Fahrradfahren in der Stadt
Fahrradinfrastruktur

ADFC: 200 Jahre Fahrrad- und nun?

Lesezeit etwa 4 Minuten

Radfahren ist angesagt, aber im Autoland Deutschland fehlt es an Platz und Geld für das Fahrrad. Mehr Radverkehr ist politisch gewollt – und doch entwickelt er sich nicht wie gewünscht. Zur Bundestagswahl hat der ADFC deshalb ein Aktionsprogramm aufgelegt, um die Politik aufzurütteln.

Fahrradfahren in der Stadt
Oftmals werden Radwege als Parkstreifen genutzt, das sorgt für unnötiges Gefahrenpotenzial (Klicken zum Vergrößern)

 

ADFC-Bundesgeschäftsführer Burkhard Stork sagt: „Seit Jahren hören wir politische Bekenntnisse zum Fahrrad – aber auf den Straßen tut sich so gut wie nichts. Es genügt nicht, Streifen und Piktogramme auf die Fahrbahn zu malen. Wer den Radverkehr wirklich fördern will, muss dem Auto Platz wegnehmen und die Menschen mit sehr guter Infrastruktur, Parkmöglichkeiten und anderen Angeboten zum Radfahren einladen. Dafür wollen wir Politikern Mut machen, denn es geht um ein völlig neues Verständnis von Mobilität!“

Auf der Aktionswebsite www.radlandjetzt.de stellt der ADFC zentrale Forderungen zur Bundestagswahl auf und wirbt um Unterstützer:

1. Vorrang für Radfahrer, Fußgänger und ÖPNV vor dem Autoverkehr

2. 800 Mio. Euro Bundesmittel pro Jahr für Radverkehr (bisher: 130 Mio von 6 Mrd. Euro Straßenbau-Etat)

3. Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit in Ortschaften

4. Verbindliche Qualitätsstandards für den Bau von Radwegen

5. Vorrang für Radschnellwege vor Stadtautobahnen

6. Zweckgebundene Finanzmittel für Kommunen zum Ausbau des Radverkehrs

7. „Vision Zero“ (Null Tote im Straßenverkehr) als oberste Prämisse in die StVO

8. Eine/n Parlamentarischen/n Staatssekretär/in für das Rad

ADFC-Aktive in ganz Deutschland planen Straßenaktionen, um den Forderungen Nachdruck zu verleihen. Darunter:

  •  17. Juni: ADFC-Sternfahrt Magdeburg
  • 18. Juni: ADFC-Sternfahrt Hamburg
  • 15. September: PARK(ing)Day mit ADFC-Aktionen

· Jederzeit: Popup-Radspuren – kreative Umwidmung von Autospuren auf Zeit (Beispiel Köln)

Hashtag #radlandjetzt

Unter dem Hashtag #radlandjetzt können Radfahrende bis Ende des Jahres ihre guten und schlechten Erfahrungen aus dem Fahrradalltag sowie Bilder von Aktionen posten. Die Postings werden auf der Social Media Wall auf http://www.radlandjetzt.de gespiegelt.

Nicht 2043, sondern jetzt!

Deutschland feiert in diesen Tagen den 200. Geburtstag des Fahrrads. Was damals als exklusive Alternative zu Pferd oder Kutsche entwickelt wurde, ist zum hocheffizienten Massenverkehrsmittel geworden.

Heute gibt es mit 73 Millionen Stück, darunter drei Millionen Pedelecs, fast doppelt so viele Fahrräder wie Autos. Die Produktvielfalt ist riesig, die Investitionsbereitschaft der Deutschen in Fahrräder und Zubehör steigt beständig.

Aber der Boom scheint sich auf Sport und Freizeit zu beschränken, während es auf den unterdimensionierten Alltagsradwegen immer enger wird. Auf 15 Prozent will die Bundesregierung bis 2020 den Radverkehrsanteil steigern (derzeit: 12 Prozent). Beim derzeitigen Tempo wird das Ziel nach Berechnungen des ADFC aber erst 2043 erreicht.

Maßstab: Niederlande

Seit den 1980er Jahren fördern die Niederlande das Radfahren massiv und ermutigen Bürger, Strecken mit dem Fahrrad oder zu Fuß zurückzulegen. Auto-Zufahrtsmöglichkeiten in die Stadtzentren werden eingeschränkt, Parkgebühren erhöht, Kfz-Verkehrsflächen reduziert und Radwege gebaut, durchgängige Radverkehrsnetze und Parkmöglichkeiten angelegt sowie das Tempo innerorts auf einem Großteil der Straßen auf 30 km/h begrenzt.

Der Erfolg ist durschlagend: 27 Prozent aller Wege werden in den Niederlanden mit dem Rad zurückgelegt (D: 12%). 25 Prozent pendeln mit dem Rad statt mit dem Auto zur Arbeit (D: 10%). Über 1.000 Kilometer legt jeder niederländische Einwohner pro Jahr auf dem Rad zurück (D: 430 km). Stork: „30 Prozent Radverkehrsanteil in den Städten sind kein Hexenwerk. Wir zeigen jetzt, dass die Menschen die Verkehrswende wollen!“

Über den ADFC

Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club e.V. (ADFC) ist mit mehr als 160.000 Mitgliedern die größte Interessenvertretung der Radfahrerinnen und Radfahrer in Deutschland und weltweit. Er berät in allen Fragen rund ums Fahrrad: Recht, Technik und Tourismus. Politisch engagiert sich der ADFC auf regionaler, nationaler und internationaler Ebene für die konsequente Förderung des Radverkehrs.

[Text: ADFC, Foto: ADFC/Gerhard Westrich]

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Alexander Theis
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