Liegeräder sind eine Nische, S-Pedelecs ebenso. Was kommt raus, wenn man beides kombiniert?
Die Geschwindigkeit hat das schnellste Rad von HP VELOTECHNIK, die Speedmachine, schon im Namen.
Jetzt setzt die Liegeradmanufaktur mit dem Motor noch eins drauf: Der klassische Tief-Lieger ist nun auch mit einem E-Antrieb erhältlich, der bis 45 km/h Tretunterstützung gewährt. Und feiert Weltpremiere auf der Eurobike 2022.
Speedmachine S-Pedelec
Ausgestattet ist das vollgefederte Rad mit dem nahezu geräuschlosen Hinterradnabenmotor Z20 RS von NEODRIVES. Der entwickelt eine Spitzenleistung von 1.000 Watt bei einem Wirkungsgrad von 85 Prozent. Die Energie für den Antrieb kommt vom einem Akku der Baureihe „V8“ von BMZ mit 651 Wattstunden.
Sicherheitsplus für die Fahrer: Durch den tiefen Schwerpunkt mit dem unter dem Sitz montierten
Akku bleibt das Fahrzeug auch bei hoher Geschwindigkeit bestens handhabbar. Selbst bei satter Beladung
mit bis zu vier Gepäcktaschen zieht das Rad sicher seine Bahn.
Das S-Pedelec verfügt serienmäßig über hydraulische Scheibenbremsen, eine lichtstarke Beleuchtung von BUSCH &MÜLLER (IQ-XE, 150 Lux), einen großen Rückspiegel sowie einen Gepäckträger für zwei Taschen.
Gefedertes Vorder- und Hinterrad sind für die Speedmachine unerlässlich, erläutert Daniel Pulvermüller, der Entwicklungschef von HP VELOTECHNIK: „Wenn man so leicht so hohe Geschwindigkeiten erreicht, muss ein Fahrzeug sicher auf der Straße liegen. Dafür sorgt vorne die Steuerkopf-Federgabel Concept 5. Die Hinterradfederung arbeitet mit der No-Squat-Technologie. Die verhindert wirkungsvoll das Einfedern durch Antriebskräfte.“
Dafür kommt wahlweise die Stahlfederung DNM DV-22 oder als Aufpreisoption das Öl-Luft-Federelement Monarch RL von ROCKSHOX zum Einsatz.
Aerodynamik ist der Speedmachine Freund
Einer der größten Vorteile von Liegerädern gegenüber konventionellen Aufrechträdern ist ihre überragende Aerodynamik. Die einfache Formel dabei, das kennt man von Sportautos: Je tiefer, desto schneller. Physikalisch gesehen geht es darum, der Luft wenig Widerstand zu bieten. Dafür muss die Fläche so klein und die Form so windschnittig langgestreckt wie möglich sein.
Bei Liegerädern kommt ein zweiter Aspekt beim Thema Geschwindigkeit hinzu: Die unterschiedliche Höhe von Tretlager und Sitzposition. Der Kniff der Konstrukteure dabei: Eine Sitzfläche, die deutlich tiefer liegt als das Tretlager, sorgt für eine besonders effektive Kraftausnutzung.
Ein überhöhtes Tretlager ist sozusagen der Wiegetritt für Liegeradler. Der Pilot baut – mit dem
Sitz als Widerlager – Spannung im gesamten Oberkörper auf und kann dann diese Ganzkörperkraft in
Pedalier-Power umsetzen.
Bei der Speedmachine befindet sich das Tretlager auf einer Höhe von 69 bis 72 cm. Die zweite Zahl gibt die Höhe bei weit ausgezogenem Ausleger an für sehr große Fahrer. Die Sitzhöhe der Speedmachine variiert zwischen 48 und 51 cm. Der besonders sportliche BodyLink-Schalensitz ist noch ein wenig tiefer. Die luftigeren und im Falle des ErgoMesh Premium auch höchst komfortablen ErgoMesh-Netzsitze haben ein Niveau von 51 cm.
Mit Blick auf die Aerodynamik haben die Entwickler von HP VELOTECHNIK für das Speedmachine S-Pedelec
mit Bedacht unter den drei von der Liegeradmanufaktur entwickelten Lenkertypen den Aerolenker ausgewählt.
In ihm verbinden sich mehrere Aspekte: Eine Körperhaltung, die möglichst wenig Windwiderstand bietet; genügend Griffweite, um auch bei Highspeed sicher zu steuern; und schließlich erlaubt die griffige Konstruktion eine komfortable Armhaltung, die gerade für längere Strecken angemessen ist.
Weiterlesen: Test Liegerad HP Velotechnik Scorpion Plus 26 Pedelec
Theorie & Praxis
Die Theorie spiegelt sich in den Messwerten wider: Bei internen Tests mit dem Speedmachine S-Pedelec liegt der Beschleunigungsrekord von 0 auf 45 km/h bislang bei 8,29 Sekunden. Aufgezeichnet wurden die Daten mit einem kalibrierten Messgerät.
Spannende Details in dem Zusammenhang: Das Beschleunigen von 0 auf 20 km/h schaffte der Tester bereits in 2,46 Sekunden. Und beim Start hatte er, genau wie ein Alltagsradler, noch einen Fuß am Boden.
Typgenehmigung für EU und Schweiz
Parallel zum Bau des schnellen Einspurers hat HP VELOTECHNIK eine andere Entwicklung voran getrieben: Die Hessen sind nun ein beim Kraftfahrtbundesamt registrierter Kraftfahrzeughersteller. Der Vorteil: Damit müssen die Räder nicht mehr einzeln die Abnahme- und Genehmigungsprozedur beim TÜV durchlaufen, sondern dürfen in Serie produziert werden.
Weiterlesen: Wenn das Fahrrad zum Kraftfahrzeug wird
Das Speedmachine S-Pedelec ist ein Kleinkraftrad der Klasse L1e-B. Die dafür notwendige Typgenehmigung ist für die gesamte EU sowie die Schweiz gültig. Dasselbe gilt auch für das zweite S-Pedelec aus dem Hause, das Mehrspurfahrzeug Scorpion fs 26 S-Pedelec. Bereits vor zehn Jahren erstmals vorgestellt, ist es mittlerweile vielfach ausgezeichnet und wurde zum Innovationstreiber für einzigartige Entwicklungen wie den einzigen StVZO-zugelassenen Fahrradblinker WingBling.
Für die Typgenehmigung mussten zuletzt Aspekte wie der Bremsweg unter definierten Bedingungen genaustens ausgemessen werden. Resultat: von 40 auf 0 km/h braucht es 8,27 m und von 30 km/h exakt 4,80 m Weg, um zum Stehen zu kommen.
NEODRIVES Z20 RS
In beiden S-Pedelec-Modellen von HP VELOTECHNIK kommt der Hinterradnabenmotor Z20 RS von NEODRIVES zum Einsatz. Der entwickelt eine Spitzenleistung von 1.000 Watt bei einem Wirkungsgrad von 85 Prozent.
Durch die smarte Programmierung setzt die Unterstützung ohne Ruckeln ein und wird ebenso sanft abgeregelt, wenn die zulässige Höchstgeschwindigkeit erreicht ist. Resultat ist ein Fahr- und Tretgefühl wie auf einem unmotorisierten Rad.
Ein weiterer Vorteil dieser Motoren-Bauweise ist ihre Fähigkeit, auf Knopfdruck Energie zu rekuperieren. Bei Bergabfahrten gewinnt das System Ladespannung zurück – und zugleich schont diese Verzögerung durch den Motor die Bremsbeläge.
Das Farbdisplay ist mittig auf dem Lenker direkt im Blickfeld des Fahrers montiert. Es verfügt über einen
Touchscreen zum Durchschalten der Menüs. Zum Bedienen während der Fahrt viel praktischer: die Remote Control mit fünf Drucktasten auf der linken Griffseite.
Erhältlich ist das Speedmachine S-Pedelec vom Herbst an im Fachhandel zum Preis ab 8.690,– Euro. Neben der Standard-Pulverbeschichtung in Silbergrau oder Karminrot sind auch Sonderfarben wie Rapsgelb (Bild) sowie zahlreiche andere Extrawünsche realisierbar.
Technische Daten Speedmachine S-Pedelec
- Rahmenmaterial: Aluminium 7005 T6
- Laufradgröße (v/h): 20 / 26 Zoll
- Federung (v/h): 50 mm / 80 mm
- Länge: 180 – 210 cm
- Höhe (Lenker): 106 cm
- Breite (inkl. Rückspiegel): 90 cm
- Tretlagerhöhe: 69 – 72 cm
- Sitzhöhe BodyLink: 48 cm
- Sitzhöhe ErgoMesh 51 cm
- und ErgoMesh Premium
- Gewicht: ab 28,5 kg
- Zuladung: max. 120 kg
- Motor: NEODRIVES Z20 RS
- Tretunterstützung: bis 45 km/h
- Maximalleistung: 1000 W
- Maximales Drehmoment: 40 Nm (am Hinterrad)
- Kraftverstärkung (5 Stufen): 0/80/160/240/320/400%
- Akku-Kapazität: 651 Wh
- Reichweite: 60 km
- Sonstiges: Farbdisplay mit Touchscreen
- Preis: ab 8.690,– Euro
- Erhältlich: ab Herbst 2022
[Text & Fotos: HP Velotechnik]
Kommentar: Es gib Bikes, da klappt mir die Kinnlade runter. Das Speedmachine als S-Pedelec ist so eines. Warum? Beispielsweise weil Liegeräder, zumal einspurige, ein Nischenprodukt sind, ebenso wie S-Pedelecs. Eine Nischenprodukt in einer Nische zu entwickeln, davor ziehe ich den Hut.
Einspurige Liegeräder sind zum Schnellfahren gebaut, ob da die „Beschränkung“ auf 45 km/h nicht als „einbremsen“ missverstanden wird? Andererseits: Wenn man sich mit dem Speedmachine S-Pedelec sowiso oft oberhalb der 45-km/h Grenze bewegt, dann könnte auch die Akkuladung von 651 Wh für lange Strecken ausreichen. Mit dem 983 Wattstunden-Akku des Stromer ST2S kam ich seinerzeit im Test gerade so bei einer Pendelstrecke von einfach 35 km mit max. 5% Restladung zu Hause an.
Und schließlich: S-Pedelecs sind Kraftfahrzeuge und dürfen in der Regel nicht auf Radwege, das kann so manchen Pendler vor Herausforderungen stellen.
Trotzdem ist die Speedmachine für mich schon jetzt eines der spannendsten Produkte auf der kommen Eurobike – ich bin gespannt auf die Probefahrt.
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