Gin-E-Bikes aus Großbritannien will beweisen, dass hochwertige E-Bikes nicht teuer sein müssen.
Die im letzten Jahr gegründete E-Bike-Marke Gin bietet nach eigenen Angaben das günstigste Premium-E-Bike. Für 1.090 £ (etwa 1.272 €, inklusive Versand) soll dieses E-Bike sowohl für Straßen, als auch für das Gelände geeignet sein. Das klingt zu schön, um wahr zu sein?
Überblick über die neue E-Bike Marke Gin
E-Bikes werden auch auf der Insel immer beliebter – und auch teurer. Nicht jeder kann oder will 3.000€ oder 4.000€ für ein E-Bike ausgeben. Deshalb bieten immer mehr Hersteller auch günstigere E-Bikes an.
Gin E-Bikes, gegründet 2022 in Großbritannien, ist einer dieser Hersteller. Nach eigenen Angaben besteht das Team aus Fertigung-Experten, die seit 2012 zusammen arbeiteten. Dieses Know-How versetzte das Unternehmen in die Lage, hochwertige Komponenten günstig einzukaufen. Da man die eigenen Gewinnmarge nicht zu hoch ansetze, könne man den Kunden einen attraktiven Preis bieten.
Nach Großbritannien will das Unternehmen jetzt auch in Deutschland Fuß fassen. Das soll mit dem neuen GIN X gelingen, einem E-Bike dass Premium-Ansprüche zum günstigen Preis erfüllen soll.
Gin X ist das weltweit günstigste E-Bike der Premium-Kategorie, sagt zumindest Gin. Es verfüge über alle Funktionen und Spezifikationen, die ein High-End-Elektrofahrrad haben kann.
Als Tester steht man ja schnell im Verdacht, die „High-End-Brille“ aufzuhaben und nur das Beste zuzulassen. Doch wenn GIN ein „Premium“ E-Bike für knapp 1.300 € auf die Räder stellt, sind das starke Worte. Da lohnt ein genauer Blick.
Damit das Folgende besser eingeordnet werden kann, hier das, was „Premium“ im E-Bike-Bereich für mich bedeutet:
- Luftfedergabel
- Schaltungskomponenten in hoher Qualität von Shimano (ab Deore XT), oder SRAM
- hochwertige Bremsen, beispielsweise von Shimano oder Magura
- praktikabel herausnehmbarer Akku oder ein schön teilintegrierter
- Markenantrieb
- hochwertige Beleuchtung
- hochwertige Anbauteile (Hebel, Sattel, Pedale…)
Warum ist das „Premium E-Bike“ von Gin so günstig?
Ein E-Bike für einen Kaufpreis von weniger als 1.500 € zu bauen ist für einen kleinen Hersteller eine echte Herausforderung. Wie schafft es also Gin?
„Die Idee hinter diesem Pedelec ist es, jedem Zugang zu Premium-Spezifikationen zu ermöglichen und gleichzeitig den Preis niedrig zu halten“, sagt Marina Vlasenko, die sich bei GIN um das Marketing kümmert. Sie fügt weiter hinzu: „Aktuell kostet ein ähnliches E-Bike in der Großbritannien etwa 1599 £ und 1999 € in Europa kosten. GIN X bietet jedoch noch mehr Spezifikationen im Vergleich zu diesen E-Bikes für unter 1000 £!“
Auf der Website von Gin findet man einige Fotos des E-Bikes, und einen Teil der Spezifikationen. Die lesen sich aus meiner Sicht jedoch nicht unbedingt wie „Premium“:
Hier ein Auszug der Spezifikationen
- Bürstenloser 250-W-BAFANG-Motor
- Akku mit 615-Wh-Kapazität mit Zellen nach „Tesla-Qualität“
- 7 Gänge (14-28 Zähne)
- Shimano Altus-Umwerfer
- Integrierte Beleuchtung, Ständer und Schutzbleche
- 2,1-Zoll-Reifen von CST
- 27,5 Zoll-Reifen
- Hydraulische Bremsen von ZOOM
- Federgabel mit Lockout
- 4 Zoll großes Display
- Walk-Modus und Anfahrhilfe
- 5 Unterstützungsmodi
- IP66-Schutz
- 5 Jahre Garantie
Wer sich etwas in der Materie auskennt sieht, das überwiegend preiswerte Komponenten zum Einsatz kommen. Das bedeutet nicht, dass die automatisch schlecht sind. Aber Premium ist das aus meiner Sicht eben nicht.
Das teuerste Bauteil am E-Bike ist und bleibt der Akku. Gin verwendet beim Akku „Tesla-Qualität“ als Bezeichnung, geht aber nicht genau darauf ein, was damit gemeint ist. Vermutlich werden die Akkuzellen also vom Hersteller Panasonic kommen. Man könnte das als einen Hinweis verstehen, das an diesem wichtigen Bauteil nicht gespart wurde.
Der Akku scheint auf den ersten Blick fest verbaut zu sein. Jedoch kann er nach unten aus dem Rahmen herausgezogen werden. Damit das funktioniert muss das GIN X jedoch entweder anheben, wofür man eine zweite Person braucht, oder auf die Seite legen. Dann kann der schlossgesicherte Akku entnommen werden.
Das ist unpraktisch, in der Praxis wird man das e-Bike deshalb vermutlich eher zum Aufladen in die Nähe einer Steckdose bringen.
Gin X E-Bike für Pendler geeignet?
Das Gin X soll besonders für Pendler geeignet sein. Darauf deuten die, eher knappen, Schutzbleche, der Hinterbauständer und die vollständige Beleuchtung hin. Aus meiner Sicht fehlt ein wichtiges Teil: Der Gepäckträger. Den gibt es aber wenigstens gegen Aufpreis.
Gin X für Gravel-Biker geeignet?
Es gibt eine Federgabel und die 2,1 Zoll breiten Reifen von CST haben ein leichtes Stollenprofil. Damit ist das GIN X aus meiner Sichtt auch mal für einen gelentlichen Ausflug über unbefestigte Wege geeignet. Ein Gravel-Bike im eigentlichen Sinne ist es meiner Meinung nach eher nicht.
Fazit
Aus meiner persönlichen Sicht ist das GIN X e-Bike nur etwas für Einsteiger, jedoch nur in Großbritannien. Warum?
Natürlich kann ich nur von der Papierform her auf das GIN X schließen, denn ein Testbike stand mir nicht zur Verfügung. Der Hersteller spricht von „Premium-Spezifikationen“. Wenn man darunter das Verwenden von hydraulischen Bremsen, einer Federgabel, eines Bafang-Antriebs und von Akkuzellen in „Tesla-Qualität“ (was immer das auch heißt) versteht, mag das stimmen.
Gleichsam habe ich keinen Überblick über die von GIN angeführten Marktpreise in Großbritannien. Es kann also sein, dass das GIN X auf der Insel ein günstiges Angebot ist. Doch auch GIN kann keine Wunder vollbringen.
Hier in Deutschland wird das E-Bike im reinen Online-Versand knapp 1.300 € kosten. Damit wird es aus meiner Sicht schwer für Gin.
Denn es gibt durchaus vergleichbare, günstige E-Bikes. Etwa von Decathlon, die sogar einen Werkstattservice im Markt anbieten. Für ein paar Euro mehr gibt es E-Bikes von Jeep (sogar im Dienstradleasing) oder von Himiway. Selbst wenn diese online gekauft werden, dürfte im Fall des Falles der Service einfacher zu erhalten sein.
Alternativ kann man auch mit etwas Glück zum Beispiel bei Upway, Greenstorm oder rebike ein günstiges gebrauchtes E-Bike, sogar mit Garantie, in einer ähnlichen Preislage finden.
Manchmal muss es günstig sein, das ist in Ordnung. Man kann auch mit einem preiswerten E-Bike, je nach Anwendung, eine Menge Spaß haben. Vermutlich auch mit dem GIN X. Aus meiner Sicht ist aber das Marketing über das Ziel hinausgeschossen: „Solide“ möglicherweise, aber „Premium“ kann ich bei dem Pedelec nicht erkennen.
So ist es das E-Bike GIN X aus meiner Sicht nur etwas für experimentierfreudige Kunden.
[Text:[at], Fotos: GIN]
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