumpt dämpfen sie Fahrbahnunebenheiten gut weg. Wird es nicht zu ruppig, vermisst meine eine Federung nicht.
Die Enviolo Automatiq hält die Kadenz zuverlässig egal ob es bergauf oder bergab geht, immer gleich hoch. So kann man, befreit von jeglicher Schaltarbeit, die Fahrt und die Natur um einen herum in vollen Zügen genießen. Es fühlt sich fast so an wie bei einem Single-Speed-E-Bike, nur eben noch entspannter.
Auf dem Weg ins Büro komme ich an meine Bergab-Strecke, auf der sich mein Fahreindruck bestätigt: Das Serial 1 Rush/Cty liegt satt und stabil auch bei höheren Geschwindigkeiten, setzt aber schnellen Richtungswechseln, trotz des breiten Lenker, etwas Widerstand entgegen. Das passt jedoch zur Auslegung des E-Bikes als komfortorientierter Commuter.
Am Ende des Gefälles lässt sich das Serial 1 dank der großen Bremsen mit 203 mm Durchmesser sicher verzögern. Der lange Radstand und das hohe Gewicht, auch durch die Enviolo-Nabe im Hinterrad, verhindern eine nervöse Hinterhand oder gar ein Aufsteigen des Hecks beim Bremsen nachhaltig.
Unterwegs muss ich auf dem Radweg an einer Ampel anhalten. Der Beifahrer im Auto nebenan fährt die Scheibe runter und fragt erstaunt: „Ist das E-Bike tatsächlich von Harley, oder hast du den Aufkleber draufgemacht?“ Gemeint ist der Schriftzug auf der Kettenstrebe, der unmissverständlich auf die Herkunft des Bikes hinweist. „Nein, das Bike kommt tatsächlich von Harley-Davidson!“ kann ich noch zurufen, als meine Ampel schon grün zeigt. Was er so schnell nicht sehen konnte, ist der kleine Schriftzug am Sattelrohr, der ebenfalls auf die Herkunft hinweist.
Im Büro angekommen gilt es, das Serial 1 zu sichern, gut, dass ich das Trelock-Schloß dabei habe, denn ein Schloß, welcher Art auch immer, gehört nicht zum Lieferumfang des Bikes, schade.
Ein Blick auf die Reichweitenanzeige nach 16 km Strecke im Sport-Modus: 39 km Restreichweite gegenüber 26 km Restreichweite im Eco-Modus, bei noch 9 von 10 Balken der Kapazitätsanzeige? Rätselhaft…
Reichweitenrätsel, Teil 2
Des Rätsels Lösung: Offensichtlich werden die Reichweiten in Abhängigkeit von Kadenz und der Zeit der Nutzung für jede Unterstützungsstufe getrennt errechnet. So lässt sich erklären, dass das Testbike bei meiner Kadenz von 70 im Boost-Modus eine höhere Reichweite hat als im „Sport“-Modus.
Vor meinem Test wurde das E-Bike, ausweislich der App, mit einer Kadenz von 50 bewegt. Bei einer niedrigen Kadenz muss der Motor grundsätzlich mehr arbeiten und verbraucht mehr Strom. Während ich bei einer Kadenz von 70 mehr Trittkraft einbringe, de Motor weniger Strom braucht, und demnach die Reichweite im Boost-Modus steigt. Also kann ich dem Heimweg heute Nachmittag beruhigt entgegen sehen.
Entspannt bergauf
Das Serial 1 Rush/Cty ist mit einem Brose-Antrieb ausgestattet. Der ist nicht nur besonders leise, so dass das Serial 1 akustisch kaum als E-Bike zu erkennen ist, sondern steht mit bis zu 90 Nm Drehmoment auch gut im Futter. Auf Grund meiner Erfahrungen mit früheren Brose-E-Bikes, z.B. dem Fatbike Fantic FatSport GS 888, erwarte ich am Anstieg nach Hause keine Überraschungen. Jedoch doch schafft das Serial 1 es, mich zu überraschen.
Das liegt an der wirklich formidablen Enviolo Automatiq – und einem anderen E-Biker, den ich am Anstieg treffe. Wir sind zwar beide annähernd gleich schnell mit knapp 20 km/h in der Steigung unterwegs. Während ich dank der Enviolo Automatiq aber einfach in meiner Lieblingskadenz entspannt den Berg hinaufkurbele während die Hinterradnabe unmerklich die Übersetzung ändert, ist mein „Mitfahrer“ stetig damit beschäftigt, mit der Schaltung zu arbeiten. Während unserer Unterhaltung verschaltet er sich gar einmal und muss in den Wiegetritt um den Anschluß zu halten.
Bei solchen Gelegenheiten spielt die Enviolo Automatiq ihre Vorteile aus. Die Nachteile seien aber auch nicht verschwiegen, auch wenn sie je nach Einsatz des Bikes weniger ins Gewicht fallen: Die Übersetzung bergauf ist nicht gar so kurz und die bergab nicht gar so lang wie bei vielen Kettenschaltungen. Außerdem ist die Nabe schwerer als eine Kettenschaltung.
Oben angekommen trennen sich unsere Wege, ich fahre alleine weiter, zunächst auf einem Radweg entlang einer Straße. Von hinten höre ich das charakteristrische Donnern, kurz darauf fährt eine Harley-Davidson vorbei. Es ist eine blaue Electra Glide, ein beeindruckender, voll ausgestatteter Tourer mit Verkleidung, Koffern, Topcase und opulenter Sitzbank. Leider muss der Fahrer nicht an der Tankstelle wenige Meter weiter tanken, ich hätte gerne gefragt, was er von einem E-Bike von Harley-Davidson hält.
Es ist Anfang Oktober, ein herrlicher Herbsttag, an dem es richtig Spaß macht, mit dem E-Bike unterwegs zu sein. Am Wegesrand hat ein Bauer einen Hänger mit Kürbissen abgestellt. Halloween naht, ich würde die Gelegenheit gerne nutzen und einen Kürbis mitnehmen. Das scheitert jedoch an der Möglichkeit, den auf dem vorderen Gepäckträger zu befestigen: Einen Spanngurt hätte ich dabei, den kann ich jedoch am vorderen Träger nirgends einhaken. Schade, denn vom Gewicht hätte es wohl geklappt: Das Trelock-Schloß habe ich im Büro am Abstellplatz gelassen.
Gewicht
Natürlich habe ich das Serial 1 Rush/Cty auch gewogen. Das Gewicht des E-Bikes ist, trotz fehlender Federung, mit rund 26,5 Kilogramm beachtlich, aber noch im Rahmen des Üblichen für ein E-Bike. Ein Grund für das vergleichsweise hohe Gewicht ist sicherlich der Akku mit der großen Kapazität. Ein anderer wohl die stabile und robuste Ausführung.
Dank des schon mehrfach erwähnten tiefen Schwerpunkts lässt sich das E-Bike jedoch gut tragen und auch auf einem Heckgepäckträger am Auto mitnehmen. Das zulässige Gesamtgewicht des Serial 1 Rush/Cty beträgt 128 kg, bleiben also für FahrerIn und Gepäck noch (128 kg – 26,5 kg=) 101,5 kg übrig.
Fazit Test Serial 1 Rush/Cty
Viel Licht, wenige Schatten, ich gebe es gerne zu: Das Serial 1 Rush/Cty hat mich positiv überrascht! Dachte ich zunächst noch an ein Art Marketinggag aus Milwaukee habe ich beim genaueren Hinsehen und vor allem beim Fahren des E-Bikes schnell erkannt, dass es die Amis aus Wisconsin durchaus ernst meinen.
Das Serial 1 Rush/Cty ist sauber gestylt, lässt sich einfach bedienen, ist wartungsarm und fährt sich dank der Kombination Brose-Antrieb mit Nuvinci-Automatiq-Nabe komfortabel und sicher. Dazu ist es auf Grund der hohen Akkukapazität und der bequemen Sitzposition langstreckentauglich.
Auch wenn sich die Ermittlung (und Einstellung) der eigenen Wohlfühlkadenz etwas langwierig gestalten kann, lohnt sich der Aufwand. Denn das Erlebnis, nicht mehr schalten zu müssen, wird für viele Menschen einen Erleichterung sein. Vor allem für jene, die seit Jahren kein Fahrrad mehr gefahren sind. Nicht nur für diesen Kundenkreis ist die auch Wartungsarmut des E-Bikes aus den USA ein klarer Vorteil.
Nachteile am Serial 1 Rush/Cty: Die Gepäckträger könnten etwas mehr Zuladung vertragen und die Schwachstelle mit dem Sensorkabel am Hinterrad sollte beseitigt werden.
Trotzdem ist Serial 1 mit dem Rush City ist Serial 1, powerd by Harley-Davidson ein beeindruckender erster Aufschlag gelungen – für durchaus selbstbewusste aktuell rund 4.700€ (Stand 10/2021).
Auch wenn die Zielgruppe des E-Bikes (vielleicht) nicht automatisch zur Zielgruppe der Harley-Davidson-Motorräder passt, ist es ein cleverer Schachzug, das dichte Händlernetzt von Harley-Davidson für den Vertrieb der E-Bikes zu nutzen – so sich denn die Händler auf das Thema „E-Bike“ einlassen.
Das ist aber vielleicht auch nur ein Vorurteil. Denn immerhin hat Harley-Davidson mit der LiveWire ein beeindruckendes E-Motorrad im Angebot.
Aber zurück zum Serial 1 E-Bike: Wer auf der Suche nach einem komfortablen, wartungsarmen, einfach zu fahrenden City-Commuter E-Bike ist, das nicht an jeder Ecke steht, sollte sich das Serial 1 beim Händler vor Ort ansehen – und vor allem einmal Probefahren.
Transparenzhinweis: Das Testbike wurde von Serial 1 kostenfrei ohne Auflagen zum Test zur Verfügung gestellt.
[Text:[at], Fotos: VeloStrom]
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