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Interview Urlaub

Radreise in Italien: Auf was muss man achten?

Lesezeit etwa 8 Minuten

Italien gilt vielen als Sehnsuchtsziel. Doro Staub hilft auf missmove.ch, diese Sehnsucht zu erfüllen. Ein Interview.

Wohl mindestens seit Goethe ist „das Land in dem die Zitronen blühen“ Sehnsuchtsziel vieler Deutsche. Ich nehme mich da nicht aus: Alleine beim Gedanken an das berühmte Goethe-Zitat aus seiner „Italienischen Reise“ stehe ich in meiner Fantasie in Limone am Gardasee in einer der (ehemaligen) Zitronenplantagen und schaue auf den blauen Gardasee hinaus…

Tipps zu Radreisen in Italien

Radreisen geben einen ganz anderen Blick auf Land und Leute. Ich erinnere mich unter anderem sehr gerne an eine Tagestour mit dem Rad vom Gardasee nach Verona. Oder an ein denkwürdiges Mittagessen in einer rustikalen Trattoria auf dem Weg nach Castel Gandolfo. Oder an die Rennradtour mit dem e-Roadbike Ducati Futa Limited Editon am Lago Molveno.

Doro Staub ist viel mit dem Rad in Italien unterwegs und pflegt mit „missmove.ch“ eine umfangreiche Seite mit Tipps zu Radreisen in Italien. Ich habe mit der sympatischen Schweizerin ein Interview geführt.

Wie bist du auf die Idee gekommen, eine Website mit Tipps für Fahrradreisen in Italien zu erstellen?

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Doro Staub: Seit 2012 mache ich Radreisen in Italien, fast immer alleine. 2015 bin ich auf die Idee gekommen, diese Reisen in einem Blog festzuhalten – so entstand Miss Move. Eigentlich mehr, weil ich Lust aufs Bloggen und Schreiben hatte und ein Thema dafür brauchte. Es begann also wie bei so vielen, mit einem privaten Blog, den erst mal Schwester und Freunde lasen. Anfangs waren es reine Erfahrungsberichte. Nach und nach kamen Fragen von mir nicht bekannten Menschen, und ich begann Themen-Artikel zu schreiben, die offenbar gefragt waren.

Wie hast du deine Kenntnisse und Erfahrungen im Bereich Fahrradtouren und Italienreisen erworben?

Doro: Ganz einfach, indem ich so oft wie möglich in Italien Rad fuhr. Bis 2016 war ich noch angestellt und verbrachte jeden Urlaub auf dem Fahrrad in Italien. Seit 2017 arbeite ich ortsunabhängig und konnte darum viel mehr Zeit unterwegs verbringen. Schließlich habe ich dann auch längere Zeit in Italien gelebt und so auch viel über das Land jenseits des Fahrrad-Sattels gelernt.

Wie wählst du die Routen und Ziele für deine Tipps aus und was sind deine Kriterien dafür?

Doro: Ich selber fahre immer noch nach Lust und Laune und einigermaßen ungeplant, versuche aber da zu fahren, wo ich noch nicht war, um mehr Fotos und Eindrücke für Miss Move zu bekommen. Darüber schreibe ich dann auch gerne. Mehr und mehr merke ich aber, dass viele Leser*innen wesentlich geplanter unterwegs sein möchten als ich. Das heißt, dass sie sich GPS-Daten wünschen und auf “sicheren” Straßen fahren möchten. Das ist ein ganz anderer Anspruch an die Routenwahl als das, was ich selber mache. Darum sind meine Artikel in den letzten Monaten strukturierter geworden. Weniger Reiseberichte, aber mehr Infos zur Planung.

Wie wichtig ist dir die Authentizität und Originalität deiner Tipps, und wie versuchst du, dies zu gewährleisten?

Doro: Enorm wichtig. Glaubwürdigkeit ist einer der wichtigsten Werte, die ich für Miss Move habe. Ich schreibe nichts, das ich nicht selber erlebt oder zumindest sauber abgeklärt habe. Da komme ich jetzt eben manchmal etwas ins Dilemma mit den Leserwünschen: Ich habe Touren auf meinem Blog, die ich selber noch nie komplett abgefahren bin, bloss stückweise. Da habe ich schon so meine Skrupel, ob ich die jetzt so “bewerben” kann, ohne die Erfahrung selber gemacht zu haben. Darum freue ich mich auch über Gastartikel, weil dort jemand anders die Routen beschreibt, die ich selber nicht gefahren bin.

Wie interagierst du mit deiner Zielgruppe und wie nimmst du Feedback und Anregungen entgegen?

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Doro: Radreisen in Italien ist ja eine ganz kleine Nische, darum ist auch meine Zielpublikum überschaubar – solange ich nur auf Deutsch schreibe. In meinem Newsletter zeige ich mich als Doro und verstecke mich nicht hinter dem Brand Miss Move. Das hilft sehr, um nahe an der Zielgruppe zu sein. Ich bekomme auch eine Menge Mails mit Fragen, die ich einzeln beantworte. Da kommt es schon vor, dass ich dann von unterwegs mal ein Foto bekomme, was mich natürlich sehr freut.

Kürzlich habe ich eine Umfrage in meinem Newsletter gemacht, um herauszufinden, was sich meine Leser*innen wünschen. Das war teilweise überraschend, teilweise eine Bestätigung. Selbstverständlich versuche ich, diese Wünsche bestmöglich zu erfüllen und entsprechend meine Arbeit anzupassen.

Lustig war in der Umfrage, dass mir jemand geschrieben hat: “Bitte bleib beim “Bio-Rad”, bloß kein E-Bike” – und jemand anderes: “Bitte mehr E-Bike-Touren.” Das zeigt halt, dass es unmöglich ist, allen gerecht zu werden. Ich versuche, solche Dinge transparent in meinem Newsletter zu kommunizieren.

Wie nutzt du Social-Media-Plattformen, um deine Website zu bewerben und deine Inhalte zu teilen?

Doro: Kaum. Ich habe eine Facebook-Gruppe zu Radreisen in Italien (https://www.facebook.com/groups/radreiseninitalien), aber da mache ich praktisch keine Werbung für Miss Move. Auf der Facebook-Seite poste ich 2-3x pro Woche etwas, aber das ist mehr Spass als Werbung. Und der Instagram-Account kommt erst wieder in Fahrt, wenn ich im nächsten Mai und Juni wieder auf Tour bin.

Kurz: ich setze zu 95% auf SEO („Search Engine Optimization“, deutsch: Suchmaschinen-Optimierung, Anm.d.R.) und Pinterest. Nicht weil mir Social Media nicht passt, sondern weil ich aus Zeitgründen Prioritäten setzen muss. 

Arbeitest du mit Unternehmen und Partnern zusammen, um deine Website und deine Dienstleistungen zu fördern?

Doro: Noch nicht, aber ich bin offen 🙂

Wie nimmst du die Bedeutung des Radverkehrs in Italien wahr, gibt es Änderungen in den letzten Jahren?

Doro: Ich sehe, dass die Italiener*innen immer mehr Lust auf Radfahren und auch Fahrradurlaub haben, aber die Infrastruktur ist leider immer noch sehr schwach, und darum machen sie ihre Radreisen eher im nördlicheren Ausland. 

Das sollte auch allen bewusst sein, die als Touristen in Italien Rad fahren. Radwege, wie wir sie im Norden kennen, sind in Italien selten. Die hohe Akzeptanz des E-Bikes in Italien gibt aber dem Radverkehr ordentlich Schub, so dass zu hoffen ist, dass da mehr Druck von der Bevölkerung kommt, um die Infrastruktur zu verbessern.

Dass im 2022 die erste Radreise-Messe in Italien von ganz vielen Menschen praktisch überrannt wurde, halte ich für ein klares Zeichen. Auch dieses Jahr findet wieder eine Radreise-Messe statt. Ich bin gespannt, wie sie sich entwickelt.

Wie siehst du die Zukunft deiner Website, und welche Pläne hast du dafür?

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Doro: Miss Move soll zwar professioneller werden, aber persönlich bleiben. Ich will kein anonymes Magazin, auch wenn das oft hübsch aussieht und vermutlich mehr Geld bringen würde. Mir ist der persönliche Kontakt wichtig, die individuelle Beratung.

Vor ein paar Monaten habe ich angefangen, Radreise-Beratungen anzubieten. Da arbeite ich Interessierten einen Vorschlag für ihre Wunschtour aus, und wir besprechen ihn in einem Video-Call. Mir macht das total Spass, und die Interessierten sparen viel Zeit und Nerven bei der Planung.

Zudem bin ich daran, ein Buch über Radreisen in Italien zu schreiben. Das ging als großer Wunsch aus meiner letzten Umfrage hervor. Tatsächlich gibt es im deutschsprachigen Raum noch kein Buch, das Radtouren in Italien vorstellt und Infos, inklusive Karten und GPS-Daten enthält. Eine echte Marktlücke, die ich jetzt schließen werde. Und dann schaue ich, wie sich die Dinge weiter entwickeln.

Welche 3 wichtigsten Tipps hast du für Reisende zu geben, die eine Fahrradtour in Italien unternehmen möchten?

Doro:

  1. Cool bleiben. Der italienische Verkehr ist nicht so arg wie sein Ruf. Ja, die Italiener gehen großzügiger mit Verkehrsregeln um als wir im Norden, aber das funktioniert insgesamt ganz gut. Wir sollten nicht auf unseren Regeln beharren, sondern einfach mit dem Verkehr mitfließen, sonst richten nämlich wir selber das Chaos an. Und wie immer auf dem Fahrrad: wenn wir sehr klar und bestimmt agieren, werden wir auch respektiert.
  2. Neugierig bleiben. Viele wollen ihre ganze Reise durchplanen. Bereits im Januar alle Übernachtungen für eine Tour im Juni reservieren. Das kann man natürlich machen, aber ich finde, mit einer offeneren Planung bleibt viel mehr Raum für Überraschungen und diese magischen Momente des Reisens. 
  3. Das Schwierigste an einer Radreise in Italien ist die An- und Rückreise mit Fahrrad im Zug. Weil dazu so viele Fragen kämen, habe ich eine Wegleitung geschrieben, die sich alle im Tausch gegen die E-Mail-Adresse herunterladen können: https://missmove.ch/wegleitung-fahrradmitnahme-italien/

Vielen Dank für deine Zeit!

Doro: Gerne! Ich wünsche allen eine vergnügliche Reise!

Mehr Infos zu Doro aka Miss Move gibt es obline unter https://missmove.ch/

[Text:[at], Doro Staub, Fotos: Doro Staub]

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Alexander Theis