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E-Bike-Tests Test & Technik

Mivice: Antriebe für sportliche E-Bikes?

Lesezeit etwa 10 Minuten

Kann man ein sportliches Pedelec bauen? Ja! Wenn man einen Hinterradnabenmotor von Mivice einsetzt.

Mit (Hinterrad-)Nabenmotoren fing der E-Bike-Boom an, und auch mein erstes E-Bike hatte einen Hinterradantrieb. Obwohl sich das E-Bike in den letzten Jahren mehr als etabliert hat (Marktanteil 2022 ca. 48%!) sind viele Menschen auch heute noch der Meinung, ein E-Bike könne nicht sportlich sein.

Oftmals wird dabei verkannt, dass man auch beim Pedelec treten muss, damit der Antrieb unterstützt. Doch fürs Fahrgefühl kommt es neben der reinen Hardware auch darauf an, wie die Sensorik abgestimmt ist.

Mivice

Mivice ist noch neu im E-Bike Business – zumindest als Hersteller eigener Antriebe. Seit 2017 ist das Unternehmen die international agierende Marke des Komponentenanbieters M&S Driving Systems Ltd.

Eine Herausforderung bei der Verwendung von Nabenmotoren ist Sensorik. Während Tretlagermotoren die eingeleitetet Kraft sehr einfach messen und die Antriebsleistung daran anpassen können, ist bei Nabenmotoren mehr Aufwand nötig.

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Das Testbike mit dem Antrieb von MIVICE.

MIVICE entwickelt deshalb eigene, genau auf den Antrieb abgestimmte Drehmoment-Sensoren. Diese Sensoren arbeiten kontaktlos und sind deshalb wartungsfrei. Die hohe Auflösung der Sensoren soll eine besonders komfortables Trittgefühl bieten. Eingebaut ist die Sensorik in ein spezielles Tretlager.

Weltweit arbeiten 170 Menschen für MIVICE, mehr als 1/3 davon in der Entwicklungsabteilung.  In den letzten 5 Jahren wurden mehr als 60 Patente beantragt.

Hinterradnabenmotor M080

MIVICE betrachtet sich selbst als einen Pionier der Innovation mit dem Anspruch, auch mit einer entsprechenden Qualitäts- und Servicestrategie, neue Standards zu setzen. Dass sich das auszahlt, zeigt der Gewinn des Design & Innovation Award für den Antrieb M080.

Vor kurzem war das Bellecour von Voltaire Bikes bei VeloStrom zum Test. In diesem Singlespeed-E-Bike ist der M070 von Mivice eingebaut.


Review: E-Bike Bellecour von Voltaire-Bikes

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Stylishes Singlespeed City-E-Bike aus Frankreich mit Antrieb von Mivice.

Der M070 glänzte durch sehr sensibles Ansprechen und eine Leistung, die eher an einen Mittelmotor erinnerte. Deshalb war ich besondes gespannt, wie sich der preiskgekrönte M080-Hinterradnabenmotor verhält.

Komponenten Mivice M080

Das Hinterradnabenmotor-System „M080“ des Testbikes von Mivice besteht aus dem eigentlichen Motor, dem Controller, dem Tretlagersensor und dem HMI („Human-Machine-Interface„, deutsch: Bedienteil) D101.

Bedienteil

Das Bedienteil alle nötigen Funktionen, ist sehr kompakt und am Testbike auf der linken Lenkerhälfte montiert. Trotz der teils kleinen Schrift sind die wichtigsten Daten im farbigen Display gut abzulesen. Die Bedienung erfolgt mit zwei chromglänzenden Tasten am linken und rechten Gehäuserand. Die 5 möglichen Unterstützungsstufen werden mit einem griffgünstige montierten und auch mit Handschuhen gut bedienbaren Wippschalter gewählt.

Das gesamte Display macht einen wertigen Eindruck und ist sehr gut verarbeitet. Die geringe Baugröße trägt zu einem unauffälligen Gesamtbild des Bikes bei.

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Hochauflösendes Display am Test e-Bike.

Tretlagersensor

Der Tretlagersensor ist, der Natur der Sache nach, nicht zu sehen. Denn er befindet sich eingebaut im speziellen Tretlager. Das ist, zum Beispiel durch die Führung der elektrischen Leitungen, so gestaltet, dass der Einbau möglichst einfach und schnell vor sich gehen kann. Ein besonderer Vorteil für Hersteller von E-Bikes mit Antrieben von MIVICE.

Der Sensor zeichnet sich laut Mivice durch eine besonders hohe Auflösung aus. Das bedeutet, dass er besonders feinfühlig auf die ins Tretlager eingebrachte Kraft reagiert. Das Signalspektrum des „S200“-Sensors reicht von 0 bis 100 Newtonmetern.

Controller

Der Controller [ -> Was ist ein Controller beim E-Bike?] ist das „Hirn“ eines jeden E-Bikes. Er wertet die eingehenden Daten, zum Beispiel des Trelagersensors oder des HMI aus, und steuert den Motor entsprechend an. Beim Testbike handelt es sich um den „C200“, der mit 36 Volt Spannung arbeitet. Die maximale Stromstärke liegt bei 14 A bei 200 bis 350 Watt. [->Was sind Amperestunden?]

Vom Controller ist beim Testbike noch weniger zu sehen, da er geschützt innerhalb des Rahmens montiert ist.

Motor

Beim Motor des Test E-Bikes handelt es sich um den namensgebenden „M080“. Er leistet bei 250 Watt bis 350 Watt und 36 Volt bis zu 40 Nm Drehmoment.

Wer das jetzt mit den bis zu 100 Nm Drehmoment aktueller Mittelmotoren vergleicht muss aber bedenken, dass durch den Antriebsstrang (also die die interne Übersetzung des Motors, der Kette und der Endübersetzungen) von denn 100 auf dem Weg zur Straße einiges verloren geht.

Im Gegensatz dazu bringt der Hinterradnabenmotor über die Speichen deutlich mehr der Ursprungsleistung auf die Straße.

Fahrgefühl

Bereits das Voltaire hat mich sehr positiv überrascht. Ich habe bisher keinen Hinterradnabenmotor erlebt, der so sensibel und reaktionsschnell auf die Tretkraft reagiert hat. Wenden am Lenkanschlag bei voller Motorunterstützung des „M070“ war problemlos möglich und auch die Bergaufperformance hat mich eher an einen Mittelmotor erinnert.

Schafft es der „M080“, da noch einen Schippe draufzulegen?

Schon bei der kurzen Probefahrt beim Besuch von Steffen Krill, Marketing Director von MIVICE im Januar diesen Jahres hat mich der Antrieb überrascht.


MIVICE: Neuer leichter & leiser E-Bike-Antrieb.

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Obwohl ich nur wenige hundert Meter geradeaus und eine kurze Steigung fuhr vermittelte der Antrieb ein überaus harmonisches Fahrgefühl.

Das stellt sich auch kurz nach dem Losfahren mit dem Test-Ebike ein. Während andere E-Bikes mit Hinterradnabenmotoren teils bis zu einer Pedalumdrehung benötigen um den Antrieb zum Arbeiten zu bringen, ist das E-Bike mit dem MIVICE-Antrieb sofort da. Es fühlt sich so natürlich an, als würde man ein Bio-Bike fahren.

Kann ein E-Bike sportlich sein?

Passend zur sportlichen Optik mit Aussparung im Sattelrohr, ovaler Sattelstütze und Sitzposition mit großer Überhöhung, also dem senkrechten Höhenunterschied zwischen Sattel und Lenker, liefert der Antrieb ein direktes, sportliches Fahrgefühl und lässt keinen Zweifel: Man sitzt hier auf einem Sportrad!

Die Bremsen und das gesamte Fahrverhalten passt ebenfalls dazu, soviel ist mir bis zum ersten Halt nach der kurzen Bergabstrecke bis zur Hauptstraße klar.

Beim Anfahren hält sich der Antrieb akustisch sehr zurück. Spannend ist, wie mühelos sich das E-Bike bis zur Abregelgrenze von 25 km/h beschleunigen lässt. Noch spannender freilich, wie mühelos diese überschritten und gehalten werden kann. Der berühmt-berüchtigte Tretwiderstand des Antriebs ist praktisch nicht zu spüren.

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Links im Bild der on/off-Knopf, rechts im Bild der Taster für die Bildschirmanzeige.

Fazinierend ist dabei die Geräuschkulisse, die den Eindruck eines Carbonbikes vermittelt. Doch aus Carbon ist an diesem E-Bike „nur“ die Gabel. Der Rest ist aus sauber verarbeitetem Aluminium.

Bergaufperformance, Teil 1

Auf meiner Testrunde geht es jetzt wie üblich über eine Brücke, die über die Autobahn führt. Wie schon beim Voltaire Bellecour stoppt die Unterstützung beim Einfahren auf die Brücke innerhalb kürzester Zeit. Auch der M080 Antrieb läuft nicht nach, das Bike verhält sich wie ein Fahrrad ohne E-Antrieb. Top!

Bei der darauffolgenden Abfahrt zeigt die Geometrie einen guten Kompromiss zwischen Handlichkeit und Stabilität. Die leicht profilierten Reifen laufen leicht, das Bike wird zügig schneller.

Die nächste sanfte, aber lange Bergaufpassage ist für das MIVICE-Antriebssystem keine Herausforderung. Nach der Kurve beschleunige ich das Bike, und fast mühelos, aber doch aktiv tretend, fege ich die Strecke knapp oberhalb der Unterstützungsgrenze hoch. Das macht richtig Laune! Zumal die gelungene Übersetzung die passende Gangwahl einfach macht.

Auch die noch folgenden Brückenauffahrten bis zur Teststeigung verringert meine Durchschnittsgeschwindigkeit kaum. Jedes andere E-Bike könnte mir hier vermutlich folgen, doch spätestens an den Geraden, die ich oberhalb der Unterstützungsgrenze fahre, müssten sie abreissen lassen.

Eine kurze Strecke mit hartem Gegenwind zeigt aber die Überlegenheit eines E-Bikes gegenüber einem Bio-Bike. Denn trotz Gegenwind bin ich noch mit 25 km/h unterwegs – diesmal freilich mit etwas lauterem Antriebsgeräusch.

Bergaufperformance, Teil 2

Meine Teststeigung, die ich mit jedem E-Bike fahre, erreiche ich dieses mal auf einer etwas anderen Route, Grund ist eine Baustelle unterwegs. Trotzdem sind die Bedingungen identisch: Die Steigung muss nach einer scharfen Rechtskurve nahezu ohne Schwung angefahren werden.

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Bei voller Unterstützungsleistung des Antriebs erreiche ich bergauf bis zur Linkskurve die Unterstützungsgrenze des Antriebs bei 25 km/h. Nach der Kurve wird es steiler, hier bauen alle E-Bikes ab. So auch dieses hier, mit dem ich gerade unterwegs bin. Doch verglichen mit anderen Hinterradnabenmotoren deutlich weniger: Mit knapp 20 km/h erreiche ich die Kuppe! Zum Vergleich: Das Voltaire erreichte hier 17 km/h, das Fatbike MHFR7100 von Jeep  14,5 km/h.

Doch viel wichtiger als die Zahlen ist, wie sich der Antrieb anfühlt: Sehr aktiv und natürlich, sensibel auf die eingeleitete Kraft reagierend, eher Mittelmotor statt Hinterradnabemotor. Und das ist aus meiner Sicht die eigentliche Sensation.

Fazit MIVICE M080

Natürlich gelten für alle E-Bikes identische gesetzliche Rahmenbedingungen. Aber es ist überaus faszinierend, wie unterschiedlich diese interpretiert werden können. Es gibt da weder richtig noch falsch.

Obwohl ich das M070-System aus dem Voltaire noch gut im Gedächtnis habe, überrascht mich der MIVICE M080 nochmals sehr positiv. Das Tretgefühl ist ähnlich natürlich, der Antrieb genauso reaktionsschnell.

Doch der M080 fühlt sich kräftiger, noch lebendiger an. Dazu passt die sportliche Auslegung des Testbikes, das, ungefedert und mit leicht profilierten Reifen, als Crossbike oder, mit passendem Lenker, als Gravelbike durchginge.

Die Jury des Design & Innovation Award schrieb zur Begründung der Auszeichung des M080:

„Durch das Zusammenspiel von Sensor und leistungsfähigem Motor überzeugt der MIVICE M080 mit einer feinfühligen Kraftentfaltung, die immer mitten ins Schwarze trifft. Damit überwindet MIVICE bestehende technische Barrieren von Nabenantrieben und ermöglicht es einer Vielzahl von Bike-Herstellern, leichte und unauffällige E-Bikes für die urbane Mobilität zu konstruieren.“

Das würde ich nach meinen Testfahrten ergänzen:

Doch der M080 von MIVICE ist aus meiner Sicht prädestiniert für sportliche E-Roadbikes oder E-Gravelbikes für aktive Fahrerinnen und Fahrer.

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„MIVICE powered“: Gerne mehr davon!

Mehr Infos zu Mivice gibt es online: https://mivice.com/

[Text: [at], Fotos: VeloStrom]

Transparenzhinweis: Das Produkt wurde vom Hersteller kostenfrei und ohne Auflagen zur Verfügung gestellt.

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Alexander Theis
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