Coach Gunnar Schmidt
Interview

Interview: Gunnar. für Fahrradhändler

Lesezeit etwa 8 Minuten

Gunnar Schmidt coacht Fahrradhändler: „Es ist immer ein Mitmachprogramm.“

Mit dem E-Bike-Boom haben sich die Herausforderungen an Fahrradhändler geändert. Wurde früher „nur“ geschraubt muss heute mit digitalen Tools hantiert werden. Zusätzlich erwarten die Kunden eine fundierte Beratung bei einer immer größer werdenden Modellflut.

Gunnar Schmidt aus Rostock ist systemischer Coach. Er zeigt Fahrradhändlern wie sie diese neuen Herausforderungen meistern – zur Steigerung der Zufriedenheit auf Seiten der Händler, Mitarbeiter und der Kunden. In diesem Interview erzählt er, wie er dazu kam und was er genau macht.

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Gunnar Schmidt

Gunnar, wie bist du zum Thema „Fahrrad“ gekommen?

Gunnar Schmidt:

An dieser Stelle muss ich 2 Geschichten erzählen. Die eine handelt von meiner Verbindung zum Fahrrad. Die andere von mir als Verkäufer und Kommunikator.  

Als junger Mann liebte ich die Momente, in denen ich viel verkaufte. Über meine Produkte wusste ich nahezu alles, kannte jedes Detail. Selbst erfahrene Kollegen holten sich bei mir Informationen. Doch in Zeiten der Flaute bekam ich keine Abschlüsse, während die Erfahrenen weiterverkauften. Was machten sie anders? Bei meiner Suche nach ihrem Geheimnis habe ich dann nach und nach verstanden, worum es im Verkauf wirklich geht und wie leicht es dann sein kann. So lernte ich von großartigen Trainern, wie ich tatsächlich Einfluss nehmen kann und dadurch bessere Ergebnisse möglich wurden. Dies prägte meine Sicht als Verkäufer, später als Führungskraft und heute als Coach und Trainer.

Bevor es langweilig wird, kommen wir zum Rad.

Abgesehen davon, dass ich in Nachbarschaft eines Tour de France Siegers aufwuchs habe ich mit Radsport keine Berührungspunkte. Ich gehöre zur großen Gruppe der gewöhnlichen Alltagsradfahrer. Als kleines Kind erweiterte das Fahrrad meinen Bewegungsradius und als junger Kerl hielt es mich mit Freunden und meiner Stadt in Kontakt. Als Erwachsener lernte ich das angenehme Tempo und die Freiheit beim Erkunden unbekannter Orte schätzen. Mittlerweile habe ich mein Auto abgeschafft und das Fahrrad ist Transport-, Freizeit- und Genussmittel in einem. Es ist und bleibt für mich die effektivste und nachhaltigste Form der Fortbewegung.

Beide Geschichten fügten sich jedoch nicht von Zauberhand zusammen. Stattdessen war es ein besonderer Fahrradhändler meiner Heimatstadt, der mit mir ins Coaching für seine Verkäufercrew einstieg. Was aus diesem Auftrag erwachsen würde, war mir nicht im Ansatz klar. Für diesen Kuppeldienst bin ich dem Inhaber noch heute dankbar. 

So fügte sich zusammen, was mich heute von meinem Traumjob sprechen lässt.

Eine Ausbildung zum systemischen Coach? Was ist das?

Wie verkaufen geht, wusste ich ja aus meiner beruflichen Vorgeschichte. Wie aber kann ich Menschen dazu einladen, etwas Neues auszuprobieren, wie funktioniert eigentlich persönliche Entwicklung und wie gelingt Weiterbildung?

Da ich gerne etwas von dem was ich tue verstehe, war für mich eine fundierte Ausbildung unumgänglich.

Das systemische Coaching folgt einigen Grundhaltungen. Zum Beispiel, dass jedes Handeln einer guten Absicht folgt. Oder auch, dass wenn eine Person etwas erlernen kann, kann es grundsätzlich jede Person.

Diese Ansichten teile ich und sie fließen heute in meine tägliche Coaching- und Beraterarbeit ein. 

Siehst du eher die großen Ketten oder die kleinen Bikeshops als deine Kunden?

Statt nach Größe zu unterscheiden, schaue ich auf etwas anderes. Ich habe mich den lokalen Händlern verschrieben. Meine Kunden sind die Händler, die nach vorne gehen, die sich weiterentwickeln wollen und es ein wenig mit Tiger Woods halten. Er sagte einst: „Ich messe den Erfolg nicht an meinen Siegen, sondern daran, ob ich jedes Jahr besser werde.“

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Verkaufstraining speziell für Fahrradläden, da gibt es sicher einige Anbieter?

Natürlich bin ich nicht der einzige Coach, Trainer und Berater für Fahrradläden.

Die Wege., auf denen ich heute die Fahrradhändler unterstützen kann, wurden oftmals von anderen Profis angelegt. Einige dieser Pioniere sind seit Jahrzehnten in der Branche.

Was ist das Ziel bei deinem Coaching?

Ich habe 2 Ziele im Blick. Zum einen möchte ich, dass Menschen gern einen Fahrradladen besuchen. Weil dort eine tolle Begegnung auf Augenhöhe stattfindet, sehr gut und fair beraten wird und ein ehrliches Produkt gekaufen und repariert werden kann. Weil sie sich im Bikeshop einfach sauwohl fühlen.

Und zum anderen möchte ich dazu beitragen, dass die Fahrradläden Orte sind, an denen auch gern gearbeitet wird. Also habe ich immer die Kunden und die Mitarbeiter im Blick.

Wenn sich Radläden wie durchgestylte und standardisierte Autohäuser anfühlen ist etwas schief gelaufen.

Welche Zeit braucht so ein Coaching?

Am Ende geht Coaching immer mit Veränderung und Entwicklung einher. Diese sollte niemals stoppen. Natürlich gibt es Zeiten, in denen ich als Impulsgeber in vor Ort Coachings oder Workshops aktiv bin. In anderen Phasen ist das eigene Ausprobieren und Überprüfen wichtiger. Manchmal ist es mit einem Videocall schon getan und manchmal ist ein anderer Umfang, zum Beispiel die Erstellung des „Handbuchs Fahrrad-Verkauf“ nötig. Die Zeit passt sich dem Ziel an.

…und wie läuft das ab?

Ich arbeite immer gemeinschaftlich und auf Augenhöhe mit den Teilnehmern. Dabei nutze ich ihre Kompetenzen, Erfahrung und Ressourcen. Das heißt in meinen Coachings oder Trainings sind die Mitarbeiter des Bikeshops immer vollintegriert. Es ist immer ein Mitmachprogramm.

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Das klingt fast wie eine Unternehmensberatung…

Am Ende verschwimmen die Grenzen. Ist es Unternehmensberatung oder schon Coaching oder doch Training? Mir ist es wichtig, dass ich meinen Beitrag zur Veränderung liefern kann. Manchmal haben meine Kunden ein Problem aufzulösen und manchmal braucht es meinen Windschatten, um den nächsten Schritt in der Unternehmensentwicklung zu machen. Das Ziel meiner Kunden steht für mich im Fokus.

Wie optimierst du die Prozesse?

Dafür darfst du mich buchen 😉

Und welche Rolle spielt da die Digitalisierung?

Auf der einen Seite kommen wir an der Digitalisierung nicht mehr vorbei. Punkt.

Auf der anderen Seite halte ich nichts davon, auf Teufel komm raus zu digitalisieren. Mein Ziel ist es, die modernen Hilfsmittel zu nutzen, um etwas Unersetzbares zu ermöglichen bzw. auszubauen: Die echte Begegnung zweier Menschen. Zeit für Austausch und Gänsehaut. Wenn digital das kann, dann her damit.  

Welche besonderen Projekte hast du geplant?

Zur Zeit habe ich 2 besondere Projekte. Aktuell erstelle und scheibe ich das „HANDBUCH FAHRRADVERKAUF – DAS ORIGINAL“ mit den VerkäuferInnen der Bikeshops und sichere so wertvolle Methoden für die Zukunft der Läden und deren Begegnungsqualität. Es macht viel Arbeit, bringt tolle Erkenntnisse für die Shops und eine Menge Spass.

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Für einen Start in diesem Jahr entwickle ich momentan einen berufsbegleitenden Weiterbildungskurs mit dem Arbeitstitel „In 100 Tagen vom Bäcker zum Fahrradverkäufer“ der begeisterten Talenten hilft, in Windeseile erfolgreich zu Beraten und Verkaufen. Die Warteliste ist bereits eröffnet. Zur Warteliste kommst du über meinen Online-Kalender und dem Punkt „Anfrage 100 Tage-Verkauf-Kurs“

Wo siehst du dich in 5 Jahren?

Dass ich in 5 Jahren immer noch die richtigen Antworten für die Veränderungen, Herausforderungen und Challenges meiner lokalen Fahrradhändler habe. Dafür werde auch ich jeden Tag weiter lernen und mich entwickeln.

Welche Wünsche hast du für die Zukunft?

Ich wünsche mir, dass die vielen lokalen Fahrradhändler, die seit Jahren das Thema Fahrrad vorangetrieben haben auch in der Zukunft einen festen Platz in der Zweiradmobilität haben. Ich wünsche mir, dass sie weiterhin die Welle von oben abreiten.

Einsame Insel: Welche drei Gegenstände nimmst du mit und warum?

Meine wundervolle Frau. Ein treues Faltrad und WIFI als Zugang zu Wissen.

Welches Thema außer „Fahrrad“ elektrisiert dich noch?

Man sagt mir nach: In Kontakt mit der Natur zu sein wäre wichtig. Alles, was oder wem ich das erste Mal begegne. Egal ob Technologie, Kultur oder Erkenntnisse. Meine Familie.   

Gunnar, vielen Dank für das Gespräch!

Mehr zu Gunnar Schmidt und seinem Beratungsangebot ist auf seiner Website www.gunnarschmidt.bike zu finden.

[Text:[at], Gunnar Schmidt | Fotos: Christiane Zenkert www.christianezenkert.de]

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