[at] Die Verkehrswende ist in aller Munde. Im rheinland-pfälzischen Bad Kreuznach redet man nicht nur darüber, es wird gehandelt! Dabei sind breite Radwege erst der Anfang…
Ich bin in der Nähe von Bad Kreuznach aufgewachsen und war als Jugendlicher oft mit dem Rad in der Stadt unterwegs. Dabei hatte man öfter, wie man so sagt „das Totenhemd an“, denn Rücksichtnahme gegenüber Radfahrern war bei Autofahrern in der großen Mehrzahl nicht bekannt, vielmehr war man ein Störfaktor im Verkehr. Und manches mal hatte man das Gefühl, dass dieser so schnell wie möglich beseitigt werden musste. Das galt aber ebenso für Mofa-Fahrer, das nur nebenbei.
Mutige Schritte
Vor kurzem war ich mal wieder in Bad Kreuznach und staunte nicht schlecht: Die Gensinger Straße, eine lange, bisher teilweise je Richtung zweispurige Einfallstraße in die Stadt verfügt teils über einen geteilten Radweg und ist im weiteren Verlauf für PKW sogar nur noch einspurig zu befahren, die zweite Spur ist für Radfahrer reserviert und baulich abgeteilt.
Vorerst zwar nur provisorisch, aber die Mannheimer Straße zeigt, wie es bald wohl aussehen wird: Für Fahrräder reservierte, breite, deutlich gekennzeichnete Fahrspuren in sehr gutem Zustand.
Auf meinem weiteren Weg liegt die Rüdesheimer Straße, eine viel befahrene Ausfallstraße: Jetzt bis zur Bundesstraße hin über fast zwei Kilometer komplett Tempo 30-Zone!
Am Bahnhof steht ein weiteres Großprojekt hin zur fahrradfreundlichen Stadt kurz vor der Fertigstellung:
Die Mobilitätsstation soll am 01.12.2020 eröffnet werden.
Im eleganten und modernen Gebäude werden im Obergeschoß im ersten Schritt 200 zugriffsgsicherte und videoüberwachte Fahrradparkplätze entstehen. Im Erdgeschoss wird eine Fahrradwerkstatt für alle Marken, sowie ein Riese & Müller Erlebnisstore inklusive Zubehör- und Teileverkauf eingerichtet.
Darüber hinaus soll die komplette Badbreite der E-Mobilität vom Kickscooter über E-Bikes, Lasten E-Bikes, E-Rickscha, Microcar und E-PKW als Vermietfahrzeuge zur Verfügung stehen.
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Das Konzept leuchtet weit über die Grenzen der Stadt hinaus: Die Mobilitätsstation soll ins Forschungsprojekt „Mobilstationen als intermodale Schnittstellen im Umweltverbund in der Stadtregion Köln“ aufgenommen werden und dort als Beispiel für eine gelungen Umsetzung dienen.
Beeindruckendes Beispiel auch für andere Städte
Wie kam es zu diesen großen Veränderungen innerhalb recht kurzer Zeit?
Möglicherweise hat die Corona-Krise und die damit einhergehende größere Bedeutung des Radverkehrs etwas mitgeholfen. Den größten Anteil hat jedoch sicherlich Bad Kreuznachs Oberbürgermeisterin, Frau Dr. Heike Kaster-Meurer (SPD), die seit 2011 das Amt innehat.
Zu Beginn ihrer Amtszeit stellte ihr Sven Kriewald, Geschäftsführer von OK Move, einem großen Pedelec-Händler in Bad Kreuznach, ein Pedelec für die Aktion „Stadtradeln“ zur Verfügung. „Das E-Bike hat sie so begeistert, das Frau Dr. Heike Kaster-Meurer bei bei Wind und Wetter und nahezu zu jedem Termin mit ihrem E-Bike fährt.“ ist Sven Kriewald im Gespräch begeistert.
So erfährt die Oberbürgermeisterin buchstäblich natürlich am eigenen Leib, statt nur vom Hörensagen, von den Problemen, mit denen sich Radfahrer in der Stadt an der Nahe tagtäglich herumschlagen müssen. Doch statt diese Probleme nur hinzunehmen, packt sie diese ganz offenbar an, vermutlich auch gegen erheblichen Widerstand von vielen Seiten.
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Bad Kreuznach wird als Kurstadt, sowohl für Einwohner als auch für Gäste, zweifellos von der Wende hin zu mehr Radverkehr profitieren – und kann so als Beispiel auch für andere Städte und Kommunen dafür dienen, das mit engagierten und mutigen Entscheidungen auch innerhalb kurzer Zeit viel mehr beim Thema „Fahrradinfrastruktur“ geht, als man gemeinhin annimmt.
[Fotos: Sven Kriewald]
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