[at] Am Samstag, 16.09.2017, gingen die Feierlichkeiten zum 200sten Fahrradjubiläum in Mannheim mit der großen Show von „Monnem Bike“ in die Schlußphase. Ich war für euch vor Ort.
Vor 200 Jahren fuhr Karl Drais in Mannheim (im Dialekt: „Monnem“) das erste Mal mit seinem Laufrad: Von seinem Wohnhaus zum etwa 7 km entfernten Schwetzinger Relaishaus. Was daraus wurde ist bekannt.
Diese Jubiläum wurde in Mannheim mit vielen Veranstaltung über das gesamte Jahr begangen, die große Abendshow vor dem Schloss am 16.09. läutete das Finale ein.
Rahmenprogramm
Von 16:30 Uhr an gab es direkt vor der Schloss ein Rahmenprogramm mit Ständen verschiedener Organisationen sowie einem Straßentheater. Dessen Performance erschloss sich mir nicht unbedingt, manch einer dachte zunächst, es sei nur ein reines Kindertheater. Jedoch waren auch Gäste sehr angetan vom Spiel des aus einer Frau und einem Mann bestehenden Ensemble.
Die Abendkasse öffnete um 17 Uhr und Kurzentschlossene konnten noch Tickets zum Preis von 20€ erwerben. Die Show selbst sollte um 20:45 Uhr beginnen, Einlass war um 19 Uhr.
Die Infrastruktur war von den Veranstaltern sehr großzügig geplant.Leider schienen nicht so viele Besucher wie erwartet den Weg zum Schloss gefunden zu haben, der Platz um die Bühne füllte sich nur spärlich. Was vor allem schade für die mehr als 200 Akteure, viele davon Laien aus und um Mannheim, der Veranstaltung war.
Let the show begin!
Endlich wurde es gegen 20:45 Uhr dunkel genug um die Show beginnen zu lassen. Der Anfang erschien mir zunächst etwas holprig und bemüht: Eine Bänkelsängerin (Barbara Zechel), die als Erzählerin durch das ganz Programm führen würde, erläuterte in Mannheimer Dialekt (was für manchen Auswärtigen etwas schwer zu verstehen war) die Ursachen, die zur Erfindung des Karl Drais führten:
Historie
Durch die Ausbruch des indonesischen Vulkans Tambora im April 1815 kam es im darauffolgenden Jahr zum „Jahr ohne Sommer“. Die Hunger leidende Bevölkerung schlachtete nach und nach auch das Vieh, das sonst zum Ziehen von Pflügen, Karren und Kutschen genutzt wurde und musste sich nun selbst vor den Karren spannen.
Gleichzeitig zur Erzählung der Bänkelsängerin kam es auf der Bühne zu Bewegung: Viele Personen in zeitegenössischer Kleidung visualisierten das von der Sängerin vorgetragenen. Im Hintergund waren immer mal wieder Geräusche wie von einer Säge zu hören und bei den hin und wieder erfolgenden Hammerschlägen hielten die Akteurinnen und Akteure inne.
Schließlich rollte Karl Drais mit seiner Laufmaschine auf die Bühne, gewandet in Frack und Zylinder.
Den gesellschaftlichen Abstieg Drais‘ wurde durch die Bedrohung durch die Obrigkeit und später durch eine Tanzeinlage von Schicksalsgöttinnen (Profitänzer und Nachwuchsschüler aus den Reihen von Annett Schädlich-Hendrix Team von „dance professional“ in Mannheim) verdeutlicht.
Und auch das Schmähgedichts der Kinder im damaligen Mannheim wurde nicht ausgelassen:
„Freiherr von Rutsch
zum Fahre kei Kutsch
zum Reite kein Gaul
zum Laufe zu faul.“
Bis zu diesem Zeitpunkt erschien das Gebotene noch ein wenig bemüht. Doch als am Ende des Tanzes einige der dargestellten Göttinnen in den offenen Fenstern des Schlosses erschienen kam durch die wirklich atemberaubenden interaktiven Projektionen auf der Fassade des Gebäudes echte Begeisterung, die auch weiter anhielt.
Radparade, BMX, Streetdance, Freestyle
In der Folge wurde die Entwicklung des Fahrrades anhand einer Parade verschiedenster Räder demonstriert, die am staunenden Karl Drais vorbeifuhren: Unter anderem vom Hochrad über das Sicherheits-Niederrad, Dreirad, Liegerad, Bonanza-Rad, Klapprad, Tandem, Pedersen-Rad, Lastenrad und Pedelec war fast alles dabei.
Kurz darauf wurden im Hintergrund der Bühne Rampen installiert, doch zunächst zogen Streetdancer (Hip-Hop & Breakdance Crew der Flying Steps) sowie BMX-Radler (Chris Böhm & Friend) mit ihrem artistischen Können die Zuschauer in ihren Bann.
Salti aus dem Stand, ein Sprung über liegende Menschen oder Pirouetten mit dem BMX-Rad, bei dem einem schon beim Zuschauen schwindelig werde konnte, brachten auch den im Vordergrund der Bühne stehenden Karl Drais mehr als einmal zum Staunen. Als der BMX-Radler zum Ende dieses Teils Karl Drais auf seinem BMX-Rad eine Pirouette drehen ließ war das anerkennende Gelächter aber auch der Applaus groß.
Die Handlung zog nun die Aufmerksamkeit der Gäste in den hinteren Bereich der Bühne. Dort stürzten sich in einem schier nicht enden wollenden Reigen Freestyle-Biker (Yannik Romswinckel – und das Team Airtime) die Rampen hinunter, katapultierten sich gegenüber wieder hinauf um in der kurzen Flugphase ihre atemberaubende Kunst zu zeigen:
Da waren u.a. Tabletops (das Rad wird in der Luft „auf die Seite gelegt“), 360° (Three – Sixty, Drehung in der Luft um 360° um die eigene Achse), Nofoot (im Sprung werden beide Füße von den Pedalen herunter genommen) und sogar mancher Backflip (Rückwärtssalto) zu sehen. Besonders letzterer war angesichts der doch beengten Platzverhältnisse auf der Bühne mit kurzem An- und wenig Auslauf eine besondere Herausforderung.
Entsprechend begeistert waren die Zuschauer und spendeten viel und völlig berechtigten Applaus.
„Radkunst“ und…
Im jetzt folgenden Abschnitt wurden von „Karl Radlagerfeld“ einige sehr gewagte und kuriose Kreationen gezeigt, deren Hauptbestandteile allesamt mit dem Rad zu tun hatten: Entweder wurde Lenker und Laufräder zu Röcken vereint oder aus alten Schläuchen und Schutzblechen Kleider gestaltete.
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Da staunte nicht nur einmal mehr der im Mittelpunkt stehende Karl Drais, sondern auch die Gäste der Veranstaltung zeigten sich sehr überrascht ob dieser Radkunst und der Kreativität der Macher.
…Kunstrad!
Der eher ruhigen, wenn auch teils bizarr anmutenden Modeschau ließ die Dramaturgie nun einen weiteren im wahrsten Sinne kunstvollen Programmpunkt folgen:
Ein junges Mädchen auf dem Kunstrad kurbelte die Bühne entlang auf den Erfinder des Fahrrades zu, überreichte ihm in einer anrührenden Geste eine Blume und eröffnete im Anschluss den Kunstradteil mit einer beeindruckenden Darbietung.
In der Folge kamen einige Kunstradlerinnen und -radler (u.a. Lena & Lisa Bringsken – Amtierende Vizeweltmeister im Zweier der Frauen aus der Pfalz und Sarah Seidl & Team vom RC Vorwärts Speyer) auf die Bühne und zeigten ihre Fertigkeiten, die manches Mal der Physik Hohn zu sprechen schienen und auch vom Publikum immer wieder mit wohlverdientem Applaus bedacht wurden.
Zum Abschluss fuhr Karl Drais selbst auf einem Kunstrad einige Runden; bei jeder neuen Runde stiegen weitere Kunstradler auf und schließlich verließ er inmitten einer beeindruckenden Pyramide auf dem Kunstrad fahrend die Bühne.
Großes Finale
Zum Abschluss der Show betraten noch einmal alle Teilnehmer des Abends zu den eingängigen Klängen des eigens für dieses Show von Ruben Rodriguez komponierten und von Katja Friedenberg (bekannt aus The Voice of Germany, 2014 „Best Newcomer“ bei Wahl der Bauer Media Group) professionell vorgetragenen Songs die Bühne und erhielten den verdienten Applaus vom begeisterten Publikum.
Den Initiatoren und Akteuren ist eine beeindruckendes Show gelungen, die mit dem Mittel einer Zeitreise in einer mitreißenden Art die Geschichte des Rades erzählt. Zum Gelingen des Abends trug auch das stabile, trockene Wetter bei, was angesichts der ergiebigen Regenfälle in der Umgebung keinesfalls selbstverständlich schien.
Sehr schade, vor allem für die zahlreichen Akteure auf der Bühne und dahinter: Es fanden recht wenige Zuschauer den Weg zum Schloss. Ob das vielleicht an zurückhaltender Werbung, oder an fehlenden Hinweisschildern lag? Wer weiß…
Zumindest hatten alles Anwesenden einen einen gelungenen Abend mit einer großartigen Show voller berührender und erstaunender Momente rund ums Rad.
Herzlichen Glückwunsch an alle Beteiligten und vielen Dank für dieses tolle Event!
[Fotos und Video: VeloStrom]
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