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Test BZEN Milano: Roter Singlespeed-Feger

Lesezeit etwa 9 Minuten

[at] Das BZEN Milano zielt als Singlespeed-Pedelec und Gates-Riemen auf den puristischen, stil- und preisbewußten innerstädtischen Pendler. Geht die Rechnung auf?

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Das BZEN Milano (klicken zum Vergrößern).

Bei BZEN handelt es sich um eine neue Marke auf dem Pedelec-Markt. Die Besonderheit des belgisch-polnischen Unternehmens liegt in der Fertigung: Alle Räder werden inklusive der Elektronik und der Rahmen in Europa hergestellt und zusammengebaut. Die Bikes zielen auf den preis- und stilbewussten urbanen Pendler, sollen sicher, sauber und wartungsarm sein. Mit diesem Anspruch ging Pierre Detry, Gründer der neuen E-Bike-Marke BZEN (Abkürzung für engl. „be Zen”), vor eineinhalb Jahren mit seinem Team ans Werk.

„Entscheidend für ein optimales E-Stadtrad waren für uns ein geringes Gewicht und eine hohe Systemintegration, die zudem für eine minimalistische Optik sorgt”, erläutert Pawel Matuszynski, Designer und Produktentwickler bei BZEN sowie ehemaliger polnischer Downhill-Champion.

Die Räder von BZEN werden im Direktvertrieb vermarktet, der Preis ist mit rund 2.800€ günstig, die Lieferung erfolgt mit 30 Tagen Rückgaberecht kostenfrei direkt an die Haustür.

Das BZEN Milano war als Testbike bei VeloStrom zu Gast.

Singlespeed

Vermutlich war unser aller erstes Fahrrad ein Singlespeed-Bike. Seit einiger Zeit erlebt das Eingangfahrrad besonders in den Metropolen einen Boom. Die Frauen und Männer mit den „eisernen Waden“ erfahren einen Bewunderung, die aus dem Wissen um die Mühsal des Fahrens mit nur einem Gang resultiert. Dazu kommt, dass wohl kaum ein Fahrrad einen „cleaneren“ Look ermöglicht, als ein Bike ohne Schaltung.

Die Möglichkeit, ein Singlespeed-Bike mit einem Pedelec-Antrieb zu kreuzen ermöglicht den erstrebten cleanen Look auch für Bikes, ohne die Nachteile einer fehlenden Schaltung in Kauf nehmen zu müssen.

Das Milano von BZEN geht das sogar noch einen Schritt weiter und bietet mit dem Gates-Riemen einen wartungsfreien und besonders leisen Antrieb.

First Look

Das Rad kommt in einem erfrischenden rot, der das vorherrschende grau-schwarze-monochrom der meisten heutigen Bikes durchbricht und alleine schon deshalb ein Eyecatcher ist.

Als zweites fällt die betont schlanke Silhouette auf. Die schmalen Schutzbleche sind an filigranen Haltern fast schwebend befestigt. Dem Gepäckträger, kaum breiter als der Hinterreifen selbst, möchte man kaum mit Last behelligen. Doch er kann einiges ab, auch mehr als das, was üblicherweise in eine Büroaktentasche passt.

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Sattelrohr, rechte (klicken zum Vergrößern)…

Dem Anspruch eines Pendlerbikes entsprechend ist natürlich auch ein Lichtanlage, hier sogar mit Dämmerungssensor, verbaut, das Rücklicht versteckt sich, sehr stylisch und vor allem StVZO-konform, in der Sattelstütze. Ebenfalls zum Anwendungsszenario passen die griffigen Pedale von Wellgo und der Mittelbauständer.

Alle Anbauteile außer sind in mattem schwarz gehalten und bringen durch diesen Kontrast den roten Rahmen des BZEN Milano noch besser zur Geltung.

Zurückhaltend dagegen fällt die Markenbezeichung aus: Am kräftig dimensionierten Steuerrohr findet man ein Logo, ebenso an der rechten Seite des Sattelrohrs, das war’s. Das passt prima zum Thema „cleaner Look“ und weckt die Neugier mitradelnder Zeitgenossen.

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…und linke Seite (klicken zum Vergrößern).

Das es sich um ein Pedelec handelt ist erst auf den zweiten Blick zu erkennen. Für die zurückhaltende Optik sorgt der im Rahmen versteckte Akku (7Ah, 252 Wh) sowie der Hinterrad-Nabenmotor von Bafang. Das Bedienelement am linken Lenkerende bietet nur die nötigsten Bedien- und Anzeigeoptionen und ist, neben der an der unteren linken Seite des Sattelrohrs eingebauten Ladebuchse der offensichtlichste Hinweis darauf, dass es sich beim Milano um ein Pedelec handelt.

Mit tief montiertem Lenker und entsprechen großen Sattelüberhöhung ist klar, dass sich das BZEN Milano als sportliches Rad versteht.

First Drive

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Die Sitzposition ist auch das, was beim Aufstieg auf das Milano sofort auffällt. Sie ist nämlich genauso sportlich wie sie aussieht und fördert die Ausbildung einer guten Körperspannung. Die Hände fallen auf die guten Halt bietenden Schraubgriffe, die Bremsgriffe (Shimano M315) sind für meine Hände griffgünstig gestaltet. Die griffigen Pedale bieten eine gute Auflagefläche und sind auch für Business-Schuhe tauglich.

Ein etwas längerer Druck auf den „on“-Schalter aktiviert das elektrische System, doch noch lasse ich die Unterstützung ausgeschaltete; ich bin gespannt, wie sich ein Singlespeed-Bike anfühlt.

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Jahrelang gewohnt an das, dank Schaltung, leichte Anfahren in einem niedrigen Gang, ist das Anfahren mit dem BZEN Milano ohne Unterstützung ein ganz anderes Ding: Es tritt sich schwer, erst als ich aus dem Sattel gehe, wird es leichter. Einmal in Fahrt klappt es besser, jedoch sucht der rechte Daumen unbewusst beim Erreichen der Wohlfühlkadenz nach dem Schalter für den nächsten Gang – jedoch vergebens. Also lasse ich es beim erreichten Tempo, doch schon die erstbeste kleine Steigung zwingt mich wieder aus dem Sattel. Puh, Singlespeed-Fahren ist genauso anstrengend wie ich dachte, das mit den „eisernen Waden“ mehr als nur ein Mythos.

Also schalte ich mit dem linken Daumen die E-Unterstützung auf Stufe eins von vieren – und schwupps geht es wesentlich leichter voran; die weiteren Stufen legen, gut spürbar, noch ein paar Newtonmeter drauf. Der Preis dafür ist eine deutliche Änderung der Geräuschkulisse. Das vorher fast lautlose Dahingleiten wird nun vom deutlichen Surren, verursacht von den Getrieberädern des Hinterradnabenmotors, begleitet. Unter Last wird der Motor noch ein bisschen knurriger.

Auf den weiteren Fahrten nutze ich die Unterstützungsstufen dann als Ersatz für eine Schaltung. Das klappt nach einer kurzen Gewöhnungszeit recht gut, bewahrt mich aber an stärkeren Steigungen nicht davor, in den Wiegetritt zu verfallen um meine persönliche Kadenz zu halten. Das sorgt für das verblüffende Erlebnis, am Berg nicht langsam fahren zu können und damit zu einem deutlich erhöhten Puls am Ende der Steigung. Da soll mal einer sagen, Pedelec fahren wäre unsportlich.

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Bzen Milano: Mit 16,21 kg als Pedelec recht leicht (klicken zum Vergrößern).

Bergab zeigten sich die Bremsen der Dynamik des BZEN stets gewachsen. Ebenso ist das Fahrverhalten sehr stabil, hier zeigt sich die Handschrift des Downhill-Cracks Pawel Matuszynski.

Die Übersetzung des BZEN Milano ist für mich bestens gewählt. Auf ebener Strecke erreiche ich in der ersten Unterstützungsstufe die Abregelgrenze bei einer angenehmen Trittfrequenz, die ich auch auf längeren Strecken gut fahren kann.

Beim Start an der Ampel hat es sich für mich bewährt, zunächst die vierte Stufe zu nutzen um zügig in Gang zu kommen und dann „zurückzuschalten“.

Nochmal zum Thema „Sportlich“: Neben der Geometrie des Rahmens sowie Sattel und Lenker sorgen die stramm aufgepumpten Continental Contact City Reflex im Format 622×42 des Milano natürlich auch für eine gewisse Härte, die aber zum Charakter des Bikes passt.

Auf etwas rauherem Geläuf zeigt die sonst routinierte und gute Verarbeitung des BZEN Milano dass sie an einer Stelle noch etwas Feinschliff vertragen könnte: Der Akku klappert im Rahmen; es klingt genau so, wie sich früher Rahmenpumpen anhörten. Etwas Feinarbeit könnte auch das Einsetzen der Unterstützung brauchen. Trotz Drehmomentsensoren erfolgt sie oft noch etwas hemdsärmelig, ein etwas sanfteres Ansprechen würde den Fahrspaß noch weiter steigern.

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Dank geringem Gewicht ist der Transport des Bzen Milano kein Problem (klicken zum Vergrößern).

Ein großer Vorteil des Milano ist das, für ein voll StVZO-konform ausgestattetes Pedelec, mit 16,21 kg geringe Gewicht. Das Tragen über Kellertreppen oder das Heben auf einen Fahrradträger stellt kein Problem dar.

Mit etwas Training könnte man mit dem Bike auch auf Reisen gehen: In den Zug ist es schnell gehoben, und das ungewöhnlich kompakte Netzteil (ca. 12x5x6 cm) nimmt im schmalen Gepäck nicht viel Platz weg. Die Kehrseite dieser Medaille: Durch den eingebauten Lüfter ist der Ladevorgang deutlich wahrnehmbar. Das könnte aber weniger stören als gedacht. Denn durch den im Rahmen fest verbauten Akku kann selbiger nur im Garage oder Keller geladen werden. Und da stört das Lüfterrauschen in der Regel nicht.

Technische Daten BZEN Milano:

  • Motor: 250W, 36V Bafang Hinterrad-Nabenmotor
  • Steuerung: Motorsteuerungssystem mit Torque-Sensor
  • Tretkraftunterstützung: bis 25km/h
  • Akku: 7Ah, 36V, 252Wh
  • Gewicht: 16,21 kg
  • Farben: rot, gold, mattweiß, mattschwarz, blau, silber
  • Größe: L und M
  • Bremsen: Shimano M315
  • Laufrad: Rodi Viper, 28″
  • Sattelstütze: LightSkin 31.6mm
  • Pedale: Wellgo Plattformpedal mit Beschichtung
  • Bereifung: Continental Contact City Reflex 622×42
  • Rahmen: Aluminium 7020
  • Antrieb: Gates Carbon Riemenantrieb

Fazit: Gelungenes Bike mit tollem Preis-Leistungs-Verhältnis!

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Bzen Milano: Gelungenes Bike mit tollem Preis-Leistungs-Verhältnis! (Klicken zum Vergrößern.)

Das BZEN Milano ist perfekt auf seinen Einsatzzweck ausgerichtet. Es eignet sich prima zum Einsatz als Pendlerbike – zumindest solange es halbwegs eben ist. Kleine Steigungen wie Brückenauffahrten lassen sich mit der gekonnten Variierung der Unterstützungsstufen oder leichtem Wiegetritt bewältigen.

An längeren oder steileren Steigungen, wie sie beispielsweise im rheinhessischen Hügelland oder im Hinterland des Bodensees zu finden sind, sorgt der dann erforderliche Wiegetritt für ein deutliches Anspringen des Kreislaufs. Andererseits sorgt das für einen Trainingseffekt, wie ich an meinen eigenen Waden gut nachvollziehen konnte.

Das Milano erscheint nicht nur sportlich, es ist es auch. Und es ist eines der Pedelecs, die einen hohen Trainingseffekt versprechen.

Näheres Informationen gibt es unter www.bzenbikes.com.

Mein Dank geht an BZEN für das zum Test kostenfrei zur Verfügung gestellte Bike.

Eine Alternative zum Bzen Milano könnte das Cowboy 3 sein. Beide E-Bikes habe ich euch hier zum Vergleich mal gegenüber gestellt.

[Text: [at], Fotos: VeloStrom]

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Alexander Theis
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