“Car Go! Bike Boom!!” – der Titel des Buches von Juergen Ghebrezgiabiher und Eric Poscher-Mika verbindet lautmalerisch-humoristisch dem Lastenradboom mit der sich daraus möglicherweise ergebenden Folgen. Eine Rezension.
Obwohl oder gerade weil der Lastenradboom unaufhörlich Fahrt aufnimmt kommt das gemeinsame Erstlingswerk von Juergen Ghebrezgiabiher und Eric Poscher-Mika exakt zum richtigen Zeitpunkt.
Die beiden haben sich In Leipzig kennengelernt, beide waren auf der Suche: Juergen nach einer Wohnung, Eric nach einem “Mitschrauber”. Aus dieser zufälligen Begegnung an einer Straßenkreuzung entstand zunächst eine Schraubergemeinschaft und in der Folge die Idee zu einem Buch über das Lastenrad. Wobei es “das Lastenrad” ja gar nicht gibt, aber dazu später mehr.
Aus der Idee wurde Dank der erfolgreichen, im Januar 2016 abgeschlossenen Crowdfunding-Kampagne auf Startnext das vorliegende, gut 200 Seiten starke Buch.
Weiter Bogen
Das Buch “Car Go! Bike Boom!!” beginnt zunächst und richtigerweise mit einer Begriffsdefinition zu “dem Lastenrad”. Juergen Ghebrezgiabiher und Eric Poscher-Mika zeigen, dass es “das Lastenrad” gar nicht gibt. Vielmehr gibt es eine große Anzahl verschiedener Bauformen auf zwei, drei oder vier Rädern, alle mit Blick auf den Anwendungszweck mit spezifischen Vorteilen und natürlich auf Grund der Grundausrichtung “Lastentransport” durchaus mit Überschneidungen. Und auch wenn das Buch sich um das Lastenrad dreht ist dem Thema “Fahrradanhänger” auch ein breiter Raum gewidmet – immerhin wird aus einem normalen Rad mit Hilfe eines Hängers auch eine Art Lastenrad.
Grundlagen
Nachdem die Grundlagen gelegt und damit gleichsam eine gemeinsame Basis geschaffen ist, nimmt Juergen Ghebrezgiabiher den Leser mit auf eine Reise durch die Historie des Lastenrades. Und auch dieser Abschnitt bietet überraschende Erkenntnisse, von der die Eröffnung, das die Idee des Lastenrades praktisch so alt wie das Fahrrad selbst ist, nur eine ist: Bereits 1817, kurz nachdem Karl Drais mit seiner Fahrmaschine in Mannheim unterwegs war, schrieb Carl Johann Siegmund Bauer, Mechaniker aus Nürnberg, ein Buch, in dem er von der “Gemeinnützigmachung des v. Drais’schen Wagens” spricht und Vorschläge zu Abwandlung zum Lastentransport mit dem Laufrad des Herren Drais macht.
Über Ölkrise und Hippiekommunen schlägt Ghebrezgiabiher die Brücke zu modernen Pionieren, Ökos, Bastler und Do-It-Yourselfer. Ein Highlight des Buches ist für mich das Gespräch mit Christian Kuhtz, “Kieler Erfinder und Spezialist für ressourcenschonendes Leben”, das nicht nur zum Thema Lastenrad interessante und wertvolle Fingerzeige gibt.
Natürlich fehlen auch Ausflüge in die Fahrradparadiese Kopenhagen und Amsterdam nicht, gesehen durch die Brille des Lastenradfans. Und das ist hier in keinster Weise despektierlich gemeint.
Das Lastenrad – vielfältig und bunt
Das nächste Kapitel beschäftigt sich exemplarisch mit verschiedenen Anwendungsmöglichkeiten des Lastenrads im praktischen Alltag und hebt damit den Horizont des Lesers weg vom reinen Transport der berühmten Wasserkiste: Kaffeebar, Reisegefährt, Kombiersatz, Erntehelfer – die Anwendungsvielfalt ist enorm, wenn man die bekannten Denkmuster verlässt.
Kaum erwachen beim Leser Fantasien, was man noch alles mit einem Lastenrad machen könnte, wird er im folgenden Abschnitt auf den Boden der Tatsachen geholt. Mit Unterstützung von Ernst Brust, engagierter und fachkundiger Gründer des Prüfinstituts velotech.de, zeigt das Buch “Car Go! Bike Boom!!” welche Herausforderungen das Lastenrad an seine Konstrukteure stellt. Die Autoren sensibilisieren für sicherheitstechnische Belange, Stichwort “bestimmungsgemäßer Gebrauch”, und benennen die Zielkonflikte beim Bau von Cargobikes. Insbesondere erläutern sie, warum das Lastenpedelec unter die Maschinenrichtline fällt und vor allem, warum das wichtig ist.
Einen großen Raum nehmen in diesem Abschnitt Funktionsweisen und Anwendungsszenarien von Komponenten wie Lenkung, Federung, Rahmenmaterial und Bremsen ein. Kundig und nachvollziehbar werden Vor- und Nachteile erklärt und auf konstruktive Details hingewiesen. Besonders für den technisch Interessierten ist dieser Teil des Buches eine wahre Fundgrube.
Das siebte Kapitel beschäftigt sich mit der Marktlage beim Lastenrad; das Thema “Modularität” wird ebenso angesprochen wie die Zukunft des Cargobikes im professionellen Umfeld. Sei es mit Pizza-Steinofen als “Bike and Bake”, im Bike-Sharing-Bereich oder als zwei-, drei- oder vierrädrige Ergänzung in der nachhaltigen, urbanen Verteilung auf der letzten Meile.
Eine ausführliche Auflistung von Dienstleistern rund ums Cargobike und das detaillierte Literaturverzeichnis runden das Buch ab
Fazit
Juergen Ghebrezgiabiher und Eric Poscher-Mika gelingt mit ihrem Buch “Car Go! Bike Boom!!” der Spagat zwischen nützlichem Sach- und Fachbuch auf der einen, und unterhaltsamem Nachschlagwerk auf der anderen Seite. Es ist in lockerer Sprache geschrieben, sinnvoll bebildert und erklärt technische Zusammenhänge leicht verständlich. Das Buch beleuchtet alle Facetten des faszinierenden Themas cargobike und zeigt sowohl die Sachkenntnis als auch die große Begeisterung des Autorenduos für das Lastenrad.
Das im Einführungsvideo zur Crowdfunding-Kampagne genannte Ziel von “Car Go! Bike Boom!!”, nämlich die Zusammenfassung des verstreut liegenden Wissens um das Thema Cargobike, ist vollauf erreicht.
Die besondere Würze entfaltet das Buch durch die vielen Praxisbeispiele. Denn Ghebrezgiabiher und Poscher-Mika belassen es nicht beim “könnte” oder “würde”, sondern zeigen durch viele Gespräche mit Lastenradanwendern, das und vor allem was mit dieser speziellen Radgattung geht.
So wird “Car Go! Bike Boom!!” zum Kompendium und Nachschlagwerk mit großem Erkenntnisgewinn, das sowohl Fachmann oder -frau als auch EinsteigerIn beim Thema “Lastentransport mit dem Fahrrad” immer wieder gerne zur Hand nehmen.
Bibliographische Informationen
Cargobike Boom – Wie Transporträder unsere Mobilität revolutionieren
Juergen Ghebrezgiabiher und Eric Poscher-Mika
224 Seiten für 27€
Erschienen im MAXIME-Verlag (www.maxime-verlag.de)
ISBN 978-3-906887-04-3
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Weitere InformationenMein Dank geht an den MAXIME-Verlag für das kostenfrei zur Verfügung gestellte Rezensionsexemplar.
[Text:[at], Foto: VeloStrom]
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