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Velomobil

Mit dem Velomobil beim Oliebollentocht 2019 in Utrecht

Lesezeit etwa 7 Minuten

[at] Am 28.12.2019 trafen sich etwa 150 Velomobile zum wohl weltweit größten Velomobiltreffen: Dem Oliebollentocht – ich war mit meinem E-Orca mit dabei.

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Rund 150 Velomobile auf dem Domplatz in Utrecht

Oliebollen sind eine niederländische Spezialität: Ein Teig aus Mehl, Eiern, Hefe und Milch wird frittiert. Das Gebäck ähnelt den in Deutschland bekannten „Krebbel“ oder Berlinern. Die Oliebollen sind allerdings ballenförmig und werden oft noch mit Rosinen verfeinert oder mit Pudezucker bestäubt. Oliebollen werden typischerweise um die Weihnachts- und Silvesterzeit herum genossen.

Eine weitere Besonderheit ist der Oliebollentocht: Man trifft sich zum Wandern, Schlittschuhlaufen oder eben zum Velomobilfahren und genießt anschließend gemeinsam Oliebollen.

Weltweit größtes Velomobiltreffen

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Einschreibung zum Oliebollentocht 2019.

Der Oliebollentocht gilt als das weltweit größte internationale Treffen für Fahrer von Velomobilen und findet jährlich zwischen Weihnachten und Neujahr statt. Schon seit ein paar Jahren wollte ich daran teilnehmen, aber immer kamen andere Termine dazwischen. Für die 2019er Ausgabe sollte mir das nicht passieren und ich hatte mich im November bereits beim Veranstalter „Nederlandse Vereniging voor Human Powered Vehicles“ auf ligfiets.net angemeldet.

Während einige der Teilnehmer teils über mehrere hundert Kilometer mit dem Velomobil „auf Achse“ anreisten, (Hut ab!) packte ich den Orca in einen Anhänger. Weder Zeit noch Kondition hätten mir eine andere Anreise erlaubt.

Am Morgen des 28.12.2019 trafen ab etwa 9 Uhr nach und nach alle Teilnehmer am Anafora Parkrestaurant in Utrecht ein. Nach der Einschreibung gab es bereits die erste Gelegenheit sich mit vielen anderen Velomobilfahrinnen und -fahrern auszutauschen. Obwohl meist Männer, waren auch erfreulicherweise Frauen mit dabei. Sogar eine Familie nahm am Oliebollentocht teil: Mutter und Vater je in einem Quattrovelo, eines mit Kinderanhänger und eines mit besetztem Kindersitz im Fond! Super!

Ab 11 Uhr ging es in insgesamt 12 Gruppen dann auf die rund 60 km lange Strecke.

Weltgrößtes Radparkhaus

Auf dem Weg zum Domplatz ging es dann durch das weltweit größte Fahrradparkhaus. Bei der Einfahrt dachte ich noch „naja, ein Parkhaus halt“ bis mir bewusst wurde, dass dieses hier eben keines für Autos sondern für Fahrräder ist! Mehrere Tausend Abstellplätze auf zwei Ebenen, hell beleuchtet, sauber und viel Raum zum Rangieren – wirklich beeindruckend und vorbildlich!

Der erste Zwischenhalt fand auf dem Domplatz in Utrecht statt, wo dank des Gerüsts um den Dom ein beeindruckendes Gruppenfoto möglich wurde. Auf der Fahrt dorthin beeindruckten mich zum einen die hervorragende Radweginfrastruktur, für welche die Niederlande ja berühmt sind. Zum anderen war ich schon überrascht, dass an den positiven und auch überraschen Reaktionen der Menschen zu erkennen war, das Velomobile auch in den Niederlanden noch exotische Fahrzeuge sind. Überraschen vor allem deshalb, da die Niederlande sozusagen das Zentrum der weltweiten Velombilherstellung sind.

Raus aus Utrecht

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Das Krümelmonster fährt bei einem DF mit 🙂

Auch wenn wir in mehreren Gruppen unterwegs waren blieben doch alle Teilnehmer meist in Blickweite. Besonders beeindruckend wurde das, als wir außerhalb des Stadtkerns auf kurvigen Radwegen unterwegs waren. Beim Blick nach vorne und beim Blick nach hinten Velomobile! Das waren echte Gänsehautmomente.

Übrigens war ich mit meinem E-Orca der einzige Orca-Fahrer. Gefühlt am meisten vertreten waren DF, gefolgt von Quests und Quattrovelos, auch ein paar Milane und sogar zwei Alleweder waren dabei.

Das Gruppentempo mit zwischen 20 und 25 km/h ist vermutlich besonders für die DF und Milane eher ein Bummeltempo. Und so nutzen beim Zwischenstopp auf einem ehemaligen Flugfeld dann auch ein paar der Fahrer der schnellen Milane und DF die Chance einer langen, geraden und recht gut asphaltierten Strecke. Das Potential dieser Velomobile ist schon sehr beeindruckend!

Mein Orca hingegen ist weniger ein High-Speed-Velomobil. Dafür ist er mit großer Bodenfreiheit und bequemen, großen Einstieg besonders alltagstauglich und auch für gut Reisen geeignet.

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Das Quattrovelo von Alve Henricson (klicken zum Vergrößern).

Auf dem Flugfeld kam ich mit Alve Henricson aus Schweden ins Gespräch, der mit seinem Quattrovelo etwa sechs Wochen zuvor zum Nordkap gefahren war – im November! Für 2020 hat sich Alve vorgenommen, 20 Länder mit dem Velombil zu bereisen: http://202020.eu/,  sein umfangreiches Video zum Oliebollentocht 2019 ist hier zu finden.

Nach dem Flugfeld erreichten wir nach wenigen hundert Metern das Etappenziel, das Restaurant „Oud London„, wo es Kaffee, Tee und Kuchen gab. Neben interessanten Gesprächen nutzte ich die Zeit, um den Akku meines E-Orca mit etwas Energie zu versorgen. Nach mittlerweile fast 6 Jahren lässt der Lithium-Eisen-Phosphat-Akku mit 507 Wattstunden Kapazität doch etwas an Leistung nach. Zwar zeigten meine Testfahrten, dass es für die veranschlagten 60 km reichen sollte. Doch besonders beim Anfahren „zieht“ der Orca viel Energie, und solche Anfahrten gab es doch auf der Strecke einige.

Oliebollen!

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Der Parkplatz vor dem „Oud London“ ist mit Velomobilen gut gefüllt (klicken zum Vergrößern).

Nach der Pause gingen alle gestärkt und gewärmt auf den Rest der Strecke. Mit etwa 6 Grad Außentemperatur war es zwar recht warm und vor allem trocken, doch das teils lange Stehen auf dem Flugfeld hatte doch etwas frösteln lassen.

Besonders beeindruckte mich auf dem Parkplatz ein älterer Niederländer: Trotz vom Alter gebeugtem Gang und Gehhilfe befragt er hochinteressiert und fachkundig (zumindest soweit ich es verstehen konnte) einen niederländischen Velomobilfahrer, der gerne und geduldig Auskunft gab. Das ist im Übrigen nach meiner Erfahrung eine hervorstechende Eigenschaft wohl der allermeisten Velomobilisten: Geduldig werden alle Fragen beantwortet. Also wer bei einer Pause auf einen Velomobilfahrer trifft: Nur keine Scheu!

Die zweite Etappe führte nun in einer großen Schleife wieder nach Utrecht hinein. Über weiter Felder und durch kleinere Siedlungen schlängelte sich der „Lindwurm“ aus Velomobilen wieder zurück nach Utrecht.

bt-2019-velomobile-am-abendVorbei am „Castellum“, Museum und beeindruckende Rekonstruktion eines römischen Forts, und dem Maxima-Park fuhren wir wieder zurück zum Anafora Parkrestaurant.

Nachdem alle Velomobile Platz gefunden hatten gab es endlich die namensgebenden leckeren Oliebollen, deftige Erbsensuppe, heißen Kaffee oder Tee sowie später noch ein kleines Buffet. In entspannter Stimmung und bei interessanten Gesprächen mit internationalen Gleichgesinnten verflog die Zeit im Flug.

Fazit

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Die namensgebenden Oliebollen, lecker! Das Rezept gibt es unter anderem hier.

Die Teilnahme am Oliebollentocht war für mich eines der Highlights des vergangenen Jahres! Hervorragende Organisation, gepaart mit sonnigem, trockenem Winterwetter und rund 150 Velomobilen sorgten für Gänsehautfeeling. Die Veranstaltung genießt zu Recht den Ruf des weltweit größten Velomobiltreffens! Wer Velomobil fährt sollte sich den Termin für den 25. Oliebollentocht am 28.12.2020 in Roermond bereits jetzt vormerken.

Und wer sich für das Thema „Velomobil“ interessiert, sollte sich die Spezialradmesse in Germersheim am 25. und 26. April 2020 vormerken. Denn weltweit nirgends sonst sind wohl eine größere Anzahl verschiedener Velomobilhersteller auf einer Ausstellung vertreten.

Noch mehr Fotos und einige Videos vom Oliebollentocht 2019 sind unter diesem Link zu finden.

[Fotos: VeloStrom]

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Alexander Theis