convercycle_und_alex_160
Das Besondere Lastenrad

Themenwoche Lastenrad: Probefahrt auf Convercycle Flip

Lesezeit etwa 6 Minuten

[at] Aus Frankfurt am Main kommt eine ganz besonders raffinierte Interpretation des Lastenrades: Das Flip von Convercycle ist zwei Räder in einem.

convercycle_und_alex
Probefahrt auf dem Prototypen des Convercycle (Klicken zum Vergrößern).

Lastenräder übernehmen gerade im urbanen Raum immer mehr die Aufgabe des (Zweit-)Autos. Doch die meisten Cargobikes sind konzeptbedingt lang und eher unhandlich. Das wird immer dann schwierig, wenn das Rad, ohne im Weg zu sein, in einen “normalen” Fahrradständer gestellt, in den Keller muss oder gar mit der Bahn transportiert werden soll.

David Maurer-Laube, Produktdesigner und Student an der Hochschule für Gestaltung Offenbach im Fachbereich Design, hat sich der Problematik angenommen und eine überraschende Lösung entwickelt:

Werden die Transportkapazitäten des Flip nicht benötigt, ist es ein kurzes, handliches Rad. Sobald aber zum Beispiel der berühmte Wasserkasten transportiert werden soll wird das Bike in Sekundenschnelle verlängert! Hier ein kurzes Video dazu:

 

Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Standard. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf den Button unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.

Weitere Informationen

Die zwei Zustände des Convercycles machen es anpassungsfähig, flexibel und spontan. Dies bietet auch einen deutlichen Vorteil gegenüber einem Anhänger. Mit systemischen Erweiterungen wie einer absperrbaren Kiste passt sich der Korb an die individuellen Bedürfnisse des Fahrers an.

convercycle_shirt
Das Funktionsschema (Klicken zum Vergrößern).

Entscheidend gefördert wird das Projekt von den Investoren Robert Kratz und Hubertus Osterwind, der Firma idea meets market. Zusätzlich wurden über Crowdfunding-Kampagnen auf Kickstarter und Indiegogo über 429.000€ eingesammelt um den aktuelle Prototypen in Kooperation mit einem Fahrrad-Rahmenbauer aus Frankfurt sowie einer Engineering GmbH aus München bis zur Marktreife zu testen und zu perfektionieren.

Das Flip wird über eine Fünfgang-Hinterradnabe verfügen, zusätzlich wird es auch eine Pedelec-Variante geben, bei bis zu 60 kg Zuladung gerade im hügeligen Terrain eine gute Idee. Welcher Antrieb genau verbaut werden wird ist noch nicht sicher.

Als Rahmenmaterial kommt Stahl zum Einsatz, dank der geschickt konstruierten Gitterstruktur kommt das Rad auf ein Gewicht von nur 18 kg. Die Pedelec-Variante wird naturgemäß etwas schwerer sein.

convercycle_mechanismus
Der Drehmechanismus des Convercycle (Klicken zum Vergrößern).

Ich gebe gerne zu, dass ich einige Minuten über die Drehrichtung des Hinterrades in der “kurzen” und der “langen” Version sinnieren musste. Passend, dass mir eine Radmesse in der Nähe von Frankfurt die Gelegenheit verschaffte, mir den Prototypen des Convercycle näher anzuschauen und sogar auch eine kurze Probefahrt zu machen.

Die Front des Rades erscheint vergleichsweise unspektakulär. Der Rahmen bietet einen tiefen Einstieg, zwei diagonal vom Lenkkopf in Richtung Hinterrad verlaufende Rahmenrohre sorgen für mehr Stabilität. “In einem der Rohre werden die Leitungen für den E-Antrieb verlegt werden.” verrät David Maurer-Laube im Gespräch.

Schweift der Blick weiter gen Heck fällt natürlich der ungewöhnliche Hinterbau des Rades ins Auge und weckt die Neugier. Was beim ersten Hinsehen wie eine Art Ständer erscheint ist in Wirklichkeit Teil des cleveren Klappmechanismus:

Durch Anheben am Sattel rollt das Hinterrad elegant nach hinten und “entfaltet” auf diese Weise elegant die Ladefläche. Die Verlängerung von 1,85 m auf 2,55 m dauert kaum drei Sekunden. Gleiches gilt für das Verkürzen: Einfach am Sattel anheben, das Hinterrad rollt in Richtung Sattelrohr und das Convercycle ist wieder so kurz wie ein herkömmliches Fahrrad.

Inhaltsverzeichnis

Probefahrt

Zur Probefahrt auf ebenem Terrain stand der Prototyp zur Verfügung, in der Serie werden noch einige Verbesserungen Einzug halten, unter anderem eine Verriegelung des Faltmechanismus.

convercycle_entfalten
David (re.) zeigt, wie das Converycle für Neulinge am besten entfaltet werden kann (Klicken zum Vergrößern).

Zunächst fuhr ich das Bike in der kurzen Version. Die Sitzposition ist bequem, man sitzt und fährt wie auf einem herkömmlichen Citybike. Das Rad erweckt Vertrauen, es schaltet und bremst wie es sich gehört und auch enge Kehren sind kein Problem.

Das “Entfalten” klappte bei mir nicht so geschmeidig wie bei David Maurer-Laube, da fehlt mir einfach noch die Übung. David empfiehlt, das Convercycle zum Entfalten hinten an der Seite anzuheben. So gelingt es in der Tat leichter, für die Serie wird an dieser Stelle ein spezieller Griff montiert sein.

Unbeladen mache ich mich auf meine kurze Testrunde. Statt 185 cm ist die Fuhre jetzt 255 cm lang. Am Fahrverhalten merkt man am Heck eine leichte Unruhe bei Geradeausfahrt, und wenn man genau hinsieht zeigen Vorder- und Hinterrad ein wenig Versatz. Später darauf angesprochen erklärt David, dass in der Serie noch zusätzliche Verstrebungen zwischen Sattelrohr und Hinterbau angebracht werde um Verwindungen zu minimieren. Ansonsten fällt die größere Länge kaum auf und auch der Wendekreis ist klein genug um auf der Straße zu wenden.

Wieder zurück an der Halle kommt jetzt der berühmte volle Wasserkasten als Zuladung an Bord. Als sehr praktisch erweist sich hier der Zweibeinständer: So steht das Convercycle für den Ladevorgang stabil.

Beim Losfahren erwarte ich ein schwerfälligeres Fahrgefühl und werde angenehm enttäuscht: Das Gewicht der Ladung ist praktisch nicht zu spüren, das Bike fährt sich fast wie unbeladen. Grund dafür dürfte der tiefe Schwerpunkt der Ladefläche sein.convercycle_flyer

Beim Wenden bin ich etwas vorsichtig: Wir haben den Wasserkasten nicht verzurrt und ich will verhindern, dass er beim Wenden verrutscht. Doch außer dem Klappern der Ladung ist auch auf dem Rückweg so gut wie nichts zu spüren. Top!

Die Pedelec-Version ist zur Zeit für 1.399€, die rein muskelbetriebene Variante für 1.099€ auf Indiegogo zu haben, jeweils inklusive Fracht. Dabei handelt es sich um Einführungspreise, der spätere Preis wird höher ausfallen.

Fazit

Ein frisches, überraschendes Konzept clever und professionell umgesetzt. Das Convercycle funktioniert prächtig – und das bereits im Protypenstadium! Hut ab vor David Maurer-Laube und dem gesamten Team. Der Erfolg der Crowdfunding-Kampagne ist wohlverdient und wird dem Convercycle sicher zur Serienreife verhelfen.

Mehr Informationen sind online unter www.convercycle.com zu finden.

[Fotos & Video: VeloStrom]

Jetzt VeloStrom-Newsletter abonnieren und kostenloses E-Book-sichern:

Alexander Theis
Letzte Artikel von Alexander Theis (Alle anzeigen)