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Velomobil

2m Wendekreis? Mit einem Velomobil? Der Hopper aus Augsburg kanns!

Lesezeit etwa 6 Minuten

Ein Startup aus Augsburg denkt das Thema „Velomobil“ neu.

Velomobile sind faszinierende Spezialfahrräder und könnten eine Lösung für die dringenden Verkehrsfragen der Zukunft sein. Doch aktuell sind Velomobile meist auf Schnelligkeit und Effizienz hin ausgelegt, es wird meist mehr Wert auf Speed und weniger auf Alltagstauglichkeit geachtet.


Weiterlesen: Velomobile, hocheffiziente Fahrräder für das ganze Jahr

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Doch um dem Konzept „Velomobil“ zum Durchbruch zu verhelfen muss es endlich alltagstauglichere und bequemere Modelle geben. Um einen Vergleich zu bemühen: Nicht jeder will immer mit einem Rennrad (oder einem Supersportwagen) den Wocheneinkauf erledigen. 

Ein Velomobil für die Stadt muss wendig und praktisch sein, außedem muss der Einstieg bequem und ohne „Verrenkungen“ möglich sein.

Hopper aus Augsburg

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Ein Startup aus Augsburg denkt das Thema „Velomobil“ deshalb neu. Das Projekt entstand aus einer Masterthesis 2015 an der Uni Bremen, wo die Potentiale neuer Mobilitätsformen auf Radwegen beleuchtet wurden. Professionalisiert wurde das Projekt im September 2019, im Dezember erfolgte die Anmeldung der GbR.

Das Team besteht aus Ingenieuren mit umfangreichen Erfahrungen aus der Automobilbranche, sowie Fachleuten im Bereich Wirtschaft und IT. Die Vision ist, einen wesentlichen Beitrag zur Dekarbonisierung beizutragen und gleichzeitig möglichst allen Menschen Zugang zu Individualmobilität zu schaffen.

Der Hopper ist ein Pedelec, und darf überall dort gefahren werden, wo auch Bikes zulässig sind: auf Radwegen wie auch auf Straßen. Der Unterschied zu klassischen Velomobilen liegt vor allem im Komfort: Der Hopper ist relativ hoch, woraus ein komfortabler Einstieg resultiert. Dadurch sitzen die Passagiere auf den komfortablen Sitzen auf Augenhöhe zu Autos, ein wichtiges Sicherheitsmerkmal! Statt mit Panzer- oder Tiller-Lenkung wird mit einem Lenkrad gesteuert.

Dank zweier Vorderräder ist das Fahrverhalten stabil, die Karosserie ist geräumig: Neben dem/der Fahrenden können auf der Rückbank eine weitere Person (oder zwei Kinder) sitzen. Zudem bietet ein Kofferraum Platz für Gepäck (70 Liter, bei verschobener Rückbank sogar 220 Liter).

Wendkreis unter zwei Metern!

Der Wendekreis von unter zwei Metern ist sensationell und wird durch eine 90 Grad Lenkung des Hinterrades erreicht. Ähnlich wie bei einem Gabelstapler. Damit kommt der Hopper – anders als viele Lastenräder – auch um die engsten Kurven.

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Ein Dach sorgt für Wetterschutz und Reichweite: In das Dach sind Solarzellen eingearbeitet, die je nach Sonneneinstrahlung je Stunde etwa 5 Kilometer mehr Reichweite bieten sollen. Doch die Reichweite von, wie die Erbauer versprechen, mindestens 60 Kilometern sollte auch so schon für die meisten innerstädtischen Entfernungen ausreichen. Vorsichtshalber ist auch ein zweiter Akkuplatz vorgesehen

Soviel Komfort schlägt sich natürlich im Gewicht nieder: Der Hopper wiegt bei einer Länge von 200 cm und einer Breite von 88 cm etwa 100 kg. Einfach mal rumheben, wie bei anderen Velomobilen durchaus üblich, scheidet also aus. Deshalb gibt es auch einen Rückwärtsgang.  Ganz klar: Der Hopper ist kein Renn-Velomobil, will das aber auch nicht sein.

Ich hatte die Möglichkeit Martin Halama, einem der Gründer, ein paar Fragen zu stellen:

Alexander Theis: Wie ist der Hopper aufgebaut?

Martin Halama: Die Karosserie ist selbsttragend, der Rohbau aus Aluminium.

Alexander Theis: Aus welchem Material besteht die „Karosse“?

Martin Halama: Das Karosseriematerial ist ein Composite, auf das erstmal nicht näher eingegangen werden darf, da es zusammen mit dem KIT und der Hochschule Augsburg entwickelt wird. Ziel des Karosseriebaus Richtung Serie soll sein, dass es sehr gut recyclebar ist und gleichzeitig Passanten und Insassen im Crashfall schützen soll. Der Hopper soll das sicherstes Fahrzeug auf dem Radweg sein.

Alexander Theis: Ein paar Fragen zum Antrieb: Werden das Hinterrad oder die Vorderräder angetrieben? Welcher E-Antrieb wird es sein? Und welche Akkukapazität ist geplant?

Martin Halama: Die E-Maschine befindet sich in der Nabe des Hinterrads. Zum Gesamt-Antriebsstrang inkl. Akku können wir derzeit keine Auskünfte geben, da wir aktuell noch in Gesprächen mit Zulieferern sind. Dies hat maßgeblich mit den finalen Leistungs- und Preisdetails zu tun.

Alexander Theis: Gibt es schon Fotos des Prototypen oder nur Renderings?

Martin Halama: Aktuelle Funktionsprototypen entsprechen nicht den aktuellen Planstand und werden aus diesem Grund erstmal nicht veröffentlicht. Ich kann Ihnen aber sagen, dass wir derzeit schon 4 Prototypen erfolgreich aufgebaut und getestet haben. Der aktuelle Prototyp wird derzeit mit der Hochschule Augsburg geplant und umgesetzt. Fertigstellungstermin ist voraussichtlich im März 2021.

Alexander Theis: Wie erfolgt die Ansteuerung der Lenkung (Gestänge, Züge oder Stellmotor)? Welche Art der Schaltung wird es geben? Erfolgt der Antrieb per Kette oder Riemen? Welche Bremsen werden verbaut? Welche Bereifung ist geplant? Wie haben Sie das Problem Aufheizung der Kabine und der eingeschränkten Sicht bei Regen durch die große Scheibe gelöst?

Martin Halama: Antworten zu den obigen Fragen können wir derzeit nur begrenzt geben, da wir teilweise patentrechtliche Prozesse im Gange haben. Wir bedienen uns derzeit aus Sicherheitsgründen nicht nur an Komponenten aus der Fahrradindustrie, sondern auch aus der Roller-/Motorradindustrie. Details erfolgen in den nächsten Monaten.

Alexander Theis: Wo soll der Hopper gefertigt werden?

Martin Halama: Der Hopper wird in Deutschland gefertigt. Der Fertigungsstandort ist derzeit noch nicht festgelegt. Der Großteil der Fahrzeugkomponenten kommen aus Deutschland und Europa.

Alexander Theis: Welchen Preispunkt haben Sie kalkuliert?

Martin Halama: Wir können leider noch keine Aussagen zu den Ziel-Verkaufspreis machen, da dieser ganz stark abhängig vom Produktionsvolumen ist. Wir hoffen in den nächsten Wochen konkretere Aussagen machen zu können, wenn wir die Resonanz vom Markt kennen.

Alexander Theis: Wie erfolgt die Finanzierung des Projektes?

Martin Halama: Wir finanzieren uns derzeit vor allem aus Eigenmitteln und Sponsoren. Wir sind aber auch konkret mit Geldgebern in Gesprächen.

Alexander Theis: Herr Halama, vielen Dank für das Interview. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg!

Auch wenn aktuell noch einige Fragen offen sind ist der Hopper meiner Meinung nach ein Velomobil mit erheblichem Potential. Er erinnert mich in manchen Dinge an die ihrerzeit revolutionäre Leitra. Wenn es möglich ist, den Hopper zu einem günstigen Preis anzubieten hat er das Zeug, das Velomobil endlich zum Durchbruch im breiteren Marktschichten zu verhelfen. Ich bin schon jetzt gespannt auf die erste Probefahrt!

Weitere Details zum Hopper sind online unter www.hopper-mobility.com zu finden.

[Fotos: Hopper Mobility GbR]

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Alexander Theis
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